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Das Orakel vom Berge

Das Orakel vom Berge

Titel: Das Orakel vom Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip K. Dick
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Hexagramm. Elf ändert alles in sechsundzwanzig, die zähmende Kraft des Großen. Aus Yin wird Yang; die Zeile bewegt sich, und ein neuer Moment taucht auf. Und ich war so aus dem Schritt geraten, daß ich es nicht einmal bemerkte.
    Ich wette, daß ich deshalb diese schreckliche Zeile kriegte, anders kann sich Hexagramm elf gar nicht in Hexagramm sechsundzwanzig verändern, durch diese sich bewegende Sechs ganz oben. Ich sollte mich also nicht verrückt machen lassen.
    Trotzdem, trotz seiner Erregung und seines Optimismus schaffte er es nicht, die Zeile aus seinen Gedanken zu verdrängen.
    Dennoch, der Versuch, den ich vorhabe, ist verdammt gut, dachte er ironisch; bis sieben Uhr heute abend habe ich das Ganze vielleicht vergessen, so, als wäre es nie geschehen.
    Mein ganzes Leben habe ich darauf gewartet. Und das Orakel – vielleicht habe ich es bis heute abend um sieben vergessen, vielleicht weiß ich dann gar nicht mehr, was war.
    Hoffentlich, dachte er. Denn dieses Zusammentreffen mit Ed ist wichtig. Eine Klasseidee, was er da hat, das weiß ich. Und ich will mit dabei sein.
    Im Augenblick bin ich ein Nichts, aber wenn ich das schaffe, bekomme ich vielleicht Juliana zurück. Ich weiß, was sie will – sie verdient es, mit einem Mann verheiratet zu sein, der etwas bedeutet, einer wichtigen Person in der Gesellschaft. Früher waren Männer noch Männer; vor dem Krieg zum Beispiel. Aber das ist jetzt alles vorbei.
    Kein Wunder, daß sie es an keinem Ort aushält, immer weiterzieht, von einem Mann zum anderen, immer auf der Suche.
    Zur Mittagszeit schloß Robert Childan die ›American Artistic Handcrafts‹. Gewöhnlich ging er dann über die Straße und aß in einem kleinen Cafe. Jedenfalls blieb er nie länger als eine halbe Stunde weg, und heute war er sogar nur zwanzig Minuten aus. Die Erinnerung an den schrecklichen Nachmittag mit Mr. Tagomi und den Angestellten der Handelsmission lag ihm jetzt noch schwer im Magen.
    Während er zurückging, überlegte er, ob er nicht in Zukunft völlig auf Hausbesuche verzichten und sein ganzes Geschäft im Laden abwickeln sollte.
    Zwei Stunden Mustervorlage. Viel zu lang. Insgesamt beinahe vier Stunden; zu spät, um nochmal den Laden zu öffnen. Ein ganzer Nachmittag, um ein Stück zu verkaufen, eine Mickymausuhr; ein wertvolles Stück, aber – er schloß die Tür auf, schob den Keil darunter und ging seinen Mantel aufhängen.
    Als er wieder in den Verkaufsraum zurückkam, stellte er fest, daß ein Kunde da war. Ein Weißer. Nun gut, dachte er. Überraschung.
    »Guten Tag, Sir«, sagte Childan und verbeugte sich leicht. Wahrscheinlich ein Pinoc . Ein schlanker, ziemlich dunkler Mann. Gut gekleidet, modisch. Aber etwas unruhig. Schweißtropfen auf der Oberlippe.
    »Guten Tag«, murmelte der Mann und sah sich die Ausstellungsstücke im Laden an. Und dann ging er plötzlich auf die Theke zu. Er griff in die Manteltasche, holte ein glänzendes ledernes Kartenetui heraus und legte eine mehrfarbige Visitenkarte auf den Tisch.
    Die Karte trug das Emblem des Kaiserhauses. Und militärische Rangabzeichen. Marine. Admiral Harusha. Robert Childan sah die Karte beeindruckt an.
    »Das Schiff des Admirals«, erklärte der Kunde, »liegt im Augenblick in der Bucht von San Francisco. Der Flugzeugträger Syokaku . «
    »Ah«, sagte Childan.
    »Admiral Harusha hat die Westküste noch nie besucht«, erklärte der Kunde. »Er hat für die Zeit seines Aufenthaltes hier viele Wünsche, darunter auch den, Ihren bekannten Laden persönlich zu besuchen. Er hat auf den Heimatinseln viel von ›American Artistic Handcrafts‹ gehört.«
    Childan verbeugte sich geschmeichelt.
    »Infolge zahlreicher anderer Verpflichtungen«, fuhr der Mann fort, »kann der Admiral Ihrem geschätzten Laden jedoch keinen persönlichen Besuch abstatten. Deshalb hat er mich geschickt.«
    »Der Admiral ist Sammler?« fragte Childan, dessen Gehirn jetzt auf höchsten Touren arbeitete.
    »Er ist ein Liebhaber der Künste. Ein Kenner. Aber nicht Sammler. Was er wünscht, wird für Geschenkzwecke gebraucht. Es geht um folgendes: Er wünscht, jedem Offizier seines Schiffes ein wertvolles historisches Stück zu schenken, eine Seitenwaffe des epischen amerikanischen Bürgerkrieges.« Der Mann hielt inne. »Insgesamt sind es zwölf Offiziere.«
    Und Childan dachte bei sich: zwölf Seitenwaffen aus dem Bürgerkrieg. Kosten für den Käufer: beinahe zehntausend Dollar. Seine Hände begannen zu zittern.
    »Bekanntlich«, fuhr der

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