Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
mit den Dämonen und Geistern
DRITTES BUCH:
Anrufen der Toten
Gespräch mit den Toten
VIERTES BUCH:
Sehen in die Vergangenheit
Sehen in die Zukunft
Der Professor warf einen diskreten Blick auf seine Armbanduhr und sagte: »Auf diese Kapitelüberschriften und auf noch weit mehr werde ich in meinem morgigen Vortrag zurückkommen. Für heute möchte ich meine einleitenden Auslassungen über die versteckten Botschaften und mystischen Hinweise in Nostradamus’ Brief an Cosimo I . aber mit diesem akademischen Aperitif beenden. Wer von Ihnen noch nicht genug hat von kryptischen Anspielungen und alten Mysterien, ist herzlich willkommen, sich morgen nach dem Frühstück wieder hier einzufinden. Dann werde ich näher auf die Bibliothek des Teufels und das Buch der Weisen eingehen. Außerdem gibt es Beispiele für Anagramme und Chiffren aus Nostradamus’ Werk Les Prophéties und seinen Almanachen . 9 Uhr, gleicher Ort, gleicher Sender.«
Aber natürlich kam es nicht so.
K APITEL 2 Angelica
F LORENZ,
S ONNTAGABEND
I
Die Zeit ist ein Wirbel, ein Sog, aus dem es kein Entkommen gibt.
Zeit, habe ich einmal gelesen, sei eine Kette aus Augenblicken. Vorbeiflackernde Ereignisse. Man kann sie nicht festhalten oder in ihnen verweilen. Zeit ist wie Sand zwischen den Fingern. Wir können uns alles ins Gedächtnis rufen, was war, und uns vorstellen, was sein wird. Aber für jeden einzelnen von uns ist die Zeit ein Strudel, in dem wir gefangen sind und in den wir tiefer und tiefer hineingezogen werden. Bis keine Zeit mehr übrig ist.
Was ist Zeit? Diese Frage hat mich immer mit Ehrfurcht erfüllt und, merkwürdigerweise, mit einem Hauch von Furcht. Professor Morettis Vortrag hatte die Ehrfurcht in mir geweckt. Als junger Mensch habe ich mir die Zeit als den uns auf Erden zugemessenen Augenblick vorgestellt. Aber später habe ich eingesehen, dass die Zeit nach unserem Tod mit der größten Selbstverständlichkeit weiterläuft, genau so wie immer: als eine endlose Kette aus Augenblicken.
Ist Zeit eine gerade Linie zwischen zwei Punkten, loyal und folgsam der Standhaftigkeit der Chronologie und der Unfehlbarkeit der Uhrwerke unterworfen? Oder schlängelt und windet sie sich in unruhigen Wirbeln, in denen Ursache und Wirkung hin und wieder die Plätze tauschen und kurze Einblicke in eine ferne Vergangenheit oder Zukunft auf unerklärliche Weise eins werden mit der Gegenwart?
Ich grübele zu viel.
Aber es ist schon eine interessante Frage. Ist Zeit flexibel, fügsam, dehnbar? Können Propheten sich in irgendeiner Form von der streng chronologischen Zeitlinie lösen, die von menschengeschaffenen Uhren und Kalendern – unseren linkischen Versuchen, die Zeit einzufangen und in Augenblicke aufzuteilen, einer kürzer als der andere – definiert wird? Besitzen Wahrsager die Fähigkeit, die Zeit unabhängig von ihrer Position in der Gegenwart zu betrachten, wie Beobachter, die nicht an die von uns als absolut betrachtete Zeitlinie gebunden sind? Unser Schicksal ist in dem Augenblick besiegelt, in dem wir geboren werden, glauben die Astrologen. Wenn das Dasein also vorherbestimmt ist, müsste es in der Theorie auch vorhersehbar sein. So wie ein Astronom die Bahn eines Kometen auf Basis seiner bisherigen Route und der Einflüsse aller anderen Himmelskörper, die er passiert, vorhersehen kann, müsste ein Mensch mit hellseherischen Fähigkeiten doch auch zukünftige Ereignisse sehen können. Sollte man meinen. Wahrsagen heißt, die Zeit aufzuheben. Aber was geschieht in dem Augenblick mit den Berechnungen des Astronomen, in dem ein unbekannter Faktor – ein unentdeckter Asteroid, die Gravitation eines schwarzen Lochs – völlig unerwartet die Bahn des Kometen beeinflusst? Dann brechen alle Vorausberechnungen zusammen. An den Hellseher wird die Komplexität des Daseins die gleichen Herausforderungen stellen. Denn selbst wenn unser Leben vorhersehbaren Faktoren unterworfen ist, bestimmt von Himmelskörpern und Göttern, ist es nur schwer vorstellbar, dass unser Schicksal nicht durch unvorhersehbare Ereignisse in eine andere Richtung als die gelenkt werden kann, die ursprünglich bei unserer Geburt für uns festgelegt wurde.
Es sei denn, auch das Unvorhergesehene ist Teil einer Ganzheit, in der alles, absolut alles, der mächtigen Hand Gottes oder des Schicksals unterworfen ist.
II
»Bjørn Beltø?«
Es war früher Abend. Ich saß vor mich hin dösend in der Bar des Kulturzentrums Castello Catullus. Als Silvio Berlusconi
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