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Das Paradies des August Engelhardt

Das Paradies des August Engelhardt

Titel: Das Paradies des August Engelhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Buhl
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hätte es sein sollen, eine Mischung aus Robinson, Winnetou, Lederstrumpfund Rousseau, doch jetzt ignorierten sie ihn und er machte sich auf den Rückweg. Das nächste Mal würde es besser funktionieren, sicher war er noch zu verschmutzt vom kalten Norden für eine Begegnung, zu befleckt, zu vererdet, erkrankt und ertötet, und musste durch die heilige Sonne verhirnt und vergöttlicht werden, verhimmelt, versonnt und erweckt. In den Palmen an seinem Schlafplatz saß ein Paradiesvogel, ließ seinen lang tönenden Ruf erklingen, öffnete das smaragdgrüne Gefieder und flog mit langsamen Flügelschlägen davon.
    Engelhardt ließ sich ins Wasser gleiten und schwamm mit kräftigen Zügen nach draußen. Die Sonne sank schon und malte orangefarbene Schlieren an den Himmel. Er glitt durchs Wasser, als sei dies das passende Element für den Menschen, spürte die Muskeln, die ihn vorwärtstrieben, die Sehnen, an denen die Muskeln zogen, seine Knochen, die sich im Rhythmus bewegten, und vergaß gleichzeitig, dass er einen Körper hatte, dass er begrenzt war. Hier im Wasser war er ein Teil von allem, verbunden mit allen Meeren und Küsten und Inseln, ein Stück Natur, ein kleines Stück Welt, und die Kraft floss von überall auf ihn zu, sodass er weiterschwamm bis nach draußen, wo die Wellen sich brachen, unermüdlich und mit ungeheurem Getöse, ließ sich von der Strömung zur Insel hin treiben, schwamm wieder raus, atmete die salzige Gischt, wo Meer und Himmel sich trafen, füllte die Lungen damit und tauchte bis fast auf den Grund, wo es dumpf brodelte, schlug Purzelbäume in einem Wirbel, wurde nach oben gerissen, tauchte wieder ab und driftete schließlich ermattet und glücklich an Land, wo er liegen blieb, von den Wellen umarmt und gehalten vom Strand.

Am nächsten Morgen nahm ein Dampfschiff Kurs auf seine Insel. Er warf sein Wollkleid über, wartete an der Mole auf seine Bücher, bekam aber nur eine amtliche Mitteilung des Gouverneurs, dass unerwartet Probleme aufgetaucht seien und daher sein Gepäck nicht zugestellt werden konnte. Er stieg an Bord. Dem Kapitän hing eine Meerschaumpfeife aus dem Mund. Er beschwerte sich über die Strömungen, doppelte Menge Kohle brauche er, ein unberechenbares Meer, launisch wie eine alte Frau, da hätte er auch in Hamburg bleiben können.
    In Ulu kletterte ein schwarzer Hilfspolizist an Bord, Schirmmütze, Karabiner und Lederkoppel mit preußischem Adler, darunter ein Lendentuch. »Grüß Gott«, sagte er in leicht schwäbischem Tonfall und nahm Platz am Heck. In Kerawara wurden ein Grammophon und Platten ausgeladen. »Endlich wieder Schubert hören«, sagte der Empfänger zu Engelhardt; Tropenanzug, Helm, blonder Kinnbart, Ministrantengesicht voller Vorfreude, jugendlich und beseelt. »Die B-Dur Sonate. Die kennen Sie doch? Das Größte, was ein Komponist je geschrieben hat. Einfach nur im Haus sitzen, die Türen und Fenster schließen, einen Bordeaux trinken und Schubert hören und nicht mehr an diese verdammten Nüsse denken, nicht ans Fieber, die Moskitos, das faule Pack hier, sondern für ein paar Momente leben wie ein zivilisierter Mensch in einer zivilisierten Welt und keine Angst davor haben, dass sie einen erschlagen, sondern sich ganz einfach verzaubern lassen von der Musik und nicht von einem der Medizinmänner der Kanaken, gerade der zweite Satz, so unendlich zart und traurig, wie er in der Unendlichkeit verhallt, das ist wahrhaft deutsche Musik für eine empfindsame deutsche Seele, aber wenn dann die Platte zu Ende ist und der letzte Ton am Entschwinden, dann sitzt man noch da und lauscht nach, hört es leiser und leiser verklingen und will nicht wieder die Augen öffnen, aber schließlich knistert nur noch die Nadel und man weiß, es ist Zeit, denn um einen ist nur dieses unbarmherzige Licht, die verdammte Insel, dieses endlose Meer, und alles ist doppelt schlimm, und es hilft nur noch ein Glas und eine andere Platte, die Winterreise zum Beispiel. Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus , das ist auch mein Schicksal, noch anderthalb Jahre muss ich für die Compagnie arbeiten, gerade einmal Halbzeit, noch anderthalb Jahre, wenn ich sie überlebe, aber schon das wäre ein Wunder, und wenn ich sterben sollte, dann bitte am Ende des zweiten Satzes.« Der Kapitän ließ unbeeindruckt davon das Horn erklingen und legte ab. Der Mann winkte und rief: »Kommen Sie mich besuchen. Wir hören Schubert, obwohl ich Bach heiße, Steffen Bach.«
    Das Schiff näherte sich

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