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Raubritter. Ein Mann aus dem Westen, der sich plötzlich im Harem wiederfindet und alles bumsen will, was ihm vor die Flinte kommt.»
Taylor setzte eine betretene Miene auf. «Tut mir leid, wenn sich das so angehört hat. Ich will keineswegs alles bumsen, was mir vor die Flinte kommt. Ein bisschen wählerischer bin ich schon. Und außerdem bin ich gar kein Haremtyp.»
«Woher willst du das wissen?»
Taylor musterte sie erstaunt. Er war sich nicht ganz sicher, ob das eine Ermunterung sein sollte oder eine Falle. «Ist das jetzt eine Fangfrage?», erkundigte er sich.
«Keineswegs. Nur rein historisches Interesse.»
«Also gut. Wie war das?»
«Was?» Anna schlug scheu die Augen nieder.
«Im Harem. Wie war es da?» Er musterte sie von Kopf bis Fuß. «Wie waren die Frauen im Harem beispielsweise angezogen?»
Anna neigte sich näher zu ihm. «Sie trugen», sagte sie leise,«das, was dem Sultan gefiel. Leichte, durchsichtige Stoffe, die den Körper kaum verhüllten. Ein weites Oberteil, eine weite Leinenhose, die in der Taille von einem Band gehalten wurde, und einen seidenen Mantel, der vorne offen war, sodass sie sich nie ganz bedecken konnten.»
«Verstehe. Hatten sie auch irgendwelche ungewöhnlichen Bräuche? Rein historisch gesehen.»
Anna dachte einen Augenblick nach. «Sie waren rasiert.»
«Ja und? Das sind heutige Frauen doch auch.»
«Nein, nein, ich meine am ganzen Körper. Überall.»
«Überall?» Taylors Blick fiel unwillkürlich auf Annas Unterleib.
«Überall», bestätigte sie und bedachte ihn dabei mit einer Mischung aus Lächeln und Stirnrunzeln. «Die sogenannte Meisterin des Bades nahm sich der betreffenden Frau an, rasierte sie am ganzen Körper und rieb sie noch mit einer speziellen Paste ein, um die letzten verbliebenen Haare zu entfernen. Anschließend überprüfte eine Sklavin den Körper noch einmal Zentimeter für Zentimeter, um sicherzugehen, dass auch alles glatt war. Danach wurde die Frau mit Rosenblättern parfümiert. Sie saß nackt auf dem Boden, während die Sklavinnen sie überall mit den Blättern abrieben: in den Haaren, an Nacken und Schultern, an den Brüsten, zwischen den Beinen, zwischen den Zehen und an den Knöcheln.»
«Ich bin schockiert», sagte Taylor leise. Er schloss die Augen, holte tief Luft und stellte sich vor, wie Anna wohl aussehen würde, nackt im Bett, bedeckt von Rosenblättern.
«Aber das war bei weitem nicht das Seltsamste.»
«So? Was war denn das Seltsamste?» Taylor wusste immer noch nicht recht, ob sie sich nun prüde oder flirtbereit gab. Vielleicht war es ja auch eine seltsame Mischung aus beidem.
«Das Schlimmste war, wie die Frauen schließlich ins Bett kommen mussten.»
«Sag schon, wie ging das vor sich? Ich platze fast vor Neugier.»
«Sie mussten kriechen. Die Osmanen waren der Ansicht, dass es sich nicht schickt, wenn eine Frau sich einfach so zu einem Mann ins Bett legt. Am Ende kam sie dann noch auf dumme Gedanken! Deshalb sahen die Regeln vor, dass sie am Fuß des Bettes zunächst die Decke küsst und dann langsam an den Füßen und Beinen vorbei bis zum Kopf des Sultans hinaufkriecht. Ist das nicht bizarr?»
«Sehr bizarr», sagte Taylor.
«So bist du nicht, oder?»
«Nein. So nicht. Ich liebe Frauen, ich möchte sie nicht als Sklavinnen halten. Ich liebe die Frauen genau so, wie sie sind.»
«Tatsächlich?»
«Probier’s aus.» Taylor legte sanft den Arm um Anna und zog sie an sich. Sie leistete keinen Widerstand. Er beugte sich über sie, küsste sie auf den Mund, ganz zärtlich, ohne Zunge. Als er sie so in den Armen hielt, spürte er, wie sie zitterte. Doch dann gewann sie die Kontrolle zurück und richtete sich auf.
«Du willst mit mir schlafen, stimmt’s?»
«Ja», sagte Taylor. «Spricht etwas dagegen?»
«Ich weiß nicht recht. Wir müssen doch zusammenarbeiten.»
«Ja und?»
«Als Frau muss man Stärke zeigen. Man kann nicht gleich jedem halbwegs attraktiven Dahergelaufenen verfallen, sonst endet man irgendwann wie die verbrauchten Frauen im Harem. Weißt du, was man mit den alten Konkubinen machte, wenn ein neuer Sultan an die Macht kam? Man schickte sie ins Haus der Tränen.»
«Warum hieß das so? Waren sie denn nicht froh, den ganzen Stress hinter sich zu haben?»
«Keineswegs. Diese Frauen waren schließlich keine Prostituierten, sondern Künstlerinnen. Sie beherrschten sämtliche Verführungskünste und träumten davon, dem Sultan ein Kind zu gebären. Doch seine Aufmerksamkeit konnten nur die
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