Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege
Feierlichkeiten zum Geburtstag der Queen abzusagen.
Ein halbes Jahr später zogen die Briten nach 128-jähriger Kolonialherrschaft aus Aden ab – der dortige Hafen hatte nach der Schließung des Suezkanals ohnehin deutlich an Wert eingebüßt. Am 20. November 1967 verschwand der letzte Britische Hochkommissar Humphrey Trevylan mit einem flüchtigen Winken am Flugzeug, das ihn nach London zurückbrachte. Zum Abschied spielte die Kapelle der Royal Navy die Melodie von »Fings Ain’t Wot They Used T’Be« (Es ist alles nicht mehr so, wie es früher einmal war).
Die National Front hatte gewonnen, aber einen Plan für den Wiederaufbau des Landes hatte sie nicht. Zudem war sie ein Zusammenschluss von allen möglichen linken Gruppen: moskautreuen Kommunisten, Maoisten, Che-Guevara-Anhängern, dazu ein paar Trotzkisten und stramme Nationalisten. Über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion – zu der es am 3. Dezember 1967 kam – war man sich schnell einig, aber dann begannen auch schon die Streitereien. Auf dem NF -Kongress setzte eine radikalere Fraktion eine Resolution durch, die eine Agrarreform, den Kampf gegen den Analphabetismus, die Gründung einer Volksmiliz sowie die Säuberung der staatlichen Bürokratie und der Armee forderte, dazu die Unterstützung des palästinensischen Widerstands und die enge Kooperation mit der Sowjetunion und mit China.
In der gewählten Führung der NF dominierten die linken Kräfte. Als bewaffnete Guerilla-Einheiten anfingen, die Militärlager zu umstellen und den Offizieren ihre Waffen abzunehmen, reagierte die Armee mit einem Putschversuch, der beinahe einen Bürgerkrieg ausgelöst hätte. Im Frühjahr 1968 wurde klar, dass der rechte Flügel der NF nicht gewillt war, die Forderungen des Parteikongresses umzusetzen. Daraufhin entstand eine »Bewegung des 14. Mai«, die das Volk zur Unterstützung der Reformen mobilisieren wollte. Es folgten Zusammenstöße mit dem Militär. Die Rechte sah sich zunächst als Sieger über die Organisatoren der Bewegung des 14. Mai, der sie vorwarf, »eine Revolution innerhalb der Revolution« betrieben zu haben. Aber nach einem weiteren Jahr hatte die Linke wieder die Oberhand gewonnen.
Mit der Verfassung von 1970 wurde das Land zur Demokratischen Volksrepublik Jemen ( DVRJ ) erklärt und der Sozialismus ausgerufen – gegen den Rat Chinas und der Sowjetunion. 111 Was folgte, war ebenso tragisch wie vorhersehbar: Ein ökonomisch rückständiger Staat machte sich an den Aufbau von Strukturen, die nur den Mangel institutionalisierten. Dabei hätte der Aufbau einer Industrie in Form von staatlichen Unternehmen sogar sinnvoll sein können, wenn man nicht zugleich ein totales Verbot der existierenden Kleinunternehmen durchgesetzt hätte.
Das politische System beruhte auf staatlich kontrollierten Massenmedien, einer strikten Zensur und dem absoluten Monopol der Jemenitischen Sozialistischen Partei ( JSP ). Das alles sprach nicht nur dem Sozialismus Hohn, sondern auch den Versprechen, die in den Zeiten des antikolonialen Kampfs gemacht wurden. Unbestreitbar ist allerdings, dass der Aufbau eines neuen Schulsystems und einer Gesundheitsversorgung für alle sowie die Verbesserung der Rechte der Frauen einen Riesenfortschritt und ein Novum für die Region darstellten. Die Saudis jedenfalls waren nicht erfreut.
Erwartungsgemäß begannen Anfang der 1980er die Nachbarländer des Südjemen – Saudi-Arabien, die Golfstaaten, Nordjemen – mit Unterstützung der Reagan-Regierung eine Gegenrevolution zu organisieren. Vorbild waren die Contras in Nicaragua, die damals gegen die Sandinisten-Regierung kämpften. Ein geeignetes Instrument fanden sie in Ali Nasir Muhammad, einem brutalen, machtbesessenen, fast analphabetischen Apparatschik. Der war 1980 zum Präsidenten der DVRJ gewählt worden, nachdem sein Vorgänger, der charismatische Abdul Fattah Ismail, aus »gesundheitlichen Gründen« zurückgetreten war. Ismail kehrte erst 1985 nach einer langen Rekonvaleszenz aus Moskau zurück. Er hatte eine führende Rolle im Kampf gegen die britische Kolonialmacht gespielt und genoss deshalb noch große Unterstützung. Bald nach seiner Rückkehr wurde er erneut ins Politbüro der Staatspartei gewählt, wo er eine Mehrheit der Mitglieder hinter sich hatte.
Am 13. Januar 1986 fuhr Ali Nasirs Staatskarosse vor dem Gebäude des Zentralkomitees der Partei vor. Dort fand eine Sitzung des Politbüros statt, zu der Ali Nasir allerdings nicht erschien.
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