Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
Vom Netzwerk:
durch das Schwert gewähren!“ knurrte der Mann. „Du tätest gut daran, meine Frage zu beantworten, wenn du nicht willst, dass ich die Wahl hier und jetzt treffe.“
     
    „Gut, ich werde dir sagen, wer wir sind“, antwortete Yorn, „denn wir haben keinen Grund, es zu verschweigen. Auch wir sind Antaren wie ihr, und in mir fließt sogar das Blut der Niveder. Mein Ziehbruder hier gehört jedoch zum Stamm der Guranen, die südöstlich von hier am großen Fluss leben. Erst vor wenigen Wochen erfuhr ich, dass ich dem Volk der Niveder angehöre. Wundert es dich, dass ich kam, um bei meinem Stamm zu leben? Sind die Niveder so groß an Zahl, dass sie es sich leisten können, ihre eigenen Brüder zu töten? Ich denke doch, dass unser Stamm in diesen Tagen keinen Arm zu seinem Schutz entbehren kann.“
     
    „Du führst eine geschickte Sprache, obwohl du kaum dem Knabenalter entwachsen scheinst“, sagte der Niveder unwillig. „Doch sei gewiss, wir werden deine Worte gut zu prüfen wissen!“ Er wandte sich an die anderen Männer. „Verbindet ihnen die Augen und nehmt sie mit. Wir werden sie vor Nith bringen.“
     
    Man knotete den Beiden Tücher über die Augen und ließ sie dann auf die Pferde steigen. Einer der Männer hatte inzwischen die Pferde der Niveder herbeigeholt, und kurze Zeit später ritten sie mit ihren Gefangenen in die Dunkelheit hinein.
    Nach etwa einer halben Stunde horchte Yorn plötzlich auf. Das Geräusch des Hufschlags hatte sich verändert. Es klang nun, als gingen die Pferde durch ein enges Gewölbe, an dessen Wänden sich das Echo ihrer Schritte vie lfach brach. Auch den Regen spürte Yorn nicht mehr auf der Haut, und er vermutete, dass sie durch eine Höhle oder einen Gang im Felsen ritten. Und wirklich, kurze Zeit später war der Regen wieder da, und auch das Hufgeräusch klang wieder anders.
    Bald darauf wurden die Pferde angehalten, und man zog Yorn und Reven aus den Sä tteln. Als man ihnen die Binden von den Augen nahm, sah Yorn, dass sie sich in einem weiten Talkessel befanden, in dem eine große Zahl von Häusern aus dicken Baumstämmen und Felsgestein standen. Hier und da waren auch Zelte aufgeschlagen, vor denen trotz der Nässe Feuer brannten.
    Yorn und Reven wurden auf einen geräumigen, freien Platz geführt, der in der Mitte der Ansiedlung lag. Der ganze Stamm schien sich versammelt zu haben, denn die beiden Gefa ngenen sahen sich von einer Menschenmenge umgeben, die sie mit feindseligen und abweisenden Gesichtern anstarrte. Nur an einer Seite drängten sich keine Menschen, dort, wo am Rand des Platzes neben einer Statue des Gottes Saadh ein erhöhter Sitz aufgebaut war.
    Als Yorn und Reven vor den Sitz geführt wurden, erhob sich der Mann, der darauf gese ssen hatte. Er war hager und vom Alter leicht gebeugt, und an seinen Schläfen waren die langen, weißen Haare in zwei dünne Zöpfe geflochten. Der Rest des reichen Haarschopfs fiel ihm bis auf den Rücken nieder: Ein Priester Saadhs, des Gewaltigen!
    Der Anführer der Niveder gab Yorn und Reven einen derben Stoß in den Rücken. „Beugt das Knie vor Nith, dem hohen Priester des Gewaltigen!“ zischte er.
     
    Reven hatte unglücklich gestanden, und der Stoß ließ in straucheln und aufs Knie fallen. Yorn jedoch stand wie ein Fels, und seine Unterlippe schob sich trotzig vor.
     
    „Ich beuge mein Knie vor keinem Menschen!“ knurrte er. „Es sei denn, ihr schlagt mich nieder. Nur einem Gott gebührt dieser Gruß. Auch sehe ich nicht, dass ihr vor eurem Priester kniet. Ich bin ein Niveder wie ihr, warum sollte ich es dann tun?“
     
    Zwei Männer ergriffen auf Geheiß des Anführers Yorns Arme und wollten ihn zu Boden zwingen.
     
    Doch da hob der Priester die Hand. „Haltet ein!“ rief er. „Noch ist nicht erwiesen, dass er die Unwahrheit sagt oder gekommen ist, um uns zu schaden. Darum lasst ihn für heute gewähren. Es ist Nacht, und die Dunkelheit verbirgt die Lüge. Doch morgen früh wird der Tag die Wahrheit ans Licht bringen.“
     
    „Schafft sie ins Zelt!“ befahl der Anführer den Männern. „Aber bindet sie voneinander getrennt an, damit sie sich nicht während der Nacht befreien und Unheil stiften können. Außerdem sollen immer zwei Männer auf Wache stehen, bis es tagt.“
     
    Yorn und Reven wurden in eines der Zelte geschleppt, wo man sie nach der Anweisung mit den Händen an zwei der starken Zeltstangen band. Nachdem man auch noch ihre Füße gefesselt hatte, ließ man die beiden allein. Kaum

Weitere Kostenlose Bücher