Das Paket mit dem Totenkopf
bereits. Außerdem mußten sie
toll einen Zahn zulegen, denn um diese Zeit fuhren weder Bus noch Straßenbahn;
und der Weg war weit.
Sie fielen in Trab. Irgendwann
erreichten sie die Innenstadt. Karl hatte es nicht mehr weit bis nach Hause.
Natürlich durften auch seine Eltern von dem nächtlichen Ausflug nichts wissen.
Aber sein Zimmer lag im Parterre und zum Garten hin, so daß er jederzeit
ungesehen ausrücken konnte.
Karl bog ab. Tarzan und
Klößchen liefen allein weiter. Als sie die Internatsschule endlich erreichten,
war es drei Uhr früh.
Klößchen taumelte, so müde war
er. Daß er bei diesem endlosen Trablauf mindestens zwei Kilo abgenommen hätte,
meinte er. Und damit fühlte er sich berechtigt, sofort eine Tafel Schokolade zu
futtern.
„Denn wer schon nicht schläft,
soll wenigstens gut essen“, gab er als Spruchweisheit von sich.
„Hoffentlich ist die
Strickleiter noch da“, meinte Tarzan, als sie leise durchs Tor huschten.
„Um Himmels willen“, stöhnte
Klößchen. „Mal den Teufel nicht an die Wand. Ich bin so kaputt — ich würde den
Hausmeister rausklingeln. Egal, ob ich von der Schule fliege oder nicht.“
Aber die Strickleiter war da.
Tarzan hielt sie straff.
Klößchen kletterte mühsam hinauf. Obwohl er nicht schwindelfrei war, mußte er
sich auf halber Strecke ausruhen. Endlich kam er oben an, schob das Fenster auf
und hievte seine rundliche Gestalt in den Flur.
Tarzan nahm die Bügel der
Sporttasche zwischen die Zähne. Flink turnte er hinauf.
Im Haus schlief alles. Auch
drüben im Paukersilo, wie das Nebengebäude mit den Wohnungen der Lehrer
scherzhaft genannt wurde, brannte nirgendwo Licht.
Tarzan machte die Strickleiter
los, rollte sie zusammen, schloß das Fenster und folgte — auf Zehenspitzen
schleichend — seinem Freund ins ADLERNEST.
Klößchen hatte die
Nachttischlampe angeknipst, saß auf dem Bett und kaute — Schokolade.
„Morgen muß ich unbedingt
Proviant besorgen“, meinte er. „Ich habe nur noch 22 Tafeln.“
„Wie schrecklich! Übers
Wochenende reicht das doch nie. Hier, versteck’ deine Strickleiter!“
Sie kam wieder unter Willis
lange Unterhosen, obwohl sie sich wie Eiszapfen anfühlte.
„Eigentlich schade, Tarzan, daß
wir kein Gespenst gesehen haben.“
„Jetzt hast du gut reden.“
Klößchen grinste. „Legst du die
Geldtasche unters Kopfkissen?“
„Wenn ich nur wüßte, wohin
damit“, überlegte Tarzan. „Die Katastrophe wäre nicht auszudenken, wenn die 50
000 einem Pauker in die Hände fallen. Auf dem Speicher kann ich die Tasche
nicht verstecken. Einschließen muß ich sie. Jetzt merkst du mal, wie wenig
Möglichkeiten wir haben, wenn’s darauf ankommt. Es bleibt nur mein Schrank.“
„Na und? Ist doch prima.
Schrankappell war gerade. Vor Ende nächster Woche interessiert sich kein Aas
für unsere Klamotten. Der sicherste Ort der Welt. Das sagt dir dein Freund
Willi Sauerlich.“
Tarzan zögerte noch.
Dann versteckte er die Tasche
im Wäschefach hinter seinen Pullovern. Auf den ersten Blick sah man nichts von
ihr. Aber bei einem Schrankappell wäre sie natürlich sofort entdeckt worden.
Als Klößchen im Bett lag,
schlief er schon fast.
„Bin... gespannt“, brummelte
er, „wie... wie Egge reagiert. Ob der... morgen zur Milchbar... kommt...“
„Am besten wäre, ich beschatte
ihn. Und wenn er zum Westfriedhof geht...“ Weiter sprach Tarzan nicht. Denn
Klößchen begann wie eine Motorsäge zu schnarchen. Minuten später war auch
Tarzan eingeschlafen.
Von der Katastrophe, die sich
bereits anbahnte, ließ er sich — buchstäblich — nichts träumen.
Der nächste Tag war ein
Samstag. Und schulfrei. Wer wollte, konnte ausschlafen. Und das wollten fast
alle. Bis auf wenige unverbesserliche Frühaufsteher — zu denen auch Tarzan
gehörte. Aber an diesem Morgen wachte er nicht zur üblichen Zeit auf, sondern
erst um halb neun. Was ja kein Wunder war — nach der anstrengenden und kurzen
Nacht.
Draußen schien die Sonne. Der
Himmel war klar. Es sah nach strengem Frost aus. An den Dachrinnen hingen
Eiszapfen.
Klößchen schnarchte.
Tarzans erster Gedanke galt
seiner Mutter. Dann erinnerte er sich an die Ereignisse der Nacht. Hatten sie
alles richtig gemacht?
Er sprang aus dem Bett,
schüttelte Willi an der Schulter, lief in den Waschsaal, duschte — heiß und
kalt im Wechsel, und das ganze dreimal — und war noch vor neun Uhr im
Speisesaal, wo an Samstagen und Sonntagen das Frühstück zwischen acht und
Weitere Kostenlose Bücher