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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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den Kommissar des Dunklen Hofs! Wie wir soeben erfuhren, haben heute Nachmittag vier Usurpatoren versucht, Santiago zu töten. Zum Zeitpunkt des Anschlags befand sich der Kommissar in Genbeks Buchhandlung am Arbat. Der einzige überlebende Angreifer ist in die Burg geflüchtet. Der Pressesprecher des Herrscherhauses Tschud hat den Vorfall bereits bedauert und sprach von einem Missverständnis. Die Buchhandlung von Genbek Hamzi ist eine der ältesten in der Verborgenen Stadt und verfügt über eine beeindruckende Büchersammlung, die für die Bibliotheken der Herrscherhäuser eine echte Konkurrenz darstellt. Zu den Kunden des Geschäfts gehören etliche bedeutende Magier der Verborgenen Stadt …« T-GRAD-COM
    T-GRAD-COM
    Die Burg, Hauptquartier des Herrscherhauses Tschud
Moskau, Wernadski-Prospekt
Samstag, 16. September, 14:15 Uhr
     
     
    »Ich hoffe sehr, dass du eine plausible Erklärung für diesen Vorfall hast, Franz.«
    Die eisige Kälte, die aus Leonard de Saint-Carrés Stimme drang, hätte einem Polarsturm zur Ehre gereicht. Der Großmagister des Herrscherhauses Tschud hatte den Kriegsmeister Franz de Geer in sein Kabinett zitiert. Der großzügige, prunkvoll eingerichtete Raum grenzte direkt an den Thronsaal und war mit samtbezogenen Polstersesseln bestückt. Doch der Gebieter des Ordens dachte überhaupt nicht daran, dem Kapitän seiner Garde eine der bequemen Sitzgelegenheiten anzubieten. Der Blick des alten Mannes durchbohrte den Kriegsmeister und seine faltigen Hände umkrallten zornig die vergoldeten Armlehnen seines Sessels.
    »Ich möchte wissen, was hier gespielt wird, Franz! Warum haben unsere Ritter Santiago überfallen?«
    »Sie haben im Auftrag von Bogdan le Sta gehandelt.«
    »Aha. Ist der neuerdings Kapitän der Garde?!«, donnerte der Großmagister wütend.
    Franz de Geer senkte den Blick.
    »Hast du deine Untergebenen unter Kontrolle oder nicht? Wir haben drei Usurpatoren verloren, Kapitän! Drei Kriegsmagier an einem Tag! Warum hat le Sta Santiago diese Grünschnäbel an den Hals gehetzt? Was hat sich dieser Idiot dabei gedacht?«
    »Ich glaube …«
    »Du glaubst?!!«, polterte de Saint-Carré. »Es kümmert mich einen feuchten Kehricht, was du glaubst! Ich habe soeben einen Anruf aus dem Dunklen Hof erhalten, was meinst du, haben sie protestiert?«
    Der Kapitän der Garde blickte verschämt auf den kleinen Rubin an seinem linken kleinen Finger. Der Gardistenring war der einzige Schmuck, den er sich leistete.
    »Haben sie nicht, wenn du es wissen willst! Sie haben ihre Verwunderung zum Ausdruck gebracht. Ihre Ver-wund-de-rung!!! Sie ließen ausrichten, dass der Kommissar nicht den Anschlag an sich als Beleidigung empfindet, sondern das zweitklassige Personal, das wir geschickt hätten, um ihn zu liquidieren. Der Pressesprecher des Dunklen Hofs hat gegrunzt wie ein Schwein, als er versuchte, sich das Lachen zu verkneifen!« De Saint-Carré schlug mit der Faust auf den Tisch. »Wo ist Bogdan le Sta?!«
    »Der Kriegskommandeur hat den Gardestandort vorübergehend verlassen«, antwortete Franz, der zur Abwechslung auf seine Schuhe starrte. »Er ist nicht in der Burg.«
    »Wo ist er dann?« Der Großmagister hatte ordentlich Dampf abgelassen und beruhigte sich allmählich. »Was geht hier überhaupt vor?«
    Der Kapitän seufzte und beschloss, mit der Wahrheit nicht länger hinter dem Berg zu halten.
    »Bogdan wirkt einen verbotenen Zauber.«
    Während der Sinn dieses Satzes allmählich ins Bewusstsein des Großmagisters durchsickerte, spiegelte sich auf seinem Gesicht ein ganzer Reigen von Emotionen: zunächst ungläubiges Staunen, dann Fassungslosigkeit, Wut, Zorn und zuletzt tiefe Resignation. De Saint-Carré sank in sich zusammen und stützte den Kopf in die Hände. Vor dem strammstehenden Kriegsmeister saß ein gewöhnlicher, ergrauter alter Mann, an dessen linkem Auge ein einsames Äderchen zuckte. Franz wäre am liebsten im Boden versunken. Hätte der Großmagister doch weitergebrüllt!
    Stattdessen wurde er käseweiß im Gesicht und erkundigte sich tonlos: »Was für einen Zauber?«
    »Offenbar ein Traumarkan .«
    Der Greis schüttelte den Kopf: »Hat es schon Opfer gegeben?«
    »Aller Wahrscheinlichkeit nach, ja. Unsere Analytiker prüfen das gerade. Bald bekommen wir genauere Informationen und …«
    »Erzähl mir keine Geschichten«, winkte de Saint-Carré ab. »Tötet er Humos?«
    »Ja.«
    »Die anderen Herrscherhäuser werden uns die Hölle heißmachen.« Der Großmagister seufzte.

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