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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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hatten die Wachen das Zelt verlassen, als Reven Yorn zuraunte:
     
    „Warum, bei Gor, hast du ihnen nicht gesagt, wer du bist? Dann könnten wir jetzt auf einem weichen Lager schlafen, anstatt morgen mit von den Fesseln starren Gliedern zu erwachen.“
     
    „Nein, Reven, ich konnte es ihnen nicht sagen“, antwortete Yorn, „nicht, um mir dadurch Bequemlichkeit zu verschaffen! Ich will nicht, dass man mir die Ehre erweist, weil ich der Sohn Waskors bin, ich will, dass man mich um meiner selbst willen respektiert.“
     
    „Entschuldige, Bruder, aber du bist ein Esel!“ ranzte ihn Reven zornig an. „Was nutzt es dir, wenn deine Stammesbrüder dich respektieren, weil du so tapfer in einen sinnlosen Tod gegangen bist? Sie werden dir sicher sehr dankbar sein, wenn sie an deiner Leiche feststellen, dass sie den Sohn ihres Hochkönigs und somit ihre ganze Hoffnung getötet haben.“
     
    „Versteh' mich doch, Reven!“ bat Yorn. „Wie kann ich jemals von ihnen akzeptiert werden, wenn ich ihnen nicht beweise, dass mich ihre Drohungen nicht schrecken? Sei unbesorgt! Ehe es zum Äußersten kommt, werde ich mich zu erkennen geben.“
     
    „Nun gut!“ seufzte Reven. „Ich habe geschworen, dir ein treuer Gefolgsmann zu sein. Aber ich hatte nicht erwartet, meine Gefolgschaft für den neuen Hochkönig in Fesseln beginnen zu müssen. Wenn du für alle deine Untertanen so gut sorgen willst, werden sie alle freiwillig zu den Moradonen in die Sklaverei gehen.“
     
    Yorn musste trotz der heiklen Lage lachen. „Na ja, jetzt weiß ich wenigstens, warum du mit mir gekommen bist. Du hast wohl gedacht, den Bruder des Hochkönigs erwartet ein angenehmes Leben. Morgen schicke ich dich zu den Eltern zurück. Da hast du dann unser breites, bequemes Bett ganz für dich allein.“
     
    „Kein schlechter Gedanke!“ grinste Reven. „Vor allen Dingen ist dann niemand mehr da, der mir die besten Brocken aus Mutters Fleischtöpfen wegschnappt und den Rahm von der Milch fischt. Hätte ich daran nur eher gedacht! Hach, wäre das ein Leben! So etwas kann mir nicht einmal der Hochkönig bieten.“
     
    Yorn scherzte, obwohl er genau wusste, dass auch Reven genau wie ihm selbst etwas bang ums Herz war. Was würde sich morgen ereignen? Doch er wollte nicht, dass Reven sich Sorgen machte, und so sagte er mit gespielter Empörung:
     
    „Du musst gerade sagen, ich hätte dir immer das Beste weggegessen! Man braucht uns doch nur anzusehen, dann weiß man, an wem der meiste Speck sitzt!“
     
    „Das ist kein Speck!“ grollte Reven. „Das sind die Muskeln, die ich bekommen habe, weil ich immer deine Arbeit mittun musste!“
     
    „Ja, aber nur die, die du gern gemacht hast!“ konterte Yorn. „Dafür durfte ich dann das tun, wozu du keine Lust hattest.“
     
    „Schon gut, schon gut!“ wehrte Reven lachend ab. „Ich gebe mich geschlagen! Gegen dich konnte ich noch nie aufkommen. Wenn du mir versprichst, dass wir hier mit heiler Haut herauskommen, werde ich nie wieder mit dir streiten.“
     
    „Sei guten Muts!“ antwortete Yorn ernst. „Ich glaube nicht, dass mich die Götter den Moradonen haben entkommen lassen, damit ich von der Hand der eigenen Stammesbrüder sterbe. Und wenn ich lebe, wird auch dir kein Haar gekrümmt, darauf kannst du dich verlassen. Versuche jetzt lieber, ein wenig zu schlafen, so gut es in diesen Fesseln möglich ist. Wir werden morgen einen wachen Verstand brauchen!“
     
    Am nächsten Morgen brachte man die Brüder wieder auf den Versammlungsplatz vor dem Altar des Gottes. Wieder säumten alle erwachsenen Niveder den großen, freien Kreis, über den die beiden nun vor den Sitz des Priesters geführt wurden.
    Stolz und hoch aufgerichtet trotz der durch die Fesselung steif gewordenen Glieder stand Yorn vor dem alten Nith, der ihn prüfend betrachtete. Auch R even, der einen halben Schritt hinter Yorn stand, zeigte ruhige Gelassenheit.
     
    „Ihr seid ungebeten in unser Gebiet gekommen“, begann nun der Priester. „Wer seid ihr, und was hat euch veranlasst, so weit nach Norden zu ziehen, wo der Winter vor der Tür steht? Wir glauben, ihr seid Spione der Moradonen, und es liegt bei euch, uns das Gegenteil zu beweisen. Gelingt euch das nicht, werden wir euch töten, ganz gleich, wer ihr in Wirklichkeit seid, denn wir können die Gefahr nicht auf uns nehmen, aus Barmherzigkeit den schlauen Tricks von Verrätern zum Opfer zu fallen.“
     
    „Wir sind keine Verräter!“ antwortete Yorn. „In meinen Adern

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