Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
doch nur sachlich ist und die Welt verbessern will. Die Angst vor Ablehnung an sich hemmt ihn, auch Ablehnung von Leuten, die ihm nichts bedeuten müssten.
Erfolgreiche Innovation erfordert Erfinder, die voller Tatendrang die reale Welt bereisen und kennenlernen. Erfinder müssen unendlich viel mit ihren zukünftigen Kunden reden und lernen, lernen und immer wieder mit verbesserten Prototypen in der wirklichen Welt erscheinen, bis es eben klappt. Das mögen sie oft nicht und verlangen deshalb, dass diejenigen mit Kunden reden, die es ihrer Meinung nach den lieben langen Tag tun, nämlich die Kollegen aus dem Marketing und aus dem Vertrieb. Aber auch sie sind es nicht wirklich gewohnt, mit Innovationen umzugehen. Das ist das Thema des nächsten Abschnitts.
BLOCKADEN DURCH MARKETING UND VERTRIEBSUNTERSTÜTZUNG
Die Angst des Verkäufers vor dem Kundenbesuch des Erfinders
Es ist fast normal, dass Erfinder verzweifelnd um Hilfe bitten, wenn sie es nicht schaffen, ihre Erfindung an den Kunden zu bringen. Wenn sie in großen Unternehmen arbeiten, werden sie wie selbstverständlich an die Kollegen vom Marketing und vom Vertrieb verwiesen. »Die Verkäufer kennen die Kunden!«
Nun soll also ein Verkäufer dem Erfinder helfen, indem er ihn zum Beispiel Kunden vorstellt, die selbst Protagonisten oder OpenMinds sind. Von diesen Kunden kann der Innovator viel lernen. Sie sind ohnehin schon gute Kunden des Unternehmens und viel gutwilliger als die unbekannten beziehungslosen Kontaktpersonen an den Messeständen. Von solchen guten Kunden kann am meisten gelernt werden. Am besten wäre es, so meine Erfahrung, man bietet dem Kunden das neue Produkt zum Ausprobieren an und beobachtet ihn, wie es ihm dabei ergeht.
Leider geht es in der Realität wieder mit dem Lernen schief. Es beginnt mit einem grandiosen Missverständnis. Der Verkäufer ist zum Verkaufen da und kennt eigentlich nur Produkte, keine Ideen oder Prototypen. Er denkt meist irrtümlich, der Innovator habe schon ein marktreifes Produkt. Der Innovator selbst klärt den Verkäufer nicht wirklich auf. Er fürchtet nämlich, dass ihm der Verkäufer nicht hilft, wenn er erfährt, dass das Neue bei Weitem noch nicht perfekt ist.
Merken Sie, wie sich langsam wieder eine Blockade bildet? Aber die wirkliche Problematik liegt viel tiefer.
So wie die Erfinder und Innovatoren zuerst zu sehr auf Ruhm, Aufmerksamkeit und Impact-Points schielen, so hat auch der Verkäufer bestimmte Ziele vor Augen, wie der berühmte Esel die ihm vorgehaltenen Möhren. Der Verkäufer wird nicht nach Impact-Points bezahlt, sondern ganz schnöde nach seinem Umsatz mit den ihm persönlich zugeteilten Kunden. Ein Verkäufer bekommt ein Vertriebsziel, eine so genannte Quote. Die Quote ist eine Umsatzzahl, die er erreichen muss, um einen ihm ausgelobten Bonus zu bekommen. Warum heißt diese Zahl Quote? Ein Vertriebsmanager bekommt von oben die Order, so und so viel Umsatz zu machen. Diesen geforderten Gesamtumsatz seiner Abteilung teilt er in die Ziele der einzelnen Verkäufer auf. Jeder Verkäufer oder Vertriebsbeauftragte bekommt also einen Teil des Gesamtumsatzes als sein Ziel zugewiesen, das ist seine »Quote«.
Das Management dieser Tage versucht, möglichst alles oder mehr aus den Mitarbeitern herauszuholen. Es ist daher fast zum Prinzip geworden, Vertriebsmitarbeiter durch viel zu hohe Arbeitsziele unter hohen Arbeitsdruck und Stress zu setzen. Das Management legt, so sagt es selbst ganz schneidig, »herausfordernde Ziele« fest, die meist auf schamlose Überforderungen hinauslaufen. Deshalb sind in einem Unternehmen eigentlich alle Vertriebsbeauftragten beziehungsweise überhaupt alle Mitarbeiter schon mit ihrem eigenen Job überlastet und reagieren entsprechend gereizt, wenn sie um Hilfe gebeten werden. Sie fragen sich also bei jeder Bitte: Hilft mir das zufällig selbst bei meiner Arbeit weiter? Oder übe ich mich in reinem Altruismus? Oder schadet mir der Zusatzjob sogar?
Schauen wir uns den Fall eines Vertriebsmitarbeiters an. Er hat viele Kunden des Unternehmens zu betreuen und bekommt eben seine tendenziell überlastende Verkaufsquote. Diese Quote macht ihm Angst. Wenn er sie nicht erfüllt, bekommt er kein Geld. In vielen Unternehmen bekommen Verkäufer nur das halbe Grundgehalt als »Fixum«, den Rest erhalten sie nach den getätigten Umsätzen. Es kommt wirklich öfter vor, dass es beim halben Gehalt bleibt. Der Verkäufer kann Pech haben, dass ein anderer Anbieter »den Kunden
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