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Das neue Philosophenportal

Das neue Philosophenportal

Titel: Das neue Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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untergeordneten Stellungen sein Geld verdiente. Ein Jahr
     lang ging er sogar als Botschaftssekretär nach Venedig. Doch es gelang ihm, Anschluss an die Pariser Intellektuellenszene
     zu finden. Die dauerhafteste dieser Verbindungen war die Freundschaft mit dem beinahe gleichaltrigen Denis Diderot, der ihn
     auch einlud, an seiner – später berühmten –
Enzyklopädie
mitzuarbeiten
.
Diderot, Philosoph, Literat und Freigeist, kam wie Rousseau aus kleinen Verhältnissen, war arm und verfolgte wie dieser hochfliegende
     literarische Pläne.
    Die Geburt des Philosophen Jean-Jacques Rousseau fällt in den Herbst des Jahres 1749, als er zu Fuß von Paris nach Vincennes
     geht, um seinen Freund Diderot zu besuchen, der dort eine von der Zensur verhängte Gefängnisstrafe absitzt. Er entdeckt eine
     Ausschreibungder Akademie von Dijon: »Ob die Erneuerung der Wissenschaften und Künste dazu beigetragen habe, die Sitten zu bessern«. Der
     bis dahin völlig unbekannte Rousseau sendet einen Beitrag ein und erhält den Preis der Akademie. Mit seiner Preisschrift,
     dem 1750 erschienenen ersten
Discours
, der
Rede über die Wissenschaft und Künste
, schlägt er den Grundton seiner Philosophie an. Zur Überraschung der Jury singt Rousseau nicht das Lied des wissenschaftlichen
     und künstlerischen Fortschritts, sondern behauptet, dass Wissenschaft und Kunst, die angeblichen Stützen der Zivilisation,
     nur Unglück und Verderbnis über die Menschen gebracht hätten. »Allmächtiger Gott«, schreibt Rousseau, »erlöse uns von den
     Kenntnissen und den unheilvollen Künsten unserer Väter und gib uns die Unwissenheit, die Unschuld und die Armut zurück.«
    Von da an sieht er es als seine vornehmliche philosophische Aufgabe an, die angeblichen Errungenschaften der Zivilisation
     anzuprangern und die Tugend als die »erhabene Wissenschaft der schlichten Seelen« zu predigen. Es ist eine Tugend, in der
     Einfachheit gegen Künstlichkeit und Luxus, in der Arbeit gegen Muße und in der die intuitiven Fähigkeiten des »Herzens« gegen
     die rationalen Fähigkeiten des Verstandes ausgespielt werden, wie dies auch schon hundert Jahre zuvor in den
Gedanken
Blaise Pascals geschieht. Auch die Ungleichheit unter den Menschen ist für Rousseau die Konsequenz aus einer Menschheitsgeschichte,
     die er als Verfallsgeschichte begreift. In dem 1755 erschienenen zweiten
Discours
, der
Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen
, macht er die Einführung des Privateigentums für die Entstehung der Klassen- und Standesgegensätze unter den Menschen verantwortlich.
    Nach vielen Jahren Großstadtleben zieht sich Rousseau 1756 nach Montmorency nördlich von Paris zurück. Dort erlebt er seine
     produktivste Phase als Schriftsteller. Er klagt ständig über seine schlechte Gesundheit, doch er arbeitet ununterbrochen.
     Die Kinder, die er mit seiner Partnerin Thérèse Levasseur zeugt, gibt er in ein Findelheim.
    In seiner Auflehnung gegen gesellschaftliche Vorurteile und Konventionenist Rousseau zwar ein Aufklärer, aber ein Aufklärer ganz besonderer Art: Nicht der Verstand, sondern die Unverfälschtheit
     des Gefühls wird zum Kompass seiner Gesellschaftskritik. Literarisch demonstriert er dies an seinem höchst erfolgreichen Briefroman
Die neue Héloïse
. Die Dreiecksgeschichte zwischen dem Hauslehrer Saint-Preux, dem adligen Fräulein Julie und ihrem Gatten, dem Baron Wolgast,
     wertet die Rolle der Subjektivität auf und setzt einen Kult der Empfindsamkeit in Gang.
    Als das Buch 1761 erscheint, ist auch schon das Manuskript des
Emile
vollendet, zusammen mit seinem zweiten großen Hauptwerk, dem
Gesellschaftsvertrag
. Nach Rousseaus eigenen Worten stellen beide Bücher ein Ganzes dar. Im
Gesellschaftsvertrag
geht es um die Einrichtung gesellschaftlicher und politischer Institutionen, im
Emile
um die Formung des Menschen als Individuum. Beide Werke beginnen mit einem rhetorischen Paukenschlag, in dem der Verlust des
     goldenen Zeitalters der Ursprünglichkeit und Natürlichkeit beklagt wird: »Der Mensch wird frei geboren, aber überall liegt
     er in Ketten«, heißt es am Anfang des ersten Kapitels des
Gesellschaftsvertrags
. Der erste Satz des
Emile
lautet: »Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers kommt; alles entartet unter den Händen des Menschen.«
    In
Emile
soll nicht der Mensch, sondern »die Natur selber« die Erziehung des Kindes leiten. Dieser Bezug zur Natur macht sich schon
    

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