Das Paradies auf Erden
Wunschträumen auf, aber Cla udia hing dem Bild nicht nach. Es war sinnlos, sich falsche Hoffnungen zu machen. Wahrscheinlich würde sie den Professor nie wieder sehen, und falls doch, würde er sie kaum als Frau beachten. Was für ein Mensch war er wohl? Wahrscheinlich ein sehr sympathischer…
Ein lautes Klopfen riss sie aus ihren Gedanken. “Ja, bitte?”
Eine Kollegin von der Nachmittagsschicht steckte den Kopf zur Tür herein.
“Gut, dass Sie da sind, Claudia. Schwester Clark schickt mich. Mrs. Legge ist gefallen und hat sich ein Bein und einen Arm gebrochen. Jemand muss sie ins Städtische Krankenhaus bringen, so dass nur die Schwester und ich auf der Station zurückbleiben. Könnten Sie uns vorübergehend helfen? Nur für eine oder zwei Stunden, bis wir Ersatz gefunden haben. “
Claudia blieb länger als zwei Stunden auf der Station und wurde endlich mit dem Versprechen entlassen, dass man ihr die zusätzliche Arbeitszeit anrechnen würde. Sie aß mit einigen Kolleginnen zu Abend, sah noch eine halbe Stunde fern und ging dann schlafen.
Sie war viel zu müde, um über alles nachzudenken. Irgendjemand musste sich schließlich um die alten Frauen kümmern. Eines Tages würde sie auch alt sein, aber hoffentlich nicht so allein, sondern von einem liebevollen Ehemann umsorgt. Einem Mann wie Mr. Tait-Bullen…
Bis zum nächsten Abend wurde Claudia klar, dass ihr Arbeitsplan trotz Miss Nortons Zusicherung mehr oder weniger von Schwester Clark abhing. Wie ihr Kolleginnen versicherten, war es üblich, dass man tagelang die Früh-und dann genauso lange die Nachmittagsschicht zugeteilt bekam - je nach Bedarf und immer ohne Vorwarnung.
Es war daher keine große Überraschung für Claudia, als der Dienstplan vor ihrem freien Tag geändert wurde und sie statt der Frühschicht die Nachmittagsschicht bekam. Sie konnte also erst am nächsten Morgen nach Hause fahren, aber immerhin noch rechtzeitig genug, um fast den ganzen Tag vor der Hochzeit dort zu sein.
Sie nahm den ersten Bus von Southampton und wurde in Romsey von Tombs erwartet. Er fuhr einen alten, schon ziemlich klapprigen Ford, der George gehörte und nur noch für Notfälle benutzt wurde. Die Fahrt dauerte nicht lange und wurde durch die Unterhaltung mit Tombs zusätzlich verkürzt. Er erzählte von Claudias Mutter, von der bevorstehenden Hochzeit und von der guten Aufnahme, die sie bei Dr. Willis gefunden hätten. Tatsächlich wirkte er um Jahre verjüngt. Claudia hatte ihn selten so zufrieden erlebt und freute sich von Herzen darüber.
“Schade, dass Sie gleich nach der Trauung wieder fortmüssen, Miss Claudia”, meinte er gegen Ende der Unterhaltung. “Mrs. Ramsay hat mir erzählt, was für eine gute Stellung Sie haben.”
Claudia bestätigte das. Sie begann von ihrer Arbeit zu erzählen und wusste alles so darzustellen, dass Tombs nickte und sagte: “Es freut uns alle, wenn Sie glücklich sind, Miss Claudia.”
Zu Hause wurde sie von ihrer Mutter begrüßt und gleich entführt, um das Hochzeitskostüm und den dazu gehörigen Hut zu begutachten.
“Alles betont schlicht”, erklärte Mrs. Ramsay, “genauso wie wir es uns wünschen. George kann sich in nächster Zeit nicht freimachen, aber sobald es möglich ist, fahren wir hinüber nach Cornwall. Er besitzt ein kleines Cottage in St. Anthony … etwas südlich von Falmouth. Bis Weihnachten sind wir natürlich zurück. Du kommst über die Feiertage doch nach Hause?”
“Das weiß ich noch nicht, Mum. Mein Dienstplan wird manchmal kurzfristig geändert, aber ich versuche natürlich zu kommen.”
Bis Weihnachten waren es noch gut fünf Wochen. Was konnte in dieser Zeit alles passieren?
Die Trauung fand um elf Uhr vormittags statt. Ein Kollege von George war aus dem Nachbardorf gekommen, um ihn bis zum Abend in der Praxis zu vertreten, und Mrs. Pratt hatte für die zu erwartenden Gäste ein Lunchbüfett arrangiert.
Tombs war zu seiner größten Freude zum Brautführer bestimmt worden, und Miss Tremble, die seit Menschengedenken die Orgel spielte, hatte darauf bestanden, auch die Trauung musikalisch zu begleiten.
Claudia ging allein zur Kirche. Sie trug das graue Kostüm, das sie schon zu lange besaß, und hatte dazu einen Samthut aufgesetzt. Ihre Mutter und Tombs wollten in Georges Auto nachkommen.
Die wenigen eingeladenen Freunde verschwanden fast zwischen den Dorfbewohnern, die vollständig erschienen waren, um die Hochzeit ihres verehrten und beliebten Doktors mitzuerleben. Mr. und Mrs.
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