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Das Netzwerk

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Titel: Das Netzwerk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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nicht.»
    «Ich halte ihn für einen Dummkopf. Aber in diesem Fall ist das nicht relevant.»
    Margaret warf Stone einen Blick zu, der nicht mehr der Blick einer Kollegin oder gar einer Freundin war, sondern ein anderer – sehr viel fragender, aber gleichzeitig auch intimer. Stone wich ihm aus. Er starrte nach unten auf den Boden und wartete darauf, dass Margaret von ihm auf das heruntergebrannte Feuer schaute, das bald nur noch ein kalter, grauer Haufen Asche sein würde. Weil sie Stone nichts mehr zu sagen hatte, stand sie auf und nahm ihren Pelzmantel von der Garderobe. Erst als sie an der Tür waren, sprach sie wieder.
    «Du bist wirklich eine große Enttäuschung für mich, Edward», sagte sie ruhig. Dann ging sie.
     
    Am nächsten Montag bat Margaret Houghton um einen Termin beim Direktor. Für diese Woche sei er weg, sagte seine Sekretärin am Telefon, und in der Woche darauf sei er so beschäftigt, dass er niemanden empfangen könne. Im Vertrauen erzählte sie Margaret, dass sie nur ihre Zeit verschwende, weil der Direktor sie nicht sehen wolle. Aber Margaret ließ sich nicht ins Bockshorn jagen. Sie fuhr mit dem Aufzug hinauf in den siebten Stock, winkte den paar Freunden, die sie in den Büros der Chefetage noch hatte, lächelnd zu, während sie den anderen ihre Dienstmarkezeigte. So schaffte sie es bis ins Vorzimmer des Direktors, wo sie schließlich aufgehalten wurde.
    «Ich möchte zu Mr.   Hinkle», sagte Margaret.
    «Er ist in einer Besprechung, Miss Houghton», antwortete die Chefsekretätin.
    «Dann warte ich.»
    «Es kann aber lange dauern.»
    «Das ist mir egal. Ich habe mir ein paar Akten zum Durchlesen mitgebracht.»
    «Trotzdem können Sie hier nicht bleiben. Das ist nicht erlaubt.»
    «Doch, ich kann», erwiderte Margaret. «Außer, Sie rufen jemanden, der mich aus dem Büro wirft, und das wäre für den Herrn Direktor viel zu peinlich. Ich gehe hier nicht weg, bevor ich ihn gesehen habe.»
    Margaret wirkte so entschlossen und so selbstsicher, dass die Chefsekretärin es sich noch einmal überlegte. «Einen Moment, bitte», sagte sie und hob das Telefon ab. Als Hinkle abnahm, sagte sie ihm, dass eine Miss Houghton draußen sei und erst dann wieder gehen würde, wenn sie mit ihm gesprochen hätte. Der Direktor fluchte so laut, dass Margaret es aus der Ohrmuschel des Telefonhörers hören konnte. «Verdammte Scheiße!», brüllte er, aber fünfzehn Sekunden später ging die Tür auf, und ein rundlicher Mann mit kantigem Kinn und großen Augen trat aus dem Büro. Sogar bei der Arbeit hatte er sein Jackett bis oben zugeknöpft.
    «Ich gebe Ihnen fünf Minuten», sagte Hinkle und schaute auf die Uhr.
    «Ich komme wegen Anna Barnes», sagte Margaret, als sie im Büro war.
    «Was ist mit Anna Barnes?»
    «Was soll mit ihr sein?»
    «Wie wollen Sie sie aus dem Gefängnis holen?»
    «Indem ich die üblichen Schritte einleite.»
    «Und was sind die üblichen Schritte?»
    «Kein Kommentar. Das ist ein heikler Fall, über den ich mit Ihnen nicht reden darf. Und außerdem geht es Sie nichts an.»
    «Mr.   Hinkle, ich kenne Anna seit ihrer Jugend. Ich habe sie zur CIA gebracht, und deshalb mache ich mir jetzt große Sorgen um sie. Ich glaube nicht, dass wir genügend tun, um sie aus dem Gefängnis zu holen.»
    «Sie sind dazu nicht befugt.»
    «Wie meinen Sie das?»
    «Dass Sie nicht befugt sind, im Fall Anna Barnes zu intervenieren. Unsere Behörde hat ihre Regeln, und die haben Sie gebrochen, indem Sie hierhergekommen sind. Der Fall Anna Barnes wird von kompetenten Mitarbeitern betreut, die von mir den Auftrag dazu bekommen haben. Sie haben damit nichts zu schaffen. Das ist alles, was ich Ihnen zu diesem Thema sagen kann.» Er sah wieder auf seine Armbanduhr. «Ihre fünf Minuten sind gleich vorbei.»
    «Herr Direktor», sagte Margaret. «Ich muss Sie warnen. Ich werde diesen Fall weiterverfolgen, und wenn Sie mir nicht zuhören, dann suche ich mir jemanden, der es tut. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, habe ich laut Exekutivverordnung 12333 das Recht dazu.»
    «Was soll das für ein Recht sein?»
    «Sehen Sie in der Verordnung nach. Es steht in dem Abschnitt über die Kontrollbefugnis des Kongresses.»
    «Soll das etwa heißen, dass Sie mir mit dem Kongress drohen?»
    «Ja, das soll es.»
    «Viel Glück!», sagte er, was Margaret zwar völlig unpassend für die Situation, aber irgendwie typisch für Hinkle fand.
     
    Margaret wartete ein paar Tage, um zu sehen, ob sie mit ihrer Drohung irgendetwas

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