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Das Paradies ist anderswo

Das Paradies ist anderswo

Titel: Das Paradies ist anderswo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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mir ständig Kinder schenkte. Wie konnte ich das alles über Bord werfen, von einem Tag zum anderen? Und die Verantwortung? Und die Moral? Und das Gerede der Leute? Ich glaubte damals an diese Dinge.«
    »Du, verheiratet?« sagte Ky Dong überrascht. »Nach allen Regeln des Gesetzes, Koke?«
    Nach allen Regeln des Gesetzes und sehr viel mehr. Hattest du dich so heftig in Mette Gad verliebt, Paul, in diese junge gebildete, hochgewachsene Dänin, diese Wikingerin mit langem, blondem Haar, die in jenem Winter 1872 Ferientage in Paris verbrachte? Du konntest dich nicht im mindesten erinnern. Doch zweifellos, ja, du hattest dich in die Wikingerin verliebt. Denn du hattest sie eingeladen, ihrden Hof gemacht, ihr deine Liebe erklärt und förmlich um ihre Hand angehalten, die dir Mettes schreckliche hochbürgerliche Familie in Kopenhagen nach langem Zögern und sorgfältigen Nachforschungen über den Bewerber schließlich gewährte. Sie heirateten nach allen Regeln der Schicklichkeit im Rathaus des 9. Arrondissements und in der lutheranischen Kirche von Paris, um diese affektierten Skandinavier zufriedenzustellen. Mit Champagner, Orchester, vielen Gästen und großzügigen Geschenken deines Vormunds Gustave Arosa und deines Chefs Paul Bertin. Und nach kurzen Flitterwochen in Deauville bezogen sie die kleine Wohnung an der Place Saint-Georges, wo du den altperuanischen Umhang an die Wand hängtest, den deine Schwester Marie Fernande und ihr kolumbianischer Bräutigam Juan Uribe dir geschenkt hatten. Du tatest alles, was sich ziemte für einen jungen Börsenmakler mit glänzender Zukunft. Das warst du damals, Paul. Du warst eifrig bei der Sache, verdientest gut, 1873 bekamst du dreitausend Francs Prämie – mehr als alle deine Kollegen in der Agentur Bertin –, und die glückliche Mette richtete die Wohnung ein und brannte darauf, mit dem Kinderkriegen anzufangen. 1874, als der Erstgeborene zur Welt kam und auf den Namen Emil getauft wurde (wegen seines Paten, des guten Schuff, wenn auch ohne das »e« am Schluß, im Gedenken an seine nordischen Vorfahren), erhieltest du einen weiteren Bonus von dreitausend Francs. Ein kleines Vermögen, das die fröhliche Mette Gad für Einkäufe und Vergnügen verschwendete, ohne zu ahnen, daß der Feind schon in ihrem Hause war. Ihr beflissener, liebevoller Ehemann warf heimlich Skizzen aufs Papier und hatte begonnen, zusammen mit Schuff Zeichen- und Malunterricht an der Akademie Colarossi zu nehmen. Als sie es herausfand, wohnten sie nicht mehr an der Place Saint-Georges, sondern in einem noch eleganteren Viertel, im 16. Arrondissement, in einer prächtigen Wohnung in der Rue de Chaillot, die Paul schließlich zu mieten bereit war, um Mettes Größenwahn zu befriedigen, wenn er ihr auch zu bedenkengab, daß sie seine finanziellen Möglichkeiten überstieg.
    Die Wikingerin entdeckte das heimliche Laster durch eine andere Person, die in deinem damaligen Leben eine entscheidende Rolle spielte: Camille Pissarro. Auf der kleinen Karibikinsel Saint Thomas geboren, wo er zum Ausgestoßenen geworden war, weil er eine Sklavenrevolte unterstützt hatte, war Camille nach Europa gekommen, um zusammen mit seinen Freunden von der Gruppe der sogenannten Impressionisten unbeirrt seine Laufbahn als Künstler der Avantgarde fortzusetzen, ohne sich im mindesten wegen der wenigen Käufer zu beunruhigen, die seine Bilder fanden. Er verkehrte mit anarchistischen Intellektuellen wie Kropotkin, der ihn besuchte, und bezeichnete sich als »guten Anarchisten, der keine Bomben legt«. Paul lernte ihn bei seinem Vormund Gustave Arosa kennen, der ihm ein Landschaftsbild abgekauft hatte, und seitdem sahen sie sich häufig. Auch er kaufte ihm ein Bild ab. Seiner geringen Einkünfte wegen konnte Pissarro nicht in Paris leben. Er hatte ein kleines Häuschen auf dem Land, in der Nähe von Pontoise, wo er, ein biblischer Patriarch, mit Engelsgeduld seine sieben Kinder aufzog, die ihn abgöttisch liebten, und seine Frau Julie ertrug, ein ehemaliges Dienstmädchen mit herrischem Wesen. Sie behandelte ihn schlecht vor seinen Freunden und warf ihm sein Unvermögen vor, Geld zu verdienen. »Du malst nur Landschaften, die niemandem gefallen«, schimpfte sie vor Paul und Mette, die auf ihre Einladung am Wochenende bisweilen nach Pontoise kamen. »Mal besser Porträts, ländliche Feste oder Akte, wie Renoir oder Degas. Denen geht es besser als dir, oder?«
    An einem Sonntag, als sie bei einer Tasse Schokolade zusammensaßen,

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