Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
Pink!«
» Ganz genau. Also keinen großen pinken Milchshake, klar?«
» Klar!«
Harry strahlte vor Glück, als er seinen Vater ansah. Mo spürte, wie ihr Herz sich verkrampfte. Früher war es immer so, dachte sie, nur haben wir damals alle gestrahlt. Damals hat Chad mich liebevoll und vergnügt angesehen, während ich heute bestenfalls mit müder Resignation und schlimmstenfalls mit purer Gleichgültigkeit rechnen kann.
Damals? Meine Güte, dachte Mo, ich tu ja gerade so, als wäre das Jahre her. Dabei ist es noch nicht mal ein Monat…
Chad hatte von der jungen Kellnerin die Rechnung verlangt. Mo beobachtete, wie er das Geld abzählte. Äußerlich hatte er sich nicht verändert. Er ist immer noch der blonde Prachtkerl, dachte sie, in den ich mich verliebt habe. Unglaublich gut aussehend. Und eigentlich ein freundlicher, angenehmer Mensch. Vermutlich wusste ich damals, dass ich glücklich war, habe aber immer auch gedacht, ich hätte das so verdient. Bestraft mich jetzt das Universum für meine Anmaßung? Und wenn ja– wie schlimm kann es noch werden?
Als sie wieder zu Hause waren, ging Chad mit Harry und Rosie ins Wohnzimmer, um im Fernsehen Sport zu sehen. Mo wusste, dass Harry lieber etwas anderes gesehen hätte, aber wenn er so die Chance bekam, sich wie Daddys bester Kumpel zu fühlen, hätte er den Ryder Cup mit Freuden volle drei Tage ausgesessen. Rosie in ihrem Laufstall hingegen war völlig zufrieden damit, ihren Elmo mit der Nase voran auf den Teppich zu klatschen.
Mo stellte fest, dass sie überflüssig war. Einerseits freute sie sich, etwas Zeit für sich selbst zu haben. Andererseits: Was war sie eigentlich? Nippes?
Ihr könnt mich mal!, beschloss sie und stapfte hinauf ins Schlafzimmer, wo in ihrem Posteingang eine E-Mail auf sie wartete.
Sie enthielt die Telefonnummer von Aishe Herne.
8
Aishes guter Vorsatz, nett zu sein, verpuffte in dem Augenblick, als sie die Haustür öffnete und Benedict und Gulliver oben in seinem Zimmer lachen hörte.
Sie warf den Schlüssel in die Schale und marschierte in die Küche, um die Tacos auf die Theke zu knallen. Warum nervt es mich so, wenn sie Spaß haben, fragte sie sich. Warum bin ich so eine gottverdammt verschrobene Kuh?
Es war nicht ihr bester Tag im Tierheim gewesen. Sie hatte einen Siebenjährigen zum Weinen gebracht, woraufhin sich dessen Vater bei Nico beschwert hatte. Aishe hatte erklärt, sie habe nur versucht, dem Kind eindrücklich bewusst zu machen, wie wichtig ständige Fürsorge für den Welpen war, den sie abholen wollten.
» Ich hab dem Jungen nur gesagt, ein Hund sei kein Spielzeug, das man unters Bett schieben und da vergessen kann, w enn es einem langweilig wird«, hatte sie Nico erläutert.
» Du hast ihm aber auch gesagt, eine Horde tierlieber, rachsüchtiger Zombies würde ihn heimsuchen und ihm das Herz rausreißen, wenn er nur einmal vergisst, den Hund zu füttern«, hatte Nico erwidert. » Das hat die Grenzen hilfreicher Unterweisung vielleicht etwas überschritten. Der Vater jedenfalls sieht das so.«
» Ich wette, der Scheißkerl wird es mir später danken«, hatte Aishe gemurmelt. » Der Junge wird hingebungsvoller mit seinem Hund umgehen als die verdammte Queen von England mit ihren Viechern.«
Dann hatte sie auf ein Zucken seiner Mundwinkel gewartet, das darauf hinwies, der Rüffel wäre beendet. Aber Nicos Miene hatte nur resignierte Entschlossenheit gezeigt. Er hatte tief Luft geholt und gesagt: » Ich darf das nicht einfach so durchgehen lassen, Aishe. Noch mal so was, und das war’s, klar? Mir bleibt keine andere Wahl.«
Daraufhin hatte sich Aishe den restlichen Nachmittag derartig Mühe gegeben, dass ihre Kollegen regelrecht alarmiert waren. Eine reizbare Aishe war normal. Eine nette Aishe dagegen war irritierend und sogar etwas beunruhigend. Unter allen möglichen Vorwänden mieden sie sie, was ihr normalerweise mehr als recht gewesen wäre. Doch dieses Mal betonte es nur die Tatsache, dass sie im Tierheim keine Freunde und nur wenige Verbündete hatte. Wenn Nico sie feuerte, wäre mit Sicherheit nur sie bestürzt. Ich hab keine andere Wahl, entschied sie. Entweder halte ich jetzt die Klappe oder ich sitze auf der Straße. Das Tierheim musste eine völlig neue Aishe Herne kennenlernen.
Das Dumme ist nur, dass es nicht viel braucht, um die alte wieder aufleben zu lassen, dachte sie. Kaum höre ich die beiden da oben lachen, zerbröseln alle meine guten Absichten wie ein Vampir im Sonnenlicht…
Scheiß
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