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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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haben Sie beschlossen, sich aufs Neue dem Bücherstudium zu widmen?«
    »So weit kommt es noch, Genbek.« Der Kommissar sah der davonstöckelnden jungen Frau hinterher. »Laufkundschaft? «
    »Sie hat versucht, mich zu bestehlen.«
    »Was Sie nicht sagen«, wunderte sich der Kommissar und trat ein. »Sie hat doch nicht etwa eine Pistole gezogen? «
    »Nein, sie hat es mit einem Trugbild versucht.«
    »Unerhört«, entrüstete sich der Naw. »Die Leute haben einfach keine Achtung mehr vor dem Privateigentum. «
    »Mir gibt etwas anderes zu denken«, erwiderte der philosophisch gestimmte Genbek. »Warum setzen die Humos jede neue Errungenschaft sofort in böser Absicht ein? Kaum hatten sie das Pulver erfunden, schossen sie mit schwerer Artillerie um sich, und nach der Entdeckung der Kernspaltung fiel ihnen nichts Besseres ein, als Atombomben zu bauen. Es scheint ein Völkchen mit selbstmörderischen Neigungen zu sein.«
    »Ganz im Gegenteil«, widersprach Santiago. »Die Humos haben einen zu stark ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb. Sie sehen in allem und jedem eine Bedrohung und haben immer das Gefühl, zu kurz zu kommen. Diese unterschwelligen Ängste kanalisieren sie in einer übersteigerten Aggressivität und uferlosen Gier. Ich würde diese Verhaltensstörung als ganz gewöhnliche Paranoia interpretieren.« Der Kommissar wiegte nachdenklich den Kopf und fügte hinzu: »Wie sind Sie übrigens mit der jungen Dame verfahren?«
    »Ich habe ihr die Visitenkarte einer Zaubereischule des Grünen Hofs gegeben, in der auch Humos aufgenommen werden«, antwortete Genbek achselzuckend. »Dort wird sich herausstellen, ob sie Talent hat.«
    »Und wie haben Sie sie bestraft?«
    »Gar nicht.«
    »Genbek, ich erkenne Sie nicht wieder.«
    Der Schatyr wunderte sich selbst darüber, dass er Larissa nicht wirklich böse sein konnte. Doch nun hielt er es für besser, seine sentimentale Anwandlung abzustreifen und seine Aufmerksamkeit auf das Geschäftliche zu konzentrieren.
    »Was kann ich für Sie tun, Kommissar? Suchen Sie ein bestimmtes Buch?«
    Santiago schüttelte den Kopf.
    Genbeks Buchhandlung gehörte zum Geschäftsimperium der Handelsgilde, das die Verborgene Stadt wie ein Netzwerk durchzog, um die geldwerten Bedürfnisse seiner Bewohner lückenlos zu befriedigen. Die Schatyren konnten buchstäblich alles besorgen und innerhalb kürzester Zeit an einen beliebigen Ort liefern – allerdings erst nach Geldeingang. Bestellungen jeglicher Art konnten in allen Supermärkten und Geschäften der Handelsgilde getätigt werden, außerdem telefonisch oder per Internet. Die Schatyren scheuten keinen technischen Aufwand, um ihren Kunden ein komfortables Einkaufen zu ermöglichen.
    Santiago zog es dennoch vor, sich in den Laden seines alten Bekannten Genbek Hamzi zu bemühen, um seine Bestellungen persönlich aufzugeben. Dies hatte den angenehmen Nebeneffekt, dass sie nicht in der Datenbank der Handelsgilde erfasst wurden.
    »Also kein Buch«, seufzte der alte Mann enttäuscht und zog sein Notizbuch hervor. »Was darf es sonst sein?«
    »Als Erstes benötige ich Papiere.« Santiago stützte sich mit dem Ellbogen auf den Ladentisch und fuhr nachdenklich mit dem Finger über die Geschichte der Artefakte , die immer noch dort lag. »Und zwar das volle Programm: Personalausweis, Führerschein, Sozialversicherungskarte … Kurz und gut, ich brauche einen Humo auf dem Papier, Genbek, und kümmern Sie sich auch um eine Wohnung für ihn.«
    »Möchten Sie eine Wohnung für ihn kaufen?«, erkundigte sich der Greis mit Dollarzeichen in den Augen.
    »Mieten genügt«, entgegnete der sparsame Naw. »Er ist nicht aus Moskau.«
    »Wann brauchen Sie die Papiere?«
    »In einer, spätestens in zwei Stunden.«
    »Hm …« Genbek massierte seine Nasenspitze. »Das wird knapp, aber für Sie werden wir es möglich machen, Kommissar. Wie sieht es mit Foto und Namen aus?«
    »Ein Foto?« Santiago richtete den Röntgenblick seiner schwarzen Augen auf Genbek. »Haben Sie ein Foto des Kriegskommandeurs Bogdan le Sta?«
    »Finden wir in der Datenbank.«
    »Dann stellen Sie die Papiere mit diesem Foto aus. Einen Namen können Sie sich selbst ausdenken.«
    »Gut.«
    Im Gesicht des alten Schatyren zuckte kein Muskel, obwohl ihm sofort klar war, was Santiago vorhatte: Er wollte den Tschuden beseitigen und seinen rothaarigen Kopf der Humo-Polizei unterschieben.
    »Brauchen Sie sonst noch etwas?«
    »Einen Maikäfer – wenn möglich einen

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