Das Paradies ist woanders! (German Edition)
er zum Auto hinüber.
„Ich glaube nicht, dass du fahren solltest, so betrunken wie du es bist. Ruf lieber ein Taxi, dann kommt ihr alle sicher ans Ziel!“
Schon im gleichen Moment erkennt er, dass seine Worte den jungen Mann nicht erreichen. Mit einem völlig verständnislosen Blick, starrt dieser ihm nun ins Gesicht.
„Ich soll nicht mehr fahren können? Was denkst du dir eigentlich? Ein richtiger Cowboy ist immer in der Lage, zu fahren. Du bist eine ganz schöne Memme, Mex. Komm jetzt, steig ein, oder willst du nach Hause laufen?“
Joshua presst die Lippen zusammen, schüttelt abwehrend den Kopf. Er tritt eine Schritt zurück, als Ringo die Fahrertür schließt. Juan, der hinter dem Fahrer sitzt, öffnet jetzt seine Tür.
„Komm schon, Josh. Oder willst du hier übernachten? Es gibt bald ein Gewitter, sieh doch mal zum Himmel, die dunklen Wolken da oben bedeuten nichts Gutes.
Es ist ziemlich ungemütlich, wenn man bei einem solchen Wetter mehr als zehn Meilen laufen muss. Na los, Ringo bringt uns nach Hause.“
„Ich glaube nicht, dass er das noch schafft, Juan. Du solltest besser mit mir zusammen ein Taxi nehmen, das ist sicherer. Steig lieber wieder aus.“
Aber Juan grinst nur breit, auch er ist alles andere als nüchtern. Dann schüttelt er den Kopf und schließt, als Ringo den Motor des schweren Wagens startet, seine Tür.
Ringo tritt das Gaspedal durch. Das große Fahrzeug setzt sich mit aufheulendem Motor und durchdrehenden Reifen in Bewegung. Es schlingert ein wenig, fährt in deutlichen Schlangenlinien auf dem Weg zur Ausfahrt weiter. Dann wird es voll abgebremst. Eine Zeit lang bleibt der Wagen an dieser Stelle stehen, ohne dass etwas passiert. Dann öffnet sich die Fahrertür und Ringo beugt sich heraus. Joshua kann sehen, dass er sich übergeben muss, beinahe wäre er dabei aus dem Auto gefallen. Erst nach mehreren Minuten richtet sich der junge Mann wieder auf, er dreht sich in Joshuas Richtung um.
„Hey, du, Mex! Komm mal rüber, ich will dich was fragen!“
Auch wenn der Ton des Jungen unverschämt ist, und er auf eine solche Ansprache hin normalerweise nicht reagieren würde, nähert Joshua sich dem Pick-Up. Er bleibt schließlich, nur ein paar Meter neben der geöffneten Fahrertür, stehen.
„Hast du eigentlich eine Fahrerlaubnis? Ich meine, einen Führerschein ...“, fügt Ringo überflüssigerweise hinzu, als Joshua nicht sofort reagiert.
„Oh Mann, ich glaube, mir ist zu übel, ich schaffe das heute nicht mehr. Kannst du uns vielleicht fahren? Oder hast du auch dafür keinen Mumm?“
Man kann Ringo deutlich anmerken, dass es ihn große Überwindung kostet, diese Frage zu stellen. Trotz seines bedauernswerten Zustands, fällt es dem jungen Mann schwer, über seinen Schatten zu springen, und ausgerechnet einen Latino um Hilfe zu bitten. Aber er hat in diesem Augenblick keine große Wahl, will er nicht die ganze Nacht auf dem Parkplatz verbringen.
Joshua seinerseits verzieht keine Miene, auch wenn er diesem unverschämten Kerl am liebsten eine entsprechende Antwort gegeben hätte. Doch man kann deutlich erkennen, dass das in diesem Moment ohnehin keinen Sinn machen würde. So nickte er nur kurz, er antwortet betont lässig.
„Klar habe ich eine Fahrerlaubnis. Wenn du willst, dann fahre ich euch. Ich denke, das ist besser, als es dich noch einmal versuchen zu lassen. Rück rüber, damit ich hinters Steuer kann.“
Ringo antwortet nicht mehr darauf, er starrt jetzt nur noch ins Leere. Aber er macht zumindest das, was Joshua gesagt hat.
Wenige Minuten später befinden sie sich auf dem Highway in Richtung Innenstadt.
Einundzwanzig Uhr dreißig
„Dein Großvater wird sehr enttäuscht von dir sein, Joshua!“
Erstaunt hebt der Junge den Kopf ein wenig, um zu dem Mann herüberzusehen, der auf der anderen Seite des Raumes steht und zum Fenster herausschaut.
Dann senkt er seinen Blick jedoch wieder. Der Mann sieht sich nicht zu ihm um.
Statt dessen beobachtet er, wie die Sonne langsam, als glutroter Ball hinter den nahen Bergen im Westen versinkt. Ich war schon lange nicht mehr dort, ich sollte am nächsten Wochenende mal wieder einen Ausflug mit Kathy und den Kindern machen.
Die Tucson Mountains sind wunderschön, besonders um diese Jahreszeit. Nein, eigentlich immer. Doch leider habe ich nur viel zu selten Zeit, die Gegend zu erkunden. Auch heute, am Samstag, muss ich arbeiten , wahrscheinlich auch morgen, wenn ich mir den Jungen so betrachtet
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