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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Computersystem der Botschaften Sri Lankas mit so genannten E-Mail-Selbstmord-Bomben. Die tamilischen Hacker versuchten den Mail-Server lahm zu legen, indem sie ihm massenhaft E-Mail zustellten. Das Ganze diente dem Zweck, Aufmerksamkeit zu erregen. Die politischen Ziele der Freiheitskämpfer von Sri Lanka sollten einer größeren Öffentlichkeit bekannt werden. Seit damals konnten unsere Geheimdienste ein zunehmendes Interesse radikaler Gruppen an ABC-Waffen feststellen. Und an der Informationstechnologie! Das Profil der Vorfälle der letzten acht Tage lässt die Mehrzahl unserer Analytiker den Beginn einer neuen Phase des Terrorismus für wahrscheinlich erachten. Die NSA-Experten gehen mit zweiundachtzigprozentiger Sicherheit davon aus, dass in weniger als drei Monaten ein Szenario der Dimension eintreten könnte, wie es Professor Kalder in seinem Aufsatz über die I-Bombe beschrieben hat.«
    Für diese sachlich kühle Feststellung erntete der Projektleiter Schweigen in den verschiedensten Schattierungen: meistens betroffen, gelegentlich verwirrt, manchmal sogar zweifelnd.
    Stella beugte sich unauffällig vor und spähte zur Tür hin. Der Rote John stand immer noch da. Inzwischen rührte sich Salomon an ihrer Seite.
    »Mit zweiundachtzigprozentiger Sicherheit!«, hauchte er abfällig in ihr Ohr. »DiCampo ist ein Witzbold. Woher will er wissen, ob es nicht zweiundachtzig Komma eins oder sogar zweiundachtzig Komma zwei Prozent sind – oder doch vielleicht nur siebzig?«
    Der Projektleiter bemerkte zwar das Tuscheln zu seiner Linken, ließ sich davon aber nicht aus dem Konzept bringen. »Die NSA geht davon aus, eine Gruppe hoch motivierter, bestens ausgebildeter Extremisten zum Gegner zu haben. Wir vermuten hinter ihren Aktivitäten den Einfluss einer jener radikalen Regierungen, die den westlichen Industriestaaten im Allgemeinen und den Vereinigten Staaten im Besonderen feindlich gesonnen sind.«
    »Sie haben dabei nicht zufällig schon ein bestimmtes Land im Visier, Dr. DiCampo?« Die Zwischenfrage kam von Kimiko Shirakaba.
    DiCampo lächelte grimmig und strich sich über die üppigen Haare am Hinterkopf. »Wir sprechen hier nicht von einem einzelnen Hackerangriff, Mrs. Shirakaba, sondern von einem breit angelegten Plan. Der lässt sich nicht allein durch Fanatismus und Hass verwirklichen. Er erfordert geheimdienstliche Vorbereitung auf höchstem technischem Niveau und ausreichende finanzielle Mittel.«
    »Damit haben Sie die Frage von Mrs. Shirakaba nicht beantwortet«, fasste Salomon nach. Er hatte wohl einen bestimmten Verdacht.
    »Wir glauben, dass der Iran die Terroristen engagiert haben könnte.«
    Salomon hob eine Augenbraue. Ein merkwürdiges Lächeln stahl sich auf seine Lippen.
    Unterdessen meldete sich zaghaft ein anderer Zuhörer zu Wort. Stella war aufgefallen, dass der junge Mann an der anderen Seite des Tisches zuletzt immer unruhiger auf seinem Stuhl hin und her gerutscht war. Er trug eine runde Nickelbrille und hatte einen schwarzen Lockenkopf. Soweit sie sich noch erinnerte, hieß er Benny. Wenn man Bennys gebogene Nase mit ins Kalkül zog und seinen Spitznamen als Kurzform von Benjamin auslegte, dann mochte er Israeli sein.
    Als er DiCampos erwartungsvoll erhobene Kinnspitze bemerkte, sagte er mit hoher wohlklingender Stimme: »Ich dachte eigentlich, die UN-Spezialeinheit und Ihr Projektteam seien an diesem Ort zusammengezogen worden, um eine gemeinsame Cyberworm-Truppe zu bilden. Wenn Sie jetzt aber schon derart gründliche Vorarbeit geleistet haben, Dr. DiCampo, dann werden Sie uns nun sicher auch mit einem Plan überraschen, wie wir die Terroristen aufspüren können.«
    Salomon schenkte Benny für diese Bemerkung einen anerkennenden Blick.
    Der wortgewandte Projektleiter schien jedoch auf ein derartiges Stichwort nur gewartet zu haben. »Der Präsident hat mir durch meine Vorgesetzten heute früh noch einmal mitteilen lassen, wie sehr ihm an einer engen Zusammenarbeit zwischen UN und NSA gelegen ist. Sie alle wissen wohl inzwischen, dass ihn dieses Thema auch aus persönlichen Gründen brennend interessiert.« Einige am Tisch lachten und zum ersten Mal punktete DiCampo bei seinen Zuhörern. »Wie Ihnen bekannt sein dürfte, wurden sämtliche Angriffe über das Internet eingeleitet. Und Sie sind wahrscheinlich ebenfalls darüber informiert, dass es fast unmöglich ist, sich im Web zu bewegen, ohne Spuren zu hinterlassen.«
    »Das täglich Brot der NSA«, kommentierte Salomon mit leiernder

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