Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
geführt worden waren, war er sich sicher gewesen, dass sie Silvio und ihn umbringen würden. Liquidieren. Der Burghof war voller Busse und Autos gewesen, und die Mönche hatten schwere Koffer hin und her geschleppt. Sie selbst waren zu ihrem Kleinbus geführt worden, begleitet von sechs Mönchen. Draco und Bartholomäus. Paolo, der Fahrer. Nicola. Und zwei andere, die er zuvor noch nie gesehen hatte und deren Namen er auch nicht kannte. Diese beiden sind mit Maschinenpistolen bewaffnet.
Sie waren durch die zwei Burghöfe und das Tor gefahren und auf eine Landstraße gekommen. Dann waren sie auf eine unbefestigte Straße eingebogen, die noch aus Kaiser Neros Zeiten zu stammen schien. Auf dieser Straße hatten sie ihm aus unerfindlichen Gründen eine Kapuze über den Kopf gezogen. Aber er durfte keine Panik bekommen, er musste an Silvio denken, durfte ihm keine Angst einjagen. Die Gedanken waren wieder zurück in seine Kindheit geschweift. Zu dem Freund, der ihn in diesem Schrank eingesperrt hatte.
Luft … ich brauche Luft …
Denk an Silvio! Mach ihm keine Angst!
Luft!
*
Nach einer Stunde hatten sie angehalten und ihm die Kapuze abgenommen. Endlich! Er hatte nach Atem gerungen. Zum Glück hatte Silvio geschlafen. Draco war ausgestiegen und hatte mit jemandem telefoniert. Er hatte nicht gehört, was gesprochen wurde. Aber Dracos Körpersprache verriet, wie aufgebracht er war.
Die zwei namenlosen Mönche haben die Maschinenpistolen auf dem Schoß. Sie sind zwischen dreißig und vierzig. Haben ausdruckslose Gesichter. Sind die ganze Zeit über hellwach. Wenn ihnen ein Polizeiwagen entgegenkommt, umklammern sie die Waffen fester, als wollten sie alles und jeden niederschießen, der sich ihnen in den Weg stellt. Aber so verrückt können sie doch nicht sein, denkt er. Wenn wir auf eine Straßensperre stoßen, müssen sie doch einsehen, wie aussichtslos ihre Lage ist. Oder?
Er dreht sich zu seinem Sohn um.
Wie geht es dir, Silvio?
Schweigen.
Silvio?
Gut.
Bist du müde?
Ein bisschen. Wohin fahren wir?
Ich weiß es nicht.
Kannst du nicht fragen?
Später.
Glaubst du, wir fahren nach Hause?
Möglich, vielleicht fahren wir nach Hause!
Möglich?
Wir sind bestimmt auf dem Weg nach Hause. Bestimmt!
Ist Mama dann da?
Aber sicher. Sie wartet bestimmt schon sehnsüchtig auf uns.
Mama fehlt mir.
Mir auch.
*
Während er so tut, als arbeitete er an der Dechiffrierung, lauscht er heimlich immer wieder auf das Gespräch zwischen Draco und Bartholomäus.
Der Papst hat uns verraten, sagt Draco. Er hat uns alle verraten. Die biblische Prophezeiung geht in Erfüllung.
Welche?, fragt Bartholomäus unsicher.
Verstehst du denn nicht?
Was soll ich verstehen, Draco?
Der Heilige Vater ist der Antichrist.
Bartholomäus bekreuzigt sich.
Er hat seine Berufung verraten, fährt Draco fort, unseren Herrn. Der Papst hat alles verraten, er hat alles gesagt. Über Vicarius Filii Dei, Montecasetto, alles, genau wie es geschrieben steht.
Wie konnte er nur, erwidert Bartholomäus.
Alles!, fährt Draco fort. Nach so vielen Jahren. Ein Verräter gegen Gott. Gegen alles, was heilig ist. Er hat sich zu einem Werkzeug des Teufels gemacht.
Des Teufels?
Was schreibt Paulus über den Antichrist? Was schreibt er über den Gesetzlosen, den für immer Verlorenen? Ja, genau wie der Papst setzt er sich selbst über alles, was heilig ist. Über Gott. Wie der Papst hält er in Gottes Tempel Einzug und ernennt sich selbst zum neuen Gott.
Das ist richtig. Aber Satan, Draco?
So offenbart er sich, wenn die Zeit reif ist. Der Gesetzlose wird sich zu erkennen geben, der, den unser Herr Jesus am Tag seiner Wiederkehr mit seinem Atem ausrotten wird. Mit all seiner Herrlichkeit.
Halleluja!, flüstert Bartholomäus.
Wenn der Gesetzlose kommt, schöpft er seine Kraft aus Satan. Er kommt mit gewaltiger Kraft. Mit Wundern. Mit falschen Zeichen. Wer anderes also ist der Papst als der Antichrist? Mit allerlei Unrecht verführt er die Verlorenen. Aber sie werden ihr Urteil bekommen, halleluja, alle, die nicht an die Wahrheit geglaubt haben und die ihre Freude am Unrecht hatten.
Halleluja und Amen.
Was schreibt Johannes?, fährt Draco fort. Er spricht jetzt mehr zu sich selbst als zu Bartholomäus. Es ist euch zu Ohren gekommen, dass der Antichrist kommen wird, schreibt Johannes, noch einmal, denn es hat zuvor schon andere Antichristen gegeben. Aber dieser wird der letzte sein. Die Endzeit vor dem Jüngsten Tag. Und wer ist der Lügner, der
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