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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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verbinden. Anfangs natürlich nur im Geheimen. Wir würden die Antenne an einen Videorekorder anschließen, irgendwo an einem Ort, wo uns der KGB nicht finden kann. Dann würden wir jeden Abend Nachrichtensendungen aus aller Welt aufzeichnen und unseren Freunden beim Fernsehen in Eriwan eine schriftliche Zusammenfassung schicken. Nach einiger Zeit bekommen sie dann vielleicht ein Video mit Bildern der Orte, von denen in den Nachrichten die Rede ist. Und wenn wir ganz sicher sind, dass wir ihnen auch vertrauen können, gibt es mehr. Irgendwann können wir dann ganze Kassetten schicken und sie im armenischen Fernsehen ausstrahlen.
    Und das beschränkt sich nicht nur auf die Nachrichten. Unser Volk möchte wissen, was der Rest der Welt liest, was im Kino gezeigt wird, was man in den Konzerthallen zu hören bekommt. Wir wollen etwas erfahren über eine Welt, die nicht vom Kaukasus begrenzt ist oder von der Idiotie des Kommunismus oder der Tragik der osmanischen Geschichte. Wir wollen gemeinsam mit dem Rest der Welt in der Gegenwart leben, ohne ständig von türkischen Gespenstern verfolgt zu werden.Dann können wir uns endlich Europa und Amerika anschließen.»
    «Das ist ja ein wunderschöner Traum, Aram», sagte Anna. «Aber damit kommen Sie doch niemals durch. Die Behörden werden herausfinden, was Sie da machen, und Sie spätestens dann stoppen, wenn Sie Bilder aus dem Ausland im armenischen Fernsehen ausstrahlen.»
    «Seien Sie sich da nicht so sicher. Armenier sind große Patrioten, das ist so bei Völkern, die viel gelitten haben. Kein Einziger von uns würde sich auf die Seite von Moskau schlagen und sich damit gegen die armenische Nation stellen.»
    «Letztlich brauchen Sie aber die Unterstützung all der Leute, die beim armenischen Fernsehen tätig sind, und die Unterstützung sämtlicher Fernsehzuschauer.»
    «Na und? Als Armenier ist man immer schon Teil einer Verschwörung. So einfach ist das. Wir sind bereit. Wir brauchen nur noch Ihre Hilfe, um die richtige Antenne zu beschaffen.»
    Anna wusste nicht recht, ob sie diesen Mann tatsächlich ernst nehmen sollte. Es klang immer noch verrückt, wenn auch nicht mehr ganz so sehr, wie sie anfangs geglaubt hatte. Doch während sie Aram musterte, wurde ihr klar, dass es im Grunde keine Rolle spielte, was sie darüber dachte. Es war sein Traum. Und ihre Aufgabe als Geheimagentin bestand darin, diesen Traum für ihn wahr werden zu lassen.
    «Mal angenommen, wir würden Ihnen helfen», sagte sie. «Was müssten wir dann für Sie tun?»
    «Aha!», rief Antoyan. «Ich hatte gehofft, dass Sie das fragen.» Er kramte in der Manteltasche und förderte ein Blatt Papier mit einem handgezeichneten Schaltschema zutage.
    «Das hat ein Freund von mir vorbereitet», erklärte er. «Es ist kinderleicht.»
    «Wie heißt dieser Freund?»
    «Das kann ich Ihnen nicht sagen, tut mir leid. Er ist armenischer Forscher, so wie ich. Mehr kann ich Ihnen nicht verraten.»
    «Ist er Sowjetbürger oder Franzose   …?»
    «Psst», machte Antoyan. «Kein Wort mehr. Sie brauchen nichts weiter über diesen Mann zu wissen, Sie haben ja das Ergebnis seiner Forschungen vor sich.» Er deutete auf das Papier mit seinen präzise gezeichneten Schaltkreisen.
    «Jeder dieser Punkte hier steht für eine kleine Antenne», erklärte er. «Es gibt viele hundert davon, die alle miteinander verbunden sind. Wenn man sie über einen Computer aufeinander abstimmt, kann man sie so einstellen, dass sie jedes Fernsehsignal ganz präzise empfangen, selbst wenn die Antenne nicht lotrecht zu den Empfangswellen steht.»
    «Tut mir leid», sagte Anna, «aber ich verstehe kein Wort. In Physik war ich immer furchtbar schlecht.»
    «Dann müssen Sie mir eben einfach glauben. Das Schaltschema an sich ist ganz simpel, schwierig ist nur die Sache mit dem Computer. Aber wenn Ihre Leute ihn entsprechend für uns einrichten, wird das sicher auch funktionieren. Das größte Problem wird sein, ihn über die Grenze zu schaffen. Doch die erste Frage lautet natürlich: Können Sie mir so etwas beschaffen?»
    «Möglicherweise.» Anna gab sich Mühe, hart zu bleiben, einen letzten Rest von Kontrolle über die Situation zu bewahren.
    «Das reicht mir nicht. Können Sie es?»
    «Ich werde es versuchen, aber versprechen kann ich Ihnen nichts. Ich arbeite für eine Organisation, ich brauche Genehmigungen. Ich weiß, dass ähnliche Dinge in der Vergangenheit bereits genehmigt wurden, aber ich kann es nicht mit Sicherheit

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