Das Nibelungenlied
Ritter auserkannt,
Daß ihr mir dienen wolltet · bis an unsern Tod.
Des war mir armen Weibe · noch niemals so bitter not.«
»Das kann ich nicht leugnen · ich schwur euch, Königin,
Die Ehre wie das Leben · gab' ich für euch dahin:
Die Seele zu verlieren · hab' ich nicht geschworen.
Zu diesem Hofgelage · bracht' ich die Fürsten wohlgeboren.«
Sie sprach: »Gedenke, Rüdiger · der hohen Eide dein
Von deiner steten Treue · wie du den Schaden mein
Immer wolltest rächen · und wenden all mein Leid.«
Der Markgraf entgegnete · »Ich war euch stets zu Dienst bereit.«
Etzel der reiche · hub auch zu flehen an.
Da warfen sie sich beide · zu Füßen vor den Mann.
Den edeln Markgrafen · man da in Kummer sah;
Der vielgetreue Recke · jammervoll begann er da:
»O weh mir Unsel'gem · muß ich den Tag erleben!
Aller meiner Ehren · soll ich mich nun begeben,
Aller Zucht und Treue · die Gott mir gebot;
O weh, Herr des Himmels · daß mir's nicht wenden will der Tod!
»Welches ich nun lasse · das andre zu begehn,
So ist doch immer übel · und arg von mir geschehn.
Was ich tu' und lasse · so schilt mich alle Welt.
Nun möge mich erleuchten · der mich dem Leben gesellt!«
Da baten ihn so dringend · der König und sein Weib,
Daß bald viel Degen mußten · Leben und Leib
Von Rüdgers Hand verlieren · und selbst der Held erstarb.
Nun mögt ihr bald vernehmen · welchen Jammer er erwarb.
Er wußte wohl, nur Schaden · und Leid sei sein Gewinn.
Er hätt' es auch dem König · und der Königin
Gern versagen wollen · der Held besorgte sehr,
Erschlug' er ihrer einen · daß er der Welt ein Greuel war'.
Da sprach zu dem Könige · dieser kühne Mann:
»Herr Etzel, nehmt zurücke · was ich von euch gewann,
Das Land mit den Burgen · bei mir soll nichts bestehn:
Ich will auf meinen Füßen · hinaus ins Elend gehn.«
Da sprach der König Etzel · »Wer aber hülfe mir?
Mein Land mit den Leuten · das alles geb' ich dir,
Daß du mich rächest, Rüdiger · an den Feinden mein:
Du sollst neben Etzeln · ein gewalt'ger König sein.«
Da sprach wieder Rüdiger · »Wie dürft' ich ihnen schaden?
Heim zu meinem Hause · hab' ich sie geladen:
Trinken und Speise · ich ihnen gütlich bot,
Dazu meine Gabe · wie sann' ich ihnen den Tod?
»Die Leute mögen wähnen · ich sei zu verzagt.
Keiner meiner Dienste · war ihnen je versagt,
Den hochedeln Fürsten · wie ihrem letzten Mann.
Nun reut mich die Freundschaft · die ich an ihnen gewann.
»Geiselher dem Degen · gab ich die Tochter mein:
Sie könnt' auf Erden nimmer · besser verwendet sein,
Seh' ich auf Zucht und Ehre · auf Treu' oder Gut.
Nie ein so junger König · trug wohl tugendreichern Mut.«
Da sprach wieder Kriemhild · »Vieledler Rüdiger,
Nun laß dich erbarmen · unsres Leids Beschwer,
Mein und auch des Königs · gedenke wohl daran,
Daß nie ein Wirt auf Erden · so leide Gäste gewann.«
Da begann der Markgraf · zu der Kön'gin hehr:
»Heut' muß mit dem Leben · entgelten Rüdiger,
Was ihr und der König · mir Liebes habt getan:
Dafür muß ich sterben · es steht nicht länger mehr an.
»Ich weiß, daß noch heute · meine Burgen und mein Land .
Euch ledig werden müssen · von dieser Helden Hand.
So befehl' ich euch auf Gnade · mein Weib und mein Kind
Und all die Heimatlosen · die da zu Bechlaren sind.«
»Nun lohne Gott dir, Rüdiger!« · der König sprach da so;
Er und die Königin · sie wurden beide froh.
»Uns seien wohlbefohlen · alle Leute dein;
Auch trau' ich meinem Heile · du selber werdest glücklich sein.«
Da setzt' er auf die Wage · die Seele wie den Leib.
Da begann zu weinen · König Etzels Weib.
Er sprach: »Ich muß euch halten · den Eid, den ich getan.
O weh' meiner Freunde! · wie ungern greif ich sie an.«
Man sah ihn von dem König · hinweggehn trauriglich.
Da fand er seine Recken · nahe stehn bei sich:
Er sprach: »Ihr sollt euch waffnen · ihr all in meinem Lehn:
Die kühnen Burgunden · muß ich nun leider bestehn.«
Nach den Gewaffen riefen · die Helden allzuhand,
Ob es Helm wäre · oder Schildesrand,
Von dem Ingesinde · ward es herbeigetragen.
Bald hörten leide Märe · die stolzen Fremdlinge sagen.
Gewaffnet ward da Rüdiger · mit fünfhundert Mann;
Darüber zwölf Recken · zu Hülf' er sich gewann:
Die wollten Preis erwerben · in des Sturmes Not;
Sie wußten nicht die Märe · wie ihnen nahe der Tod.
Da sah man unterm Helme · den Markgrafen gehn.
Scharfe Schwerter trugen · die in Rüdgers
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