Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Paket mit dem Totenkopf

Das Paket mit dem Totenkopf

Titel: Das Paket mit dem Totenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
vermeinte, gepreßten Atem zu hören.
    Dann schaltete er das Licht an.
    Stocksteif verharrte die
Gestalt.
    Sie stand neben einem uralten,
ramponierten Billardtisch, der zu nichts mehr zu gebrauchen war. Es war ein
Mann. Er wandte Tarzan den Rücken zu. Aber jetzt drehte er sich um.
    In einem feisten Gesicht
wuchsen graue Bartstoppeln, die dick und stachelig wirkten wie bei einem Igel.
Eine rote Knollennase ragte wie eine dicke Erdbeere hervor. Entzündete Augen
blinzelten ins Licht. Auf dem struppigen Haar des Alten saß eine Strickmütze,
die an einen Kaffeewärmer erinnerte. Die Gestalt war in Lumpen gehüllt. Unter
dem geöffneten Mantel trug er einen zweiten Mantel. Um den Hals hatte der
Vagabund sich einen rotweiß gemusterten Schal gewickelt — einen von der Sorte,
wie Mädchen ihn bevorzugen: Mindestens anderthalb Meter lang und so auffällig
wie ein Clown in der Kirche.
     

    Vom Sehen kannte Tarzan den
Kerl. Zusammen mit anderen Wermutbrüdern war er manchmal beim Bahnhof
anzutreffen — meistens betrunken.
    „He!“ knurrte er.
    Tarzan sah zum Billardtisch.
    Tatsächlich! Dort stand die
Tasche. Eine Sporttasche aus hellem Leinen — mit dem Reklameaufdruck einer
Bundesligamannschaft. Der Reißverschluß war geschlossen.
    „Was ist denn?“ fragte der
Penner mit knarriger Stimme. Offenbar fühlte er sich unsicher und wußte nicht,
wie er sich verhalten sollte. „Mach’s Licht aus, Kumpel.“
    „Moment!“
    Tarzan ging zum Tisch.
    „Was denn?“ staunte der Penner.
„Ein Junge?“
    „Jedenfalls bin ich kein
Mädchen“.
    Als er nach der Tasche griff,
sprang der Penner zu ihm.
    „Die gehört mir!“
    Eine schmutzige Hand, die wie
eine Klaue war, packte einen der Henkel.
    „Die gehört Ihnen nicht“, sagte
Tarzan. „Lassen Sie los!“
    Aber der Penner dachte nicht
daran. An Tarzans Stimme hatte er mit feinem Ohr erkannt, daß es sich um einen
Jungen handelte. Und mit dem würde er fertig werden — glaubte er. Gesehen hatte
er Tarzan noch nicht. Denn der stand hinter seiner Lampe.
    „Gib meine Tasche her!“ fauchte
der Penner. „Sonst haue ich dir die Knochen kaputt.“
    Aber offenbar meinte er
stechen, wenn er hauen sagte. Denn mit der freien Hand griff er rasch in die
Manteltasche. Dann blitzte die Klinge eines feststehenden Messers im Licht.
    Tarzan ließ die Tasche los,
trat zurück und leuchtete den Kerl an.
    Auch der nahm die Hand von der
Tasche. Schützend hielt er sie vor die Augen. Im nächsten Moment ging er auf
Tarzan zu und schwang drohend das Messer.
    Tarzan trat ihm wuchtig in den
Bauch und gleich nochmal vors Schienbein. Der Penner grunzte wie ein Blasebalg,
dem die Luft entweicht und fiel auf die Dielen. Aber er ließ das Messer nicht
los. Heimtückisch stach er nach Tarzans Beinen.
    Mit einem Stiefel nagelte
Tarzan die Messerhand am Boden fest. Sein ganzes Gewicht stellte er darauf.
Brüllend wand sich der Kerl. Endlich ließ er das Messer los. Mit einem Tritt
wurde es von Tarzan unter den Billardtisch befördert.
    Es war ein Fleischermesser, die
Klinge zwar verrostet, aber von beachtlicher Länge.
    Tarzan gab die Hand frei.
    Wimmernd blieb der Kerl liegen.
    „Das war ein Mordversuch“,
sagte Tarzan. „Die Polizei wird sich freuen, wenn ich dich abliefere, du Lump.“
    „Wie... wieso denn!“ greinte
der Alte. „Ich... hab’ doch nur so getan... Wirklich zugestochen hätte ich
nicht. Bin keiner, der einen absticht.“
    „Natürlich nicht. Du bist der
reinste Engel. Es fehlen nur noch die Flügel. Wie heißt du?“
    „Erich. Linker-Eddi, meine ich.
Haste noch nicht von mir gehört? Ich...“
    „Deinen Nachnamen will ich
wissen!“
    „Stanowski. Warum?“
    „Was treibst du hier —“
    „Nichts.“ Der Penner richtete
sich auf, stöhnte und tastete seinen Leib ab. „Kannste nicht das Licht endlich
ausmachen!“
    „So? Du treibst hier nichts.
Aber du bist hier. Wie kommst du rein? Pennst du hier?“
    „Klar. Im Keller. Schon seit
Tagen. Und vorhin...“ Er sprach nicht weiter, blinzelte ins Licht und befühlte
sein Schienbein, ehe er fragte: „Warst du das?“
    „Vorhin? Das war ein anderer.“
    „Ich war im Keller“, sagte
Stanowski. „Hörte Schritte. Meistens sind es Bullen (Polizisten). Die
machen nur Ärger. Deshalb habe ich mich nicht gerührt. Aber es kam keiner. Ich
war so steif gefroren, daß ich eigentlich unter meinen Decken bleiben wollte.
Aber dann dachte ich: Guckst mal nach. Mein Kellerloch ist genau unter dem Raum
hier. Deshalb wußte ich: Der

Weitere Kostenlose Bücher