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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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voraussehen, wie das enden würde. Welcher Teufel hatte ihn da geritten? Liebe? Wie Mitara behauptete?
    Im Übrigen drohte Bogdans Kind keinerlei konkrete Gefahr, wenn man einmal davon absah, dass es unter normalen Umständen als Schwarze Morjane zur Welt kommen würde. Mitara hatte geklagt, es sei erniedrigend, sein Dasein als Wandelwesen zu fristen. Wollte Bogdan das seinem Kind ersparen?
    Andererseits: Wieso sollten andere ihr Leben dafür lassen? Völlig unbeteiligte Humos, die Bogdan nicht einmal kannte und trotzdem einen nach dem anderen eiskalt abgeschlachtet hatte. Rechtfertigte es das vermeintliche Lebensglück seines Kindes, dass der Ritter über Berge von Leichen ging?
    Fragen über Fragen, die Jana durch den Kopf spukten. Dieser Bogdan war eine zutiefst widersprüchliche Person.
    »Jana, können Sie mich hören? Wie ist die Lage bei Ihnen?«
    Entschlossen steckte die junge Frau das Magazin an seinen Platz und lud das Gewehr durch.
    »Alles bestens, Kommissar.«
    Für einen Moment war Jana über sich selbst erschrocken. Im Versuch, die Beweggründe des Kriegskommandeurs zu verstehen, hatte sie zugelassen, dass sich eine persönliche Note in ihr Verhältnis zu Bogdan einschlich. Aus professioneller Sicht war dies ein schwerer Fehler. Die Grübelei über die wahren Hintergründe störte sie nur in ihrer Konzentration. Cortes hatte einmal zu ihr gesagt: Freu dich nicht zu früh, wenn du zu den Abgründen der Wahrheit vorgedrungen bist, sondern denk lieber darüber nach, wie du aus diesen Abgründen wieder herauskommst.
    Wie Recht er doch hatte. Es war nicht Janas Aufgabe, der Wahrheit auf den Grund zu gehen, sondern den Kriegskommandeur auszuschalten! Schließlich hing das Leben ihrer Freunde davon ab. Sie durfte sie jetzt nicht im Stich lassen! Janas blaue Augen erstarrten zu Eis, und sie legte die Waffe an.
    »Wir gehen jetzt auf Schlagdistanz.«
     
    Artjom spürte, wie der schwarze Nebel, der aus den Fingern des Kommissars quoll, durch die Poren der Haut in seinen Körper drang. Der Schrumpfungsprozess fühlte sich alles andere als angenehm an: Im instinktiven Bestreben, sich dem Zauber zu widersetzen, krampften sich seine Muskeln zusammen, sein Kopf schien in einem Schraubstock zu stecken, die Knochen krachten schauderhaft, und das Bild vor seinen Augen verschwamm zu einem amorphen Brei.
    Doch nach wenigen Sekunden war der Spuk zu Ende. Artjom stand nicht mehr, sondern saß in einem bequemen Sitz, der sich über dem Auge eines gigantischen Maikäfers befand. Über dem Sitz wölbte sich eine Glaskapsel. Weit vor sich gewahrte Artjom eine gewaltige schwarze Mauer und plötzlich wurde ihm klar, dass es sich dabei um eine Wand der kleinen Maikäferschachtel handelte. Die Umwandlung war also geglückt!
    »Es hat funktioniert, Cortes! Wir sind winzig!!«
    »Schnall dich an, wir starten«, gab der Söldner leidenschaftslos zurück.
    Als Artjom sich nach seinem Kompagnon umblickte, sah er, dass dieser ebenfalls in einer Art Pilotensitz saß, der über dem zweiten Auge des Käfers angebracht war. Die ganze Konstruktion erinnerte an ein Cockpit und auf Cortes’ Seite befanden sich zwei lange Hebel.
    »Halt dich fest.«
    Kaum hatte Artjom seinen Gurt geschlossen, hob der Käfer vom Boden ab und stieg jäh in die Lüfte. Die Söldner wurden heftig in ihre Sitze gepresst.
    »Wie lange brauchen wir bis zum Thron der Kraft?«
    »Etwa eine Minute. Unser Käferchen ist ein ziemlich flottes Modell.«
    Als der Käfer über den Rand der Schachtel flog, verlor Artjom sofort die Orientierung im Raum. Alles um ihn herum erschien riesenhaft und irreal. Baumkronen verwandelten sich in Gebirge, Grashalme in Bäume und Wiesen in Wälder. Das Irritierendste war, dass man nicht weit sehen konnte. Die Welt endete am nächsten Strauch und von der Sprungschanze war weit und breit nichts zu sehen.
    Als Artjom sich umwandte, um zu fragen, wie Cortes sich in diesem Dickicht zu orientieren gedenke, bemerkte er, dass sein Kompagnon auf einen Monitor blickte – der Maikäfer war mit einem elektronischen Radar ausgestattet.
    Angesichts der Tatsache, dass Artjom sich zum ersten Mal auf so abenteuerliche Weise fortbewegte, konnte es nicht verwundern, dass ihm dabei ein wenig mulmig zumute war. Er lehnte sich zurück, atmete durch und versuchte, sich auf seine bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren. Genauer gesagt: auf seine ungewohnte Rolle. Mit jedem Meter, den sich der Maikäfer seinem Ziel näherte, wurde Artjom klarer, was für ein

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