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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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herzhaft duftende Fleisch stibitzen wollte. Die Gerüche von Bier, Wein und Schweiß schwängerten die Luft und raubten ihr den Atem.
    Wäre sie eine einfache Magd, dann wäre sie schon längst fort, dachte Marianne, während sie bemüht lächelnd die Fleischplatte auf dem Tisch abstellte und eine weitere Hand daran hinderte, ihr Hinterteil zu begrapschen. Gäbe es auch nur eine einzige Möglichkeit, zu gehen, hätte sie sie genutzt. Doch es gab keine. Ihr ganzes Leben würde sie bei diesen Trunkenbolden verbringen. Abend für Abend, Nacht für Nacht würde sie in dieser verrauchten und stickigen Gaststube stehen, und niemals würde sich daran etwas ändern. Wahrscheinlich endete sie irgendwann wie Irmgard, verscharrt und vergessen auf dem Armenfriedhof.
    Hinter der Theke spülte Margit, die zweite Küchenmagd der Brauerei, Gläser. Marianne gesellte sich zu ihr. Margit und sie waren in etwa gleich alt. Sie war ein wenig kleiner als Marianne und hatte lockiges kupferrotes Haar, das sich nur schwer bändigen ließ. Ihre Haut war kreideweiß und von Sommersprossen übersät. Margit wollte ebenfalls fort aus der Brauerei, allerdings aus anderen Gründen, die ausschließlich etwas mit dem männlichen Geschlecht zu tun hatten. Deshalb hatte sie sich auch heute wieder ausgesprochen aufreizend zurechtgemacht. Ihr dunkelblaues Leinenkleid war eng geschnürt, und ihre Brüste hatte sie ein gutes Stück nach oben geschoben. Ein Korsett, wie es sich die reicheren Frauen Rosenheims leisten konnten, besaßen sie beide nicht. Deshalb wickelte Margit einfach ein Stück Stoff unter ihre Brüste, was in etwa dieselbe Wirkung hatte.
    »Der Büttel und sein Kumpan möchten noch zwei Gläser Wein. Ich hab sie schon eingeschenkt. Kannst du die Bestellung an den Tisch bringen? Du siehst doch, was hier los ist.«
    Margit wies in den Gastraum und schenkte dabei dem Wildbacher Gerhard, der sabbernd in ihren Ausschnitt starrte, ein verführerisches Lächeln. Marianne verdrehte die Augen, griff nach den Gläsern und schob sich an einer Gruppe singender Männer vorbei zum Tisch des Büttels.
    August Stanzinger, wie der Büttel hieß, war ein kleiner, drahtiger Mann mit schmalen blauen Augen in seinem kantigen Gesicht. Seine Wangen wirkten eingefallen, und selbst wenn er lächelte, hatte er nichts Freundliches an sich. In seiner Gegenwart fühlte sich Marianne immer seltsam unbehaglich und verletzbar. Eilig stellte sie die Gläser auf den Tisch und wich dem kühlen Blick aus, den er ihr zuwarf. Sein Gegenüber war ihr unbekannt. Den großen blonden Mann, der ihr sogar ein Lächeln schenkte, hatte sie hier noch nie gesehen. Eigentlich kannte in Rosenheim jeder jeden. Nur in den letzten Jahren, seitdem immer wieder Soldaten und Landsknechte durchzogen und untergebracht werden mussten, gab es auch Fremde hier. Doch der Mann sah weder wie ein Soldat noch wie ein Landsknecht aus. Neugierig musterte Marianne, nachdem sie wieder hinter der Theke war, die beiden sich angeregt unterhaltenden Männer. »Sag mal, Margit, kennst du den Mann, mit dem der Büttel heute hier ist?«
    Margit, die gerade eine Runde Schnaps für einen der größeren Tische vorbereitete, blickte zu den beiden hinüber und schüttelte den Kopf.
    »Den habe ich hier noch nie gesehen. Warum interessiert dich das? Findest du ihn hübsch?« Marianne seufzte.
    »Nein, finde ich nicht. Ich wollte einfach nur wissen, ob du etwas über ihn weißt. Der Büttel scheint ihn ganz gut zu kennen, so wie er mit ihm redet.«
    Margit zuckte mit den Schultern.
    »Keine Ahnung. Der wird schon wissen, wer er ist. Mir gefällt der Kerl nicht. Und mit Männern, die man nicht kennt, sollte man sowieso nicht liebäugeln. Das hat meine Mutter schon immer gesagt. Schuster bleib bei deinen Leisten, hat sie gesagt. Am Ende ist er ein armer Schlucker oder ein Verbrecher.«
    »Ein Verbrecher, der sich mit dem Büttel unterhält?«, fragte Marianne und verdrehte kopfschüttelnd die Augen. Wenn es um Männer ging, dachte Margit nur an das eine und hatte eine blühende Phantasie. Warum die Küchenmagd noch nicht unter der Haube war, war Marianne schleierhaft. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Margit es mit ihrer Tugend nicht so genau nahm. Mehr als ein Mal hatte sie sie dabei beobachtet, wie sie mit einem Burschen hinterm Hühnerstall verschwunden war. Wenn sie so weitermachte, würde sie nicht als treue Ehefrau, sondern als Hure enden.
    Den Rest des Abends verbrachte Marianne hinter der Theke. Ab einer

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