Das Paradies auf Erden
Abschied. “Sie sind ein liebenswerter Mann, George. Ich weiß, dass Sie und Mum glücklich werden.”
Sie winkte ihm nach, nahm ihren Koffer und betrat das Krankenhaus. Schon nach den ersten Schritten wusste sie, dass es ihr hier nicht gefallen würde, aber sie unterdrückte den Gedanken. Ein übermüdet wirkender Pförtner fragte nach ihrem Namen, forderte sie auf, ihren Koffer stehen zu lassen, und führte sie durch einen langen, düsteren Korridor zu einer Tür, an der “Direktion” stand.
“Herein!” rief eine Stimme, als der Pförtner klopfte, und Claudia betrat einen kleinen, nüchternen Raum. Er war spärlich möbliert und enthielt außer einem Schreibtisch nur einige Stühle und mit Akten gefüllte Regale. Die Frau am Schreibtisch hatte ein schmales Gesicht und kleine dunkle Augen, und ihr Haarschnitt - ein zu glatter und zu kurzer Bubikopf - stand ihr nicht.
“Miss Ramsay?” fragte sie abweisend. “Es ist zu spät, um heute noch mit der Arbeit zu beginnen. Ich rufe jemanden, der Ihnen Ihr Zimmer und Ihre künftige Arbeitsstätte zeigt. Nehmen Sie einen Stuhl, dann erkläre ich Ihnen kurz den Dienstplan.”
Kein ermutigender Anfang, dachte Claudia, aber vielleicht ist die Ärmste auch müde.
Wie sich herausstellte, waren ihre Aufgaben zahlreich, sehr unterschiedlich und nicht genau festgelegt. An drei Tagen in der Woche sollte sie von sieben Uhr früh bis drei Uhr nachmittags arbeiten. Es folgte ein freier Tag, und während der nächsten drei Tage lagen ihre Dienststunden zwischen drei Uhr nachmittags und zehn Uhr abends.
“Ihr freier Tag ist so gelegt, dass Sie am Tag zuvor um drei Uhr Schluss haben und am Tag danach nicht vor drei Uhr anfangen müssen”, lautete die Erklärung.
“Daraus ergeben sich zwei volle Tage.”
Und zwei Nächte zu Hause, dachte Claudia und fühlte sich um einiges leichter.
“Soll ich Sie mit Oberin anreden?” fragte sie höflich.
“Ich bin Miss Norton”, wurde sie in einem Ton belehrt, der besagte, dass sie das hätte wissen müssen. Dann wurde sie der Obhut einer kleinen Frau mit freundlichem Gesicht und fröhlichem Lächeln übergeben, die sich als Schwester Symes vorstellte.
„Sie fangen morgen früh an”, erklärte sie. “Saal B … das ist im anderen Flügel.
Erster Stock, dreißig Betten. Schwester Clark ist dort verantwortlich.”
“Und?” fragte Claudia, als Schwester Symes zögerte.
“Sie ist völlig überarbeitet, weil wir zu wenig Personal haben. Sie meint nicht alles so, wie sie es sagt.”
“Würden Sie mir erklären, was ich im Einzelnen zu tun habe? ,Allgemeine Hilfskraft’ schließt viel ein, und Miss Norton äußerte sich ziemlich ungenau.”
“Nun, meine Liebe…” Schwester Symes lächelte. “Wir haben kaum ausgebildete Schwestern. Sie werden tun, was gerade notwendig ist.”
Sie fuhren mit dem Lift in den obersten Stock, gingen durch eine Tür, auf der
“Privat” stand, und folgten einem Korridor, von dem viele Türen abgingen.
“Hier sind wir”, verkündete Schwester Symes und öffnete eine der letzten Türen. “Ein hübsches kleines Zimmer. Die Waschräume befinden sich am Ende des Korridors … ebenso eine kleine Küche, wenn Sie sich Tee machen möchten.”
Das Zimmer war winzig, aber peinlich sauber. Es enthielt ein Bett und einen Nachttisch, einen kleinen Sessel und einen Schrank. In einer Ecke befand sich ein Waschbecken mit einem Spiegel darüber.
Einige bunte Kissen, einige Fotos und eine Vase mit Blumen, und alles ist perfekt, dachte Claudia. Sie ging zum Fenster, aber der Blick lohnte sich nicht.
Außer einem Gewirr von Schornsteinen war nichts zu sehen.
“Wir beide gehen jetzt in die Wäschekammer”, setzte Schwester Symes ihre Erläuterungen fort. “Sie bekommen drei Kleider, und im Dienst tragen Sie natürlich eine Plastikschürze.”
Die Kleider - mittelbraun und langweilig geschnitten - wurden ausgesucht, und dann begann ein Rundgang durch das Krankenhaus. Es war überraschend groß und hatte altmodische Säle, mit Betten auf beiden Seiten und Tischen mit Topfpflanzen in der Mitte. Alle Plätze waren belegt. Die meisten Patienten saßen neben ihren Betten, sahen fern oder dösten vor sich hin. Einige schliefen, und nur wenige hatten Besuch.
Claudia sah kaum eine Schwester, dafür aber mehrere junge Frauen mit Plastikschürzen, die Tabletts, Schrubber und Eimer trugen oder sich um Patienten bemühten, die aufstehen wollten und nicht mit ihren Gehhilfen zurechtkamen.
Das Ganze entsprach
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