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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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lassen. «
    Sergej wedelte mit der Hand: »Auweh, das gibt Krieg.«
    »Keine Sorge, das werden wir verhindern.« Kornilow sah seinen Stellvertreter erwartungsvoll an. »Was hast du über Serebrjanz herausgefunden?«
    »Über Serebrjanz …« Schustow blies seine dicken Backen auf und wischte sich abermals die Stirn trocken. »Lew Moisejewitsch Serebrjanz. Gebürtiger Moskauer. Zweiundfünfzig Jahre alt, ledig, genauer gesagt geschieden – seine Frau hat ihn vor zwölf Jahren verlassen –, keine Kinder.«
    »Ist er tatsächlich Professor?«
    »Ja. Er hat Geschichte studiert, ist danach am Lehrstuhl geblieben, hat seinen Doktor gemacht und dann eine Professur angenommen – im Prinzip eine erfolgreiche Universitätskarriere.«
    »Warum hat ihn dann seine Frau verlassen?«, erkundigte sich Kornilow schmunzelnd.
    Der Major drückte seine Zigarette aus und zündete sich sofort die nächste an. Sergej sah ihn missbilligend an, verkniff sich jedoch jeden Kommentar. Er hatte sich längst damit abgefunden, dass sein Chef ein notorischer Kettenraucher war.
    »Vor fünfzehn Jahren hat Lew Moisejewitsch Serebrjanz die Fachwelt mit einer äußerst umstrittenen Theorie verblüfft. Er behauptete allen Ernstes, dass die Menschen nicht die einzigen vernunftbegabten Wesen auf der Erde seien. Dabei dachte er jedoch nicht etwa an kluge Affen oder Delfine, sondern an mächtige Zivilisationen aus vormenschlicher Zeit, deren Nachkommen angeblich in unserer Welt leben. Ich habe mit einem alten Freund von Serebrjanz telefoniert, der wäre, wenn nötig, bereit, uns mehr über diese Theorie zu erzählen.«
    »Haben seine Kollegen ihn ausgelacht?«
    »Logisch«, bestätigte Sergej. »Zunächst hielt man seine Theorie für einen dummen Scherz, doch Serebrjanz verteidigte seine Hypothesen so starrköpfig, dass er sich schließlich mit der gesamten Fachwelt zerstritt. Das bedeutete das Aus für seine Karriere, und es wurde sogar erwogen, ihm seinen akademischen Titel abzuerkennen. Lew Moisejewitsch verließ die Universität und versuchte sich als Freiberufler. Er organisierte Vorträge und Seminare, in denen er seine Theorien propagierte. Zu Anfang hatte er auch Erfolg damit – Ende der achtziger Jahre waren die Leute noch empfänglich für solche Märchen. Du kannst dich sicher daran erinnern: Hellseher, UFOs, Atlantis, Yetis und all dieser Kram – so was war damals in. Doch mit der Zeit verloren die Leute das Interesse an Serebrjanz, er verlor seine Zuhörerschaft, und inzwischen ist seine Missionarstätigkeit so gut wie beendet. In den letzten zwei Jahren hat er nur eine einzige Vortragsreihe gegeben, der Titel lautete …« Schustow streckte sich zu seinem Schreibtisch und zog ein Blatt Papier aus dem Stapel. »Hier: Recht auf Leben war der Titel und das Thema wieder dasselbe: die Existenz nicht-menschlicher, vernunftbegabter Wesen auf der Erde.«
    Kornilow nickte nachdenklich: »Hat er denn irgendwelche Beweise für seine Theorie vorgebracht?«
    »Keine stichhaltigen«, antwortete der Kapitän und sah seinen Chef verwundert an.
    »Und was macht Serebrjanz jetzt?«
    »Gelegentlich schreibt er Artikel in Esoterikzeitschriften. Ansonsten lebt er von seinen Ersparnissen, wettert in Leserbriefen gegen die Ignoranz der Menschheit und hofft darauf, dass ihm irgendwann einmal jemand glaubt.«
    Im Prinzip war das die nicht ganz ungewöhnliche Geschichte eines verblendeten Eiferers.
    »Der Prophet im eigenen Land ist nichts wert«, resümierte der Major. »Vielen Dank, Sergej.«
    »Gern geschehen.« Der dicke Kapitän legte den Kopf schief und zwinkerte verschmitzt. »Willst du mir nicht verraten, warum dich dieser Serebrjanz interessiert?«
    »Heute Morgen gab es in der Jablotschkow-Straße einen dubiosen Vorfall – Mord oder Vandalismus –, die Sache ist nicht so ganz klar, jedenfalls blickten die Kollegen von der Inspektion dort nicht durch und haben mich gerufen«, erläuterte der Major betont sachlich. »Serebrjanz war Zeuge dieses Vorfalls, doch er hat sich äußerst merkwürdig benommen. Deshalb schien es mir ratsam, ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich hatte den Eindruck, dass er sich absichtlich dumm stellt, aber anscheinend ist er tatsächlich nicht ganz richtig im Kopf.«
    »Ist das wirklich der einzige Grund?«, hakte Sergej nach, und das spitzbübische Grinsen stand immer noch in seinem Gesicht.
    »Wieso?« Kornilow zog misstrauisch die Brauen hoch.
    Schustows Gesichtsausdruck wurde ernst: »Ich habe mit einem meiner Informanten

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