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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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sich eine dünne Zigarette an. Sie wusste genau, dass Bogdan wie alle Bewohner der Verborgenen Stadt auf Zigarettenrauch allergisch reagierte, doch das schien sie wenig zu kümmern. »Hast du Probleme?«
    Sie hatte ein hübsches Gesicht mit großen veilchenblauen Augen, einer kleinen Nase, vollen Lippen und schmalen Augenbrauenbögen. Schminke hatte sie nur sehr dezent aufgelegt, doch Bogdan mutmaßte, dass die Zauberin neben Humo-Kosmetik auch Mittel einsetzte, die gewöhnlichen Frauen nicht zugänglich waren. In ihrem für Humo-Maßstäbe nicht mehr ganz jungen Alter konnte man ihr das auch nicht verdenken.
    »Hast du Probleme?«, wiederholte Kara, ohne vom Wasser aufzusehen.
    »Ja.«
    »Etwas Ernstes?«
    »Ich komme zurecht.«
    »Dann lass uns zur Sache kommen. Ich habe nicht viel Zeit.« Kara inhalierte noch einmal tief und warf die Kippe ins Wasser. »Ich habe meinen Teil unserer Abmachung erfüllt. Nun bist du an der Reihe.«
    Bogdan erwiderte nichts.
    »Ich gehe doch schwer davon aus, dass du dein Wort halten wirst.«
    In ihrer Stimme schwang nicht der geringste Zweifel mit, und der Ritter bewunderte die Selbstsicherheit der Frau.
    »Und wenn nicht?«
    »Ich werde mich doch nicht in einem Kriegskommandeur getäuscht haben?«, sagte Kara spitz. »Die Ritter des Ordens stehen in dem Ruf, dass ihnen ihre Ehre wichtiger als ihr eigenes Leben ist.«
    »Und wenn es nicht nur um ihr eigenes Leben geht?«
    »Wenn du alles verlierst, bleibt dir immer noch deine Ehre. Wenn du jedoch deine Ehre verlierst, bleibt dir nichts«, zitierte Kara gelassen. »Das ist ein Humo-Spruch, aber ich denke du verstehst, was gemeint ist.«
    Bogdan nickte. »Jemand versucht, mir in die Quere zu kommen.«
    »Wer?«
    »Söldner unter dem Kommando von Cortes beschützen die junge Frau, die als letztes Opfer vorgesehen ist.«
    »Du lässt dich von Humos einschüchtern?«
    »Hinter ihnen steht der Dunkle Hof.«
    »Das ist doch sicher nur ein Verdacht.« Kara lächelte kühl. »Niemand weiß, dass du ein Traumarkan wirkst. Und selbst wenn es jemand wüsste, würde dir nichts passieren, solange es nicht abgeschlossen ist. Du stehst unter dem Schutz des Ordens. Würde man einem Magier deines Ranges grundlos nach dem Leben trachten, könnte das einen Krieg auslösen.«
    »Santiago wird sich die Chance, einen Kriegskommandeur zu beseitigen, nicht entgehen lassen.«
    »Selbst wenn du das Arkan zum Abschluss bringst, können die Nawen nicht viel mehr tun, als offiziell Anklage gegen dich zu erheben und dann die Reaktion des Ordens abzuwarten. Der Großmagister ist sicher nicht erpicht darauf, einen seiner Kriegskommandeure zu verlieren.« Kara löste den Blick endlich vom Wasser und richtete ihre veilchenblauen Augen auf den Ritter. »Ich wüsste nicht, aus welchem Grund du unsere Abmachung nicht einhalten solltest.«
    Kara blieb völlig unbeirrt und ruhig. Sie wusste mehr über Bogdan, als der in seinen einhundertvier Lebensjahren selbst über sich herausgefunden hatte.
    »Ich halte mich natürlich an unsere Abmachung«, erwiderte der Ritter würdevoll. »Ich werde niemals und niemandem verraten, woher ich weiß, wie das Traumarkan funktioniert, und …«
    »Und …?« Kara lächelte erwartungsvoll.
    Die Wangen des Kriegskommandeurs zuckten.
    »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten.«
    »Ich höre.«
    »Gib mir Deckung während des Arkans. Gib den Morjanen den Befehl, den Thron der Kraft zu bewachen.«
    »Wo befindet er sich?«
    »Auf den Sperlingsbergen. Heute um sechzehn Uhr.« Bogdan seufzte. »Ich kann nicht gleichzeitig das Arkan vollenden und mich verteidigen.«
    »Gut.« Karas veilchenblaue Augen wirkten ehrlich. »Ich werde deine Bitte erfüllen.«
    »Dann sind wir uns einig.«
    Bogdan öffnete seine Tasche und übergab der Frau den massiven goldenen Armreif, der früher einmal der Fate Mara gehört hatte.
    Buchhandlung von Genbek Hamzi
Moskau, Alter Arbat
Samstag, 16. September, 14:09 Uhr
     
     
    Die Ladenglöckchen bimmelten, und die Tür ging auf, doch bevor Santiago eintreten konnte, musste er eine hochgewachsene Blondine vorbeilassen, die ihm mit verweinten Augen entgegenkam.
    »Kommen Sie jederzeit wieder, Larissa. Der alte Genbek freut sich immer über Ihren Besuch.«
    Die junge Frau drehte sich noch einmal um und nickte: »Auf Wiedersehen, Genbek, und vielen Dank!«
    »Nichts zu danken!« Als der Schatyr den Kommissar erblickte, formten seine Gesichtsrunzeln ein erwartungsfrohes Lächeln. »Schön, Sie zu sehen, Santiago,

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