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Das Pestkind: Roman (German Edition)

Das Pestkind: Roman (German Edition)

Titel: Das Pestkind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Steyer
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soll Euer Schaden nicht sein.« Die Stimme des Mannes klang zynisch.
    Der Büttel seufzte hörbar.
    »Meinetwegen. Aber wir müssen genau darüber nachdenken, wie wir es am besten machen. Am Ende stellt der Bengel doch noch Ansprüche.«
    »Aber der Bengel ist doch einfältig und dumm.«
    »Ja schon«, erwiderte der Büttel. »Aber Ihr wisst ja, wenn es ums Geld geht, da begreift selbst der Dümmste Dinge, die er vorher nicht verstanden hat.«
    Die Stimmen entfernten sich.
    Langsam frischte der Wind auf. Erneut erhellten Blitze die Dunkelheit, und die ersten dicken Tropfen fielen vom Himmel.
    Marianne stand, wie zur Salzsäule erstarrt, an der Hauswand. Der Wind, die Regentropfen, alles prallte an ihr ab. Das eben Gehörte konnte sie kaum glauben. Wenn sie die Männer wirklich richtig verstanden hatte, dann planten die beiden einen Mord.

D ie Frau auf dem Boden hatte ihren Kopf abgewandt und die Augen fest geschlossen. Rhythmisch bewegte sich ihr Körper. Sie spürte den Atem des jungen Soldaten an ihrem Hals, hörte sein Stöhnen. Ihr nackter Po scheuerte über den Dielenboden, und wie durch eine Wand drangen die Rufe der Männer an ihr Ohr.
    »Ja, komm schon, Claude, zeig ihr, wer hier der Sieger ist«, feuerten die Männer, die um die beiden herumstanden, den jungen Burschen an, der sich mit aller Macht an ihr verging.
    Nur einer der Männer hielt sich zurück und beobachtete die Szene teilnahmslos. Albert Wrangel konnte Vergewaltigungen nichts abgewinnen. Eine Frau gegen ihren Willen zum Beischlaf zu zwingen, das hatte in seinen Augen etwas Barbarisches. Er stand in der Nähe des Eingangs, direkt neben der Leiche des Mannes, der eben noch versucht hatte, sein Haus und seine Familie zu verteidigen. Jetzt lag er mit starrem Blick und aufgeschlitztem Bauch in einer Blutlache auf dem Boden. Normalerweise hätte er sich geekelt, aber die letzten Jahre hatten ihn gelehrt, mit so einem Anblick fertig zu werden.
    Die anderen Männer seiner Gruppe waren länger dabei als er und kämpften bereits seit Jahren an der Seite seines Bruders, General Wrangel, obwohl man die Plünderungen, die sie zur Zeit durchführten, nicht als Kampf bezeichnen konnte. Seit dem Sieg in der Schlacht bei Zusmarshausen zogen sie durch Städte und Dörfer und brachten den leidenden und armen Menschen, die ihr eigener Kaiser fast verhungern ließ, Tod und Verderben. Sein älterer Bruder, Carl Gustav Wrangel, war ihm völlig fremd geworden, denn sein Name war der Inbegriff für Grausamkeit. Doch hatte er den Heerführer jemals wirklich gekannt?
    Leises Schluchzen drang plötzlich an sein Ohr. Er bückte sich und blickte unter den klobigen Esstisch. Unter der Ofenbank saßen zwei Kinder. Ein Bursche, nicht älter als zehn Jahre, hielt einem kleinen Mädchen, das höchstens vier oder fünf Jahre zählte, verzweifelt den Mund zu. Tränen rannen über die Wangen der Kleinen, die ihn mit weit aufgerissenen Augen, in denen die blanke Panik stand, anstarrte. Der Junge dagegen erwiderte Alberts Blick ohne Furcht und legte seinen Finger auf die Lippen. Das Mädchen schluchzte erneut, und er presste seine Hand noch fester auf ihren Mund. Er war überraschend ruhig für einen Zehnjährigen, der gerade gesehen hatte, wie sein Vater ermordet worden war. Tapfer verteidigte er seine Schwester. Dieser Mut imponierte Albert. Er lächelte, legte ebenfalls den Finger auf die Lippen und zeigte zu seinen Kumpanen hinüber. Erleichtert sank der Junge in sich zusammen.
    Claude war inzwischen fertig, schob sein Wams zurecht und stellte sich grinsend neben Albert, während sich der nächste der Kameraden über die Frau hermachte.
    »Nach Markus bist du an der Reihe. Sie ist schön feucht, warm und willig, hat dicke, feste Brüste. Du wirst es lieben.«
    Albert machte eine abfällige Handbewegung.
    »Ich mache mir nichts aus dicken Bauersfrauen.«
    Claude sah ihn irritiert an.
    »Aber sie ist genau das Richtige für einen Kerl wie dich.«
    »Nein, ich möchte nicht«, wiegelte Albert erneut ab. »Wir sollten auch langsam von hier verschwinden, immerhin müssen wir heute noch zum Berichterstatten ins Hauptlager reiten.«
    Claude blickte nach draußen, wo das laute Kreischen der Weiber und das Geschrei der Kinder nachgelassen hatten. Ab und an rannten Soldaten an der geöffneten Tür vorbei, und auf der Straße lagen erschlagene Menschen, deren Blut sich mit dem Regen vermischte.
    »Du bist ein Spielverderber, Albert. Dein Bruder hätte die Alte gewiss genommen. Er lässt

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