Das Netz der Schattenspiele
vermute, er will an meinen SKULL-Tester herankommen. Wenn er diesen Generalschlüssel mit seinem Intruder verbindet, kann die NSA in praktisch jedes Computersystem eindringen und sich alle Informationen stehlen, die sie nur haben will.«
Agaf schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, Mark. Gehen Sie da nicht ein bisschen zu weit?«
»Das glaube ich nicht. Wussten Sie übrigens, dass DiCampo Walter Friedman hauptsächlich deswegen engagiert hat, weil er perfekt Deutsch spricht?«
Der Nigerianer streckte die Arme mit nach oben gedrehten Handflächen aus. »Ich habe keine Ahnung, worauf Sie hinauswollen.«
»Friedman sollte mich aus Berlin abholen, damit ich der NSA mit meiner Software behilflich bin, die vermeintlichen Cyberterroristen zu fangen.«
»Und?«
»Von Friedman habe ich am Tage unserer Ankunft in Fort Meade erfahren, dass er selbst erst seit acht Tagen zu DiCampos Projektteam gehört. Jetzt sagen Sie mir eines, Agaf: Ist es nicht seltsam, dass DiCampo just an dem Tag, da der erste Computeranschlag passiert – also noch ehe die Medien darüber berichten können! –, einen Mann anheuert, der mich aus Deutschland abholen soll? Woher wusste oder weshalb vermutete DiCampo zu diesem frühen Zeitpunkt, dass aus jenem einen Vorfall sich Tage später so etwas wie eine globale Krise entwickeln würde?«
Agafs Gesicht war zu einer Maske aus schwarzem Basalt erstarrt. »Haben Sie noch mehr solche überraschenden Informationen für mich, Mark?«
Endlich war es Salomon gelungen, auch bei dem Cyberworm-Leiter Zweifel zu wecken. Er ließ seine gerade geäußerten Bedenken noch eine Weile wirken, bevor er antwortete: »Die habe ich tatsächlich. Sie erinnern sich, wie ich in der Nacht zum Donnerstag den Kagee -Fingerabdruck in DiCampos Labornetz fand? Was mich überraschte, war die Tatsache, dass diese Identifikation im Klartext vorlag, obwohl doch nach dem vierten Computervorfall keine entsprechenden Kagee s mehr gefunden wurden.«
Nun öffnete sich Agafs Mund in ungläubigem Staunen. »Aber das hieße ja…«
Mark nickte bedeutungsschwer. »Die NSA kennt den Klartextfingerabdruck meines SKULL-Testers, wusste aber anscheinend nichts von der Existenz der Permutationen. Es hätte also für DiCampo kein Problem bedeutet, eine Infizierung seines Labornetzes durch den Kagee -Mutanten nur vorzutäuschen. Und jetzt lassen Sie uns den Gedanken zu Ende führen, Agaf.« Mark beugte sich in seinem Sessel weit vor und sprach unwillkürlich leise und eindringlich. »DiCampo hat mir die Verbindung meines SKULL mit der Sicherheitssoftware seines Labornetzes mehr oder weniger abgenötigt. Ebenso den Einbau des SKULL-Testers in seinen Intruder. Auf Stella und mich wurde ein Mordanschlag verübt. Das benutzte er als ein willkommenes Druckmittel. Die Terroristen hätten ihr Attentat nur planen können, weil sein Labornetz ihnen schutzlos ausgeliefert gewesen sei und sie dadurch an wichtige Planungsdetails herangekommen wären. Wenn er aber selbst den Fingerabdruck, das Kagee , in sein System hat schmuggeln lassen, wer plante dann den Truck-Anschlag in New York?«
Agaf blickte fassungslos in Salomons Gesicht. Vermutlich suchte er nach Argumenten, um dessen Gedankengänge zu entkräften, aber ihm wollte nichts einfallen, was sich gegen die bestechende Logik des Professors einwenden ließ. Nach einer Weile schließlich schüttelte er nur den Kopf und murmelte: »Ein Mordanschlag…! Ich kann mir nicht vorstellen…«
»Natürlich wollte er uns nicht umbringen«, fuhr Salomon ruhig fort. Er setzte sich wieder bequemer in den Sessel. »DiCampo brauchte mich ja – genauer gesagt meine Software. Ist es nicht auffällig, dass Stella in ihrem Wachtraum gleich zu Beginn zwei Männern begegnete, die ihr Sesa Mina abjagen wollten?«
»Wen?«
»Das Kagee- Frettchen, von dem ich Ihnen vorhin erzählt habe.«
»Ach so, von Ihrem SKULL-Tester reden Sie.« Agaf sah zu Stella hinüber, die in ihre Decke eingewickelt bäuchlings auf dem Bett lag und der Unterhaltung schweigend folgte. Jetzt sah sie die Gelegenheit gekommen, Agafs Bild von dem hingebungsvollen Intruder-Chef endgültig ins Wanken zu bringen.
»Der eine war ein Typ, der mir Angst einjagte, und der andere schmeichelte mir, ich wäre so hübsch und lauter so zuckersüßes Zeug. Am Ende wollten beide wohl nur mein weißes Frettchen haben und der Oberheuchler della Valle hat mich durch die Straßen von Blaxxun gejagt.«
»Du bist aber wirklich ein sehr hübsches Mädchen«, sagte
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