Das Paradies auf Erden
sie immer dort geherrscht.
“Was für eine Invasion, lieber George”, meinte Mrs. Ramsay beim Mittagessen, das Mrs. Pratt mit Tombs’ Hilfe auf den Tisch gezaubert hatte.
“Das Haus ist groß genug”, antwortete George, “und Jenny kann schon morgen im Gutshaus anfangen.”
“Ich bleibe auch nur wenige Tage”, fügte Claudia hinzu. “Man will im Krankenhaus nur noch meine Referenzen ansehen.”
“Du freust dich doch schon auf die neue Tätigkeit, oder?” fragte George besorgt. “Wir drängen dich keineswegs.”
“Ich könnte mir nichts Besseres wünschen”, versicherte Claudia. “Wann heiratet ihr? Ich würde gern dabei sein.”
“Natürlich, mein Kind”, versprach ihre Mutter. “Wir würden nicht im Traum daran denken, ohne dich zu heiraten.”
“Ich hoffe, es wird nicht länger als eine Woche dauern”, sagte George. “Wir erwarten nur wenige Freunde, und die Feier soll in unserer kleinen Dorfkirche stattfinden. Ich habe eine Anzeige in. den Telegraph’ setzen lassen.”
Inzwischen wusste jeder im Dorf, dass Colonel Ramsays Haus einen neuen Besitzer hatte, und wer ihn kannte, mochte ihn nicht besonders. Er war zu niemandem freundlich gewesen und hatte sich dadurch von vornherein zum Außenseiter gemacht. Der Briefträger, der mit ihm aneinander geraten war, weil er zu laut gepfiffen und in der Küche Tee getrunken hatte, lieferte die Post jetzt bei Dr. Willis ab und mied die alte Adresse. Sogar der Pfarrer, ein sanfter, gottesfürchtiger Mann, presste die Lippen zusammen, wenn Mr. Ramsays Name fiel.
Am Morgen nach dem Umzug erhielt Claudia einen zweiten Brief aus Southampton. Ihre Referenzen hatten genügt, und sie wurde aufgefordert, ihre neue Stellung umgehend anzutreten. Was unter einer “allgemeinen Hilfskraft”
zu verstehen war, blieb weiter unklar, aber das Gehalt war annehmbar, und sie sollte wöchentlich zwei Tage freihaben. Auch für Unterbringung im Krankenhaus war gesorgt.
Claudia sagte sofort telefonisch zu und kündigte ihre Ankunft für den nächsten Abend an. Alles verlief planmäßig, und sie machte sich zufrieden daran, ihre Sachen zu ordnen und das herauszulegen, was sie in ihrer neuen Stellung brauchen würde.
Dr. Willis fuhr sie nach dem Essen nach Southampton, und als es dämmerte, traf Mr. Ramsay ein, um von seinem neuen Heim Besitz zu ergreifen. In seiner überheblichen, menschenverachtenden Art hatte er fest damit gerechnet, respektvoll erwartet zu werden und ein warmes, hell erleuchtetes Haus vorzufinden mit Mrs. Pratt als Köchin, Jenny als Gepäckträgerin und Mrs.
Ramsay als Empfangsdame. Stattdessen fand er ein stilles und dunkles Haus vor, in dem sich niemand mehr aufhielt.
Sobald er aufgeschlossen hatte, drängte sich seine Frau an ihm vorbei und schaltete das Licht ein. Auf dem Flurtisch lag ein Brief, in dem Mrs. Ramsay mit höflichen Worten mitteilte, dass sie Mr. Ramsays Wunsch gefolgt seien und das Haus verlassen hätten. Mrs. Pratt und Jenny, die beide nicht die Absicht hätten, in seinem Dienst zu verbleiben, seien ebenfalls gegangen. Vorräte für das Abendessen befänden sich im Kühlschrank, die Kamine seien vorbereitet, die Betten gelüftet und frisch bezogen.
Monica Ramsay legte den Brief lachend aus der Hand. “Du hast sie hinausgeworfen, und nun sind sie fort. Wo sie wohl Unterschlupf gefunden haben?”
“Das kann uns gleichgültig sein”, antwortete ihr Mann. “Wir finden im Dorf leicht Ersatz. Diese Mrs. Ramsay und ihre Tochter … sie lagen mir beide nicht.”
“Schade, dass die Angestellten fort sind.”
„In so einem kleinen Nest wird jeder froh sein, Arbeit zu finden.”
“Sagtest du nicht, sie hätten einen Butler gehabt?”
“Ach, der alte Mann! Sicher hat er irgendwo ein Zimmer gefunden, oder Freunde kümmern sich um ihn. Schließlich hat er seine Rente.”
Monica Ramsay sah ihren Mann lange an. “Du bist kalt und herzlos”, sagte sie dann. “Bring das Gepäck herein, bevor es ganz dunkel wird. Ich sehe inzwischen in der Küche nach, was es zu essen gibt.”
4. KAPITEL
Dr. Willis ließ Claudia mit gemischten Gefühlen vor dem Krankenhaus zurück.
Das Gebäude machte einen düsteren, leicht verwahrlosten Eindruck, und er bedauerte, nicht rechtzeitig Erkundigungen eingezogen zu haben. Andererseits wurden Altenkliniken immer zuletzt renoviert. Drinnen sah es wahrscheinlich freundlicher aus, und überdies schien Claudia mit ihrem Los ganz zufrieden zu sein.
“Ich komme zur Hochzeit”, versprach sie beim
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