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Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege

Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege

Titel: Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tariq Ali
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amerikanischen Geheimdienst-Budgets und verfügt in Fort Meade über ein 20-Quadratkilometer-Gelände, das mit Iris-Scannern und Gesichtserkennungssoftware geschützt wird. Es heißt, ihre Stromrechnung betrage mehr als 70 Millionen Dollar im Jahr.«
    104 Michelle Alexander: The New Jim Crow. Mass Incarceration in the Age of Colorblindness , New York, 2010.
    105 Chris Hedges: »The Obama Deception. Why Cornel West Went Ballistic«, TruthDig, 16. Mai 2011.
    106 J. S. Hacker/ P. Pierson: Winner-Take-All Politics , New York, 2010.
    107 Passage aus Bertolt Brechts Lehrgedicht »Lob des Zweifels«, in: G roße kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe , 1988–2000, Band 11, Suhrkamp.

ANHANG 1
    Briefe aus der Notaufnahme von Dr. Teri Reynolds
    Ich bin in einem Wohnwagenpark in Texas aufgewachsen und glaubte deshalb durchaus etwas von schlechter medizinischer Versorgung und vielleicht sogar von Armut zu wissen. Bis ich in einer Notaufnahme in Oakland zu arbeiten begann. Die Notaufnahme meines staatlichen Krankenhauses behandelt im Jahr etwa 75000 Patienten, also 200 am Tag. Es gibt 43 Betten, wegen der Überbelegung stehen Ex trabetten in den Gängen, die irgendwann zu offiziellen Be handlungsräumen erklärt wurden. Erst Gang 1, dann ein Jahr später Gang 2, und jetzt noch Gang 3. Nachts tun üblicherweise ein Oberarzt, zwei Assistenzärzte, zwei Praktikanten und etwa zehn Schwestern Dienst. Von vormittags bis etwa zwei Uhr nachts, den betriebsamsten Stunden, arbeiten zwei Oberärzte.
    In staatliche Krankenhäuser wie unseres kommen hauptsächlich Leute ohne Krankenversicherung. Auch Ältere und Behinderte mit Anrecht auf Medicare und Medicaid könnten zu uns, meistens gehen sie aber woanders hin. Nur wer keine Versicherung, kein Geld und keine Alternative hat, landet bei uns. Unsere Hauptaufgabe ist die Erstversor gung. Manche Patienten segnen mich, weil ich mir Zeit für sie nehme – nachdem sie 18 Stunden gewartet haben, um sich ein Rezept erneuern zu lassen. Ein anderer grüßt mich regelmäßig mit: »He, Schlampe, bring mir ein Sandwich!« Ich hatte einen Patienten, der seine private Krankenversicherung verschwieg, um weiter in »sein« Krankenhaus gehen zu dürfen, in dem er auch geboren worden war. Doch die meisten unserer Patienten haben das Gefühl, ganz unten angelangt zu sein, wenn sie sich keine andere Behandlung mehr leisten können.
    Rund 47 Prozent unserer Patienten sind Afroamerikaner, 32 Prozent Hispanics. Regelmäßig brauchen wir telefonische Übersetzerdienste für Mongolisch und Eritreisch. Wir sehen auch viele Patienten, die eigentlich zum Mittelstand gehörten, aber aus dem System fielen, als sie ihren Job verloren. Bei den meisten Amerikanern ist die Krankenversicherung an einen Job gebunden, ihren eigenen oder den eines Familienmitglieds. Nicht selten geben die Menschen als Hauptgrund für den Besuch des Krankenhauses an: »Versicherung verloren«, »Kaiser verloren« (Kaiser ist der größte Gesundheitskonzern Kaliforniens), »Lost to Follow-Up« oder schlicht »Lost«. Doch wir wissen alle, was gemeint ist. Jede Woche bekommen wir Patienten mit unbehandelten chronischen Leiden, die sagen: »Alles war prima, bis ich meinen Job verlor und keine Medikamente mehr bekam.«
    Einige Patienten sind tatsächlich Notfälle – jedes Jahr versorgen wir etwa 2500 schwere Traumata: Schuss- und Stichwunden, Sturzverletzungen, Folgen von Autounfällen und Überfällen. Oft sind dabei Alkohol und Drogen im Spiel. Im Jahr 2008 geschahen allein in Oakland 124 Morde, fast alle mit Schusswaffen. Die meisten Opfer waren schon vorher mit Gewalt in Berührung gekommen. Ständig landen Teenager mit Schussverletzungen in der Notaufnahme, ihre Arme sind voller Gang-Tätowierungen. Bei der Anlieferung fluchen, brüllen und schlagen sie um sich. Erst am nächsten Tag entpuppen sie sich als die Kinder, die sie noch sind, kleinlaut neben ihren am Bett sitzenden Müttern. Wir sehen auch die Zufallsopfer: Schüler, die auf dem Nachhauseweg angeschossen wurden, den alten Chinesen, der beim Zeitungholen von einer verirrten Kugel getroffen wurde, die Mutter, die sich schützend vor ihren Sohn stellte und erschossen wurde. Der Junge gab der Polizei gegenüber an, er haben den Schützen nicht gekannt, doch am nächsten Tag hörte eine Krankenschwester, wie er seine »Jungs« zur Vergeltung anstachelte. Gewalttaten wie diese verwan deln Opfer zu Tätern. Meine erste »Todesnachricht« als Assistenzärztin musste ich einer

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