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Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege

Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege

Titel: Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tariq Ali
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gelernt. Er hat auch daraus gelernt, dass die demokratischen Wählern bei den Wahlen in Scharen daheim geblieben sind.«
    Dabei hatte Obama kurz nach der Wahl die Whistle-blower noch gepriesen: Zuträger und Tippgeber seien »oft genug die wichtigste Informationsquelle über Verschwendung, Betrug und Missbrauch im Staat«. Als hätte der Fall Manning noch nicht gereicht, ließ der Präsident nun auch Thomas Drake, einen hochrangigen Beamten im Geheimdienst NSA (und eingeschriebenes Mitglied der Republikaner) als »Staatsfeind« anklagen. Jane Mayer prangerte die Dämonisierung Drakes an und staunte im New Yorker : »Die Regierung Obama geht überraschend rigoros gegen Tippgeber vor. Inklusive des Falls Drake beruft sie sich in nun mehr fünf Fällen von angeblichem Geheimnisverrat auf das Anti-Spionage-Gesetz und fordert hohe Strafen. Das sind mehr Fälle als in der gesamten amerikanischen Geschichte zusammen.« Den Fall Drake hat Obama noch von Bush geerbt. Mayer zitierte in ihrem Artikel Gabriel Schoenfeld, einen konservativen Politikwissenschaftler am Hudson Institute: »Er plädierte 2010 in seinem Buch Necessary Secrets für einen besseren Schutz geheimer Informationen. Er schrieb: ›Ironischerweise geht Obama drakonischer gegen Geheimnisverräter vor als sonst irgendjemand in unserer Geschichte, selbst als Nixon.‹« 103
    Was war Drakes »Verbrechen«? Er hatte keine militärischen Geheimnisse an feindliche Mächte verkauft, sondern einem Journalisten der Baltimore Sun von der allgegenwärtigen Verschwendung, von Betrug und Machtmissbrauch in der NSA erzählt. Der machte daraus eine höchst informative und interessante Artikelserie. Diesen Dienst an der Öffentlichkeit stufte das Establishment als Hochverrat ein. Drake musste bestraft werden, zur Abschreckung anderer. Darin zeigt sich die ewig gleiche Denkweise des Überwachungsstaats. Auch wenn das Personal ausgewechselt wurde, die politische Physiognomie der Republik nach dem 11. September bleibt die Gleiche. Das macht die Leute so verbittert. Thomas Drake hatte sich von Obama Besseres erwartet, ebenso wie viele andere, die eine Aufhebung des Patriot Act erhofften, den Bush nach dem 11. September 2011 so mühelos durchbekommen hatte. Nichts da. Im Mai 2011 verlängerte Obama den Patriot Act um weitere vier Jahre.
    Wie enttäuscht ehemalige Obama-Fans von ihrem Präsidenten mittlerweile sind, zeigt sich exemplarisch an Cornel West, einem bekannten afroamerikanischen Professor in Princeton. West hatte im Wahlkampf laut für Obama getrommelt und sich mit ihm über den Sieg gefreut (sich aber später darüber geärgert, nicht zur Amtseinführungsfeier eingeladen worden zu sein). Zwei Jahre beobachtete West den neuen Präsidenten, dann platzte ihm der Kragen. Im Mai 2011 brach er öffentlich mit Obama. West erklärte, er wisse gar nicht mehr, warum Obama überhaupt regieren wolle. Vielleicht aus reiner Machtlust; Obama scheine von einem einzigen Gedanken besessen zu sein: zu herrschen, und zwar über zwei Amtsperioden. Der heitere, sonnige Nachmittag, den viele Amerikaner nach seinem Sieg er wartet hatten, würde nie kommen. West begründete seine Kritik stichhaltig, aber natürlich war er auch naiv gewesen, Obamas Wahlversprechen für bare Münze zu nehmen. Wie konnte er nur glauben, Obamas Financiers von der Wall Street würden später kein gewaltiges Wort mitreden? Cornel West ist, wie viele andere Linke, auch deswegen so wütend (auf sich selbst), weil er sich Illusionen gemacht hatte und nun betrogen sah:
    Stellen Sie sich vor, Obama hätte als Präsident das amerikanische Volk darüber aufgeklärt, wie die Finanzkatastrophe passieren konnte und welche Gier am Werk gewesen war. Stellen Sie sich vor, er hätte uns erläutert, welche Haftungsregeln das Land brauchte. Stellen Sie sich vor, er hätte die Hypothekenschuldner gerettet statt die Investmentbanken. Stellen Sie sich vor, er hätte ein massives Arbeitsbeschaffungsprogramm beschlossen. Dann hätte der dem rechten Populismus der Tea Party den Wind aus den Segeln genommen. Die Tea-Party-Anhänger haben recht, wenn sie die Regierung als korrupt bezeichnen. Denn sie ist korrupt. Konzerne und Banken haben die Regierung gekapert und völlig korrumpiert.
    Noch harscher ging die afroamerikanische Rechtswissenschaftlerin Michelle Alexander mit dem Präsidentenduo Bush und Obama ins Gericht. Sie räumte mit den Illusionen von der Farbenblindheit der amerikanischen Gesellschaft auf und sagte, für

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