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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Universitätsgelände lag eine drückende Schwüle. Anna machte ihr kleines Fenster auf, was ihr aber nicht viel Erleichterung brachte. An solchen Tagen schienen selbst die Bücher zu schwitzen. Anna hatte ihr Regal mit denselben Bänden gefüllt wie letztes Mal.
Jon Turklerin Siyasi Fikrleri 1895   –   1908.   Tukiye Tarih Ynyinlari Bibliogrfyasi, 1729   –   1955.   Al-Arab wal-Turk fi al-Ahd al-Dustur al-Uthmani, 1908   –   1914.   Deutschland und der Islam.
Mr.   Mellanzana schickte ihr wieder die alten Merkzettel: «Behandeln Sie alte Bücher vorsichtig, um ihre Bindung nicht zu beschädigen.» «Melden Sie sich bei der Bibliotheksverwaltung, wenn Sie Ihren Arbeitsplatz im Herbstsemester wieder benötigen.» Anna beachtete sie alle nicht. Sie hatte auf Autopilot geschaltet.
    Der Dekan ihrer alten Fakultät hatte sie gebeten, im Herbst einen Teil seines Seminars über die Geschichte des Nahen Ostens zu übernehmen, und Anna hatte zugesagt, weil ihr das leichter gefallen war als abzulehnen. Die Lehrarbeit langweilte sie, aber sie fand ein paar der jungen Studenten attraktiv. Sie waren adretter und besser gekleidet, als sie sie in Erinnerung hatte. Sie trugen das Haar kürzer und hatten mehr Angst vor Frauen. In ihrem ersten Semester ging Anna mit mehreren von ihnen ins Bett, was sie genoss wie einen angenehmen Kurzurlaub. Die Jungen waren eifrig und ungeschickt, aber Anna hatte die Schnauze voll von erfahrenen Männern. Es machte ihr nichts aus, als einer der Studenten ihr während des Liebesspiels gestand,dass er ältere Frauen sexy fände. Schließlich hatte er recht. Ältere Frauen
waren
sexy.
    Im Oktober rief Taylor an, nachdem er ihr auf dem Umweg über die CIA mehrere Briefe geschickt hatte. Anna hatte sie alle ungeöffnet in den Papierkorb geworfen. Dass Taylor ihre Telefonnummer herausgefunden hatte, obwohl sie nicht im Telefonbuch stand, überraschte Anna nicht. Schließlich war er ein Profi.
    «Wie geht es dir denn so?», fragte er mit aufgeräumter, kumpelhafter Stimme.
    «Gut», antwortete Anna.
    «Und was machst du?»
    «Ich unterrichte. Und schreibe meine Doktorarbeit. Ich lasse alles ruhig angehen und fange ganz von vorne an.»
    «Das tue ich auch.»
    Darauf sagte Anna nichts. Es interessierte sie nicht sonderlich, was Taylor tat.
    «Wirklich», sagte er. «Ich mache jetzt auch was ganz anderes. Ich bin ausgestiegen und nach Kalifornien gezogen. Habe mir ein hübsches Haus in Santa Monica gekauft. Das solltest du dir mal ansehen.»
    «Und wie bezahlst du die Hypothek darauf?»
    «Ich bin jetzt im Filmgeschäft. Ein alter Studienfreund, der dort stellvertretender Studiochef ist, hat Gefallen an meinen Spionageschichten gefunden und will, das ich ihm ein Drehbuch schreibe.»
    «Du als Drehbuchautor?» Anna lachte laut auf. «Das passt perfekt.»
    «Warum sich dagegen wehren? Schließlich leben wir jetzt in den Achtzigern.»
    «Da hast du recht.»
    «Hör zu», sagte Taylor. «Ich möchte dich sehen.»
    «Tatsächlich?»
    «Ja. Definitiv.»
    «Warum?»
    «Hast du denn meine Briefe nicht bekommen?»
    «Gekriegt schon, aber nicht gelesen. Ich habe sie weggeworfen. Was stand denn drin?»
    «Dass mir das, was passiert ist, leidtut. Nicht nur das Ende. Die ganze Geschichte.»
    «Das braucht es nicht. Es war nicht deine Schuld.»
    «Ich liebe dich.»
    «Jetzt hör aber auf.»
    «Wirklich. Ich liebe dich.»
    «Na und? Es ist zwar nett, dass du das sagst, aber es hat trotzdem keine Bedeutung für mich. Wir machen beide einen Neuanfang. Das hast du selbst gesagt.»
    «Du klingst wütend. Und traurig.»
    «Tut mir leid. Ich wollte bloß ehrlich sein.»
    «Willst du mich treffen?»
    «Eigentlich nicht.»
    «Hasst du mich?»
    Anna schüttelte den Kopf. Taylor war zwar ein bisschen spät dran, aber er ging wenigstens auf sie zu. Das war immerhin etwas.
    «Nein», sagte sie. «Aber du tust mir leid, weil du ein großer Junge bist, der nicht erwachsen wird.»
    «Ich wäre dir nicht böse, wenn du mich hassen würdest. Ich hätte dich vor Stone warnen müssen. Ich wusste, dass er nicht mehr ganz bei Trost war, aber ich konnte ihn nicht aufhalten. Es war meine Schuld.»
    Anna wurde fast schlecht von dem Gespräch. Taylor war einfachschamlos, selbst in seinen Entschuldigungen. Am liebsten hätte sie einfach aufgelegt, aber das verbot ihr noch immer ihre Höflichkeit.
    «Was ist dein Problem, Alan?», fragte sie schließlich. «Irgendetwas ist einfach seltsam an dir, und ich weiß immer noch nicht,

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