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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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den verletzten Bauch zu berühren.
    Während sie an seinem Ohr knabberte, flüsterte sie: “Ich schlage dir einen Handel vor.”
    Rath wölbte ihr seinen schlanken, festen Körper entgegen. “Jeden!”
    “Wenn du mir versprichst, in der Ratskammer den König zu spielen”, versprach sie, “werde ich dich im Schlafzimmer den Gesetzlosen spielen lassen.”
    Spiele den König in der Ratskammer. Spiele den König in der Ratskammer. Immer wieder wiederholte Rath in Gedanken diese Worte, als wären sie eine von Mauras Beschwörungsformeln. Nur besaß wahrscheinlich nicht einmal sie genug Zauberkraft, um aus ihm einen König zu machen.
    Würden die Weisen des Vestanischen Rates genauso denken? Er spürte ihre neugierigen, unruhigen Blicke auf sich, während Lord Idrygon erklärte, wie es zu dem Untergang der hanischen Erzflotte in den Wehrhaften Wassern gekommen war.
    Nach einer unruhigen Nacht war Rath mit so starken Kopfschmerzen erwacht, dass keines von Mauras Mitteln ihm hatte helfen können. All ihre Vorbereitungen für diesen Auftritt vor dem Rat der Weisen hatten nichts genutzt … und vor allem seine Laune nicht gerade gehoben. Vor allem als Idrygons Schwiegermutter begann, sein Haar zu waschen und nach vestanischer Art zu schneiden. Danach war die energische alte Dame dazu übergegangen, ihn zu rasieren.
    Er reckte den Hals und drehte ihn hin und her, um den Druck auf seine Kehle loszuwerden. Auch wenn die vestanischen Tuniken ab der Taille weit fielen, so lagen sie um Brust und Arme sehr eng an, genau wie der hohe Kragen. Sein Hals fühlte sich wie zugeschnürt an.
    Maura fing seinen Blick auf und lächelte ihm aufmunternd zu. In ihrem ärmellosen, weiten Kleid aus hellem, blaugrünem Leinen und den dazu passenden, ins Haar geflochtenen schmalen Bändern sah sie wie eine echte Königin aus.
    Keine Frage: König zu sein war eine unangenehme Angelegenheit. Rath fragte sich, wieso eigentlich ein Kriegsherr gepflegter auszusehen hatte als ein Gesetzloser. Doch Idrygon hatte darauf bestanden. Und auch wenn Rath sich seit ihrem ersten Aufeinandertreffen immer noch nicht für ihn hatte erwärmen können, so wusste er doch, dass es sich bei ihm um einen fähigen, entschlossenen Mann mit Weitblick handelte. Um einen Mann, der womöglich in der Lage war, den Traum eines befreiten Umbria Wirklichkeit werden zu lassen.
    “Um zum Abschluss zu kommen …”, Idrygons Worte lenkten Raths Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen in der Ratskammer, “… nachdem Captain Gull und seine Männer auf Befehl des Rates handelten, können wir sie für das, was geschehen ist, nicht verantwortlich machen. Woher wissen wir, ob der Sturm, der die Erzflotte an unsere Küste trieb, nicht ein Werk des Allgebers war?” Obwohl Ehrfurcht in Idrygons Stimme lag, konnte Rath nicht umhin, sich zu fragen, ob der Mann überhaupt wirklich an den Allgeber glaubte.
    “Entschuldigt.” Alle Augen richteten sich auf eine sehr kleine alte Frau, die drei Plätze entfernt zur Rechten von Idrygon saß. “Ich weiß von keinen Befehlen dieses Rates, die Captain Gull zu so einer gefährlichen Zeit an unsere Küste gerufen hätten. Ich hoffe, Ihr habt nicht eigenmächtig ohne die Einwilligung und ohne das Wissen des Rates gehandelt, Idrygon.”
    Ihre Wangen waren eingefallen, ihr Haar schneeweiß und sie machte den Eindruck, als könnte ein kräftiger Windstoß sie von der Insel blasen. Aber ihr durchdringender Blick und ihre königliche Haltung verrieten, dass ein kluger Mann ihr besser aus dem Weg gehen sollte. Er fragte sich, ob sonst jemand auf den Vestanischen Inseln es wagen würde, dem beeindruckenden Lord Idrygon gegenüber einen so tadelnden Ton anzuschlagen.
    “Ich muss doch protestieren, Madame Verise!” Idrygon sah derart gekränkt aus, dass Rath wusste, die alte Dame hatte Recht. “Mein Ziel war immer, diesem Rat, den Vestanischen Inseln und dem Königreich Umbria zu dienen.”
    Madame Verise wedelte mit ihrer welken Hand. “Oh, nun gut, Junge, dann redet offen. Welcher Befehl von uns brachte dieses Schiff von Duskport her zu uns? Und wenn Ihr schon dabei seid, wer sind diese Gäste, die Ihr vor den Rat gebracht habt?”
    Sie hörte sich nicht so an, als ob die Opfer, die Rath für sein gepflegtes Aussehen gebracht hatte, sie sonderlich beeindruckten.
    “Wie scharfsinnig von Euch, Madame, diese beiden Fragen zu stellen.” Als Idrygon sich jetzt im Rat umblickte, rieb er sich nicht die Hände vor Vergnügen. Aber Rath ahnte, wie gerne er

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