Das Orakel vom Berge
Konkurrenten.
Die Waffe ist zweifellos echt.
Wie kann ich das erfahren? Childan zermarterte sich den Kopf. Ah. Ich werde die Waffe in der Universität untersuchen lassen. Dort kenne ich jemanden.
In aller Hast rief er einen der Botendienste der Stadt an und verlangte, daß man sofort jemanden zu ihm schickte. Dann verpackte er den Revolver und schrieb einen kurzen Brief an das Universitätslabor, bat darum, das Alter der Waffe sofort abzuschätzen und ihn telefonisch vom Ergebnis zu verständigen. Der Bote kam; Childan gab ihm den Brief, das Paket und die Adresse und forderte ihn auf, einen Helikopter zu nehmen. Der Mann verließ den Laden, und Childan begann auf und ab zu gehen, zu warten… zu warten.
Um drei Uhr rief die Universität zurück.
»Mr. Childan«, sagte die Stimme, »Sie wollen, daß diese Waffe geprüft wird, ein Colt . 44 , Armeemodell 1860.« Eine Pause. Childans Hand krampfte sich am Telefonhörer fest. »Ich verlese Ihnen den Laborbericht. Es handelt sich um eine Reproduktion, die in einer Plastikform gegossen wurde, mit Ausnahme der Griffschalen. Seriennummern falsch. Und die Oberfläche ist mittels einer modernen Technik künstlich gealtert.«
»Der Mann, der mir die Waffe zum Schätzen gebracht hat…«, sagte Childan mit belegter Stimme.
»Sagen Sie ihm, daß man ihn hereingelegt hat«, meinte der Techniker. »Aber es ist gute Arbeit. Da muß ein echter Profi am Werk gewesen sein. Die Waffe muß in einer gut ausgestatteten Werkstätte entstanden sein. Wir haben Spuren einiger Poliermittel festgestellt, ein paar davon ziemlich ungewöhnlich. Wir können das zwar nicht beweisen, aber wir wissen bereits seit einiger Zeit, daß es eine regelrechte Industrie gibt, die solche Fälschungen erzeugt. Anders wäre das gar nicht erklärlich.«
»Nein«, sagte Childan. »Das ist nur ein Gerücht. Davon bin ich felsenfest überzeugt, Sir.«
Und dann brach seine Stimme. »Und ich muß das schließlich wissen. Warum glauben Sie wohl, daß ich Ihnen die Waffe geschickt habe? Ich habe gleich erkannt, daß es sich um eine Fälschung handelt. Schließlich bin ich seit Jahren in dieser Branche tätig. Ein solches Stück ist eine Seltenheit, eigentlich ein Witz. Ein dummer Scherz.« Keuchend verstummte er. »Vielen Dank, daß Sie meine eigene Feststellung bestätigt haben. Bitte schicken Sie mir eine Rechnung. Vielen Dank.« Er legte sofort auf.
Und dann suchte er sofort seine Akten. Er begann darin zu blättern, nach der Herkunft der Waffe zu forschen. Wie war sie zu ihm gekommen?
Von wem?
Sie stammte von einem der größten Großhändler in San Francisco.
Ray Calvin Associated, an der Van Nesstreet. Er rief sofort an.
»Ich möchte mit Mr. Calvin sprechen«, sagte er. Seine Stimme war wieder etwas fester geworden.
Eine mürrische Stimme, beschäftigt klingend.
»Ja?«
»Hier spricht Bob Childan. Ray, ich habe hier eine sehr delikate Angelegenheit. Ich möchte Sie unter vier Augen sprechen, heute noch, in Ihrem Büro. Glauben Sie mir, es ist in Ihrem Interesse, sich für diese Besprechung freizumachen.« Er ertappte sich dabei, daß er ins Telefon brüllte.
»Okay«, sagte Ray Calvin.
»Sie dürfen es niemand sagen. Das ist absolut vertraulich. Vier Uhr?«
»Einverstanden, vier Uhr«, sagte Calvin.
»In Ihrem Büro. Guten Tag.«
Er knallte den Hörer so wütend auf die Gabel, daß das Telefon von der Theke auf den Boden fiel. Er hatte jetzt noch eine halbe Stunde zu warten, bis er weggehen konnte; er hatte also Zeit, auf und ab zu gehen, hilflos, unruhig. Was tun? Eine Idee. Er rief das San Francisco Büro des Tokyo Herold auf der Marketstreet an.
»Bitte sagen Sie mir, ob der Flugzeugträger Syokaku im Hafen liegt und wenn ja, wie lange. Können Sie mir diese Auskunft geben?«
Endloses Warten.
Dann kam das Mädchen zurück.
»Nach unserem Archiv«, sagte sie mit kichernder Stimme, »liegt der Flugzeugträger Syokaku auf dem Grund des Philippinenmeeres. Er ist im Jahre 1945 von einem amerikanischen Unterseeboot versenkt worden. Sonst noch Fragen, Sir?«
Er legte auf. Seit siebzehn Jahren kein Flugzeugträger Syokaku . Wahrscheinlich auch kein Admiral Harusha. Der Mann war ein Schwindler gewesen. Und doch…
Der Mann hatte recht gehabt. Der Colt . 44 war eine Fälschung.
Das Ganze gab einfach keinen Sinn.
Vielleicht war der Mann Spekulant; hatte versucht, sich einen Marktvorteil in Handfeuerwaffen des Bürgerkriegs zu verschaffen. Ein Experte. Und dann hatte er die Fälschung erkannt;
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