Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
über »The Smarter Planet« zu halten. Ich wusste noch gar nicht so genau, wohin die IBM offiziell wollte, aber mir fiel so viel zu diesem Thema ein! Die Rede schlug ein. Die Kunden zeigten Resonanz – so wie ich. Ich hatte befürchtet, dass sie vielleicht alles schnell als zu großartig abtun würden – nein, sie dachten nach. So wie ich. Diese Wendung »Smarter Planet« bewirkte etwas in uns. Ende 2008 wurde ich von der Geschäftsführung beauftragt, ein Wachstumsfeld rund um »dynamische Infrastrukturen« aufzubauen. Hier hieß das Mem »Dynamic Infrastructures«, kurz DI. Wir erklärten bald auf der CeBIT die neuen Konzepte, andere Anbieter zogen nach und wählten andere Meme. Alle wurden »dynamisch« und »smart«. Wir merkten, dass »Dynamic Infrastructures« schon zu sehr an eine komplizierte und teure Lösung erinnern. Die Kunden sagten: »Nicht leicht, die Richtung könnte stimmen, wir warten ab.« Irgendwann, ich glaube im Herbst 2009, kam die Bezeichnung
Cloud Computing
in Gebrauch. Cloud Computing steht für »alles aus dem Netz« – »dort arbeitet eine hoch technologische Infrastruktur für mich, ich muss mich selbst nicht mehr um vieles Komplizierte kümmern, alles ist auf Klick da, wie ich es brauche«. Die Resonanz von Cloud Computing war enorm. Die Techies bei IBM mochten die Bezeichnung nicht, weil sie zu viel versprach, an der Grenze zur technischen Utopie lag. »So weit sind wir noch lange nicht!« Aber alle wollten plötzlich Cloud Computing.
»Dynamic Infrastructure« ist ein Mem, aber es assoziiert Gefühle wie »große Projekte«, »Komplexität«, »was ist das genau«, »wird teuerbei IBM« oder »schwer zu stemmen« – nicht aber etwas von der Art »da würde ich gerne sofort loslegen«. »Cloud Computing« aber ist ein Trigger-Mem, eines, das uns anzieht und zum Handeln bringt. »Cloud Computing for a Smarter Planet«, das brachte es. Etwa Anfang 2010, als ich meine monatlichen Umsatzzahlen in Dynamic Infrastructure berichtete, fragte jemand aus den USA, wie viel davon in Cloud Computing wäre (was es eigentlich noch nicht wirklich gab, das Wort erschien ja erst Mitte 2009!!). In diesem Augenblick war mir klar, dass die Resonanz vollkommen war. Bingo! Bei dieser Frage sah ich den »Tipping Point« förmlich vor mir. Es war für mich der Tag, an dem Cloud Computing den Siegeszug beginnen würde, denn die Controller interessierten sich schon dafür.
Man muss eine Vision finden, die zur Tat zieht! Immer reden, neue Wörter probieren, Resonanzen messen, verändern, ungute Gefühle berücksichtigen, Gegner anhören! Es war vorher gar nicht klar, dass das Wort »smart« plötzlich so einschlug, alles wurde plötzlich smart, »Smart Grid« haben Sie vielleicht öfter gesehen … Es ist harte Arbeit, ein Trigger-Mem zu finden! Richtig harte Arbeit. Neulich las ich im Internet einen Artikel eines Journalisten, der IBM um die Idee oder Vision des »Smarter Planet« beneidete. Er erinnerte sich an ein anderes Trigger-Mem der IBM von 1997/1998, es lautete »E-Business«. »Alles ist E-Business!«, sagte IBM-Boss Lou Gerstner damals. Das Symbol des roten e in der Form des @ brachte die IT-Welt und vielleicht sogar die ganze Welt auf eine neue Schiene des Denkens, es kam dann fast zu einer dot.com-Manie. Der Journalist wunderte sich, wie IBM das immer wieder schaffe! Es wird dort einfach sehr ernst genommen, immer neue Welten zu eröffnen. Und daran arbeiten dauerhaft viele tolle Leute. So etwas wird nicht bei einem zehnminütigen Brainstorming mit Moderator gewonnen.
Storytelling und Attraktion – innen und außen
Gute Resonanz auf ein Trigger-Mem oder auf eine kühne Vision ist noch kein Business! Der Weg zu einem »Smarter Planet« ist noch weit, auch wenn daran schon gearbeitet wird.
Eine gute bewegende Resonanz sollte aber zunächst unbedingt verstärkt werden. Das Zauberwort dazu heißt neudeutsch Storytelling – »Geschichtenerzählen«. Auf der Basis von Metaphern und Trigger-Memes werden auch implizit, unterschwellig und zwischen den »dozierten« Zeilen Vorstellungen und Werte erhellt. Dazu ein Zitat aus Wikipedia:
»In Unternehmen werden Geschichten strategisch dazu eingesetzt, um Traditionen, Werte und Unternehmenskultur zu vermitteln, um Ressourcen zu wecken, aber auch um Konflikte in einer Metapher bildhaft und ›unter die Haut gehend‹ erfahrbar zu machen und Lösungswege aufzuzeigen. Mitarbeiter-Erzählungen werden genutzt, um Auskunft über die Unternehmenskultur zu
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