Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zin meister Deana
Vom Netzwerk:
Susanna eine Handvoll Beeren und steckte alle auf einmal in den Mund. Gierig zerkaute sie das Obst und verzog angewidert das Gesicht, denn es schmeckte bitter und sauer. »Igitt!«, schimpfte sie und spuckte es wieder aus. Da sie sonst nichts Essbares finden konnte, griff sie nach ihrem Beutel und ging am Rand des Ackers weiter.
    In der Nacht war Susanna vom Weg abgekommen, und nun sah sie nichts außer Wiesen und Feldern. »Der Acker muss erst vor kurzem umgepflügt worden sein«, murmelte sie und betrachtete die frischen Erdschollen. »Sicher wohnt der Bauer in der Nähe«, überlegte sie und marschierte auf einen grasbewachsenen Hügel zu. Sie hoffte, von oben mehr zu erkennen.
    Heftig atmend stand sie auf der Erderhebung und blickte sich um, doch nichts kam ihr vertraut vor. Im Gegenteil: Sie sah vor sich in der Ebene einen Fluss, der sich bis in die Ferne durchs Wiesengelände schlängelte und den sie zuvor noch nie gesehen hatte. »Vermaledeit!«, schimpfte sie. »Wo bin ich hingeraten?«
    Warmer Wind blies ihr die Haare aus dem Gesicht, als sie einen Bauern entdeckte, der ein Gespann mit einem Ochsen führte. Sogleich streckte Susanna ihre Hände in die Höhe, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Als er sie sah, hielt er den Ochsen an und schaute zu ihr herauf. Zaghaft winkte er zurück. Susanna stieg vorsichtig den Hügel hinab, denn sie spürte bei jedem Schritt das Stechen im Kreuz.
    Der Bauer stützte sich auf seinen Pflug und schaute Susanna entgegen. Sein Gesicht war voller Runzeln, und seine Haut schien vom Wetter gegerbt zu sein. Mit wasserblauen Augen blickte er sie fragend an.
    »Ich habe mich verirrt«, erklärte Susanna ohne Umschweife.
    »Woher weißt du das?«
    »Den Fluss in der Niederung habe ich noch nie gesehen.«
    »Du meinst die Saar?«, fragte der Alte und blickte sie zweifelnd an. Susanna nickte.
    »Woher kommst du?«
    »Aus Heusweiler«, stammelte sie.
    »In Heusweiler war ich schon als kleiner Bub. Ich kenne den Ziegler Hermann, dem ich früher alljährlich Vieh verkauft habe. Jetzt schon länger nimmer. Kennst du den Ziegler?«
    Susanna schüttelte den Kopf.
    »Wohin willst du, Mädchen, dass du in dieser Gegend umherirrst?«, fragte der Alte und blickte sie neugierig an.
    Susannas Gesichtszüge erstarrten. Sie wollte nicht antworten, was der Mann zu spüren schien. Als sie schwieg, wies er hinter sich. »Heusweiler liegt in dieser Richtung.«
    Er zog eine Pfeife aus seinem Hosenbund und steckte sie sich in den Mund. Obwohl er sie nicht anzündete, kaute er genussvoll auf dem Stiel und zog ab und zu daran, als ob sie qualmte. Susanna stand wie ein Bogen gekrümmt vor ihm. Er kniff die Augen zusammen und betrachtete sie. »Dich schmerzt das Kreuz?«, fragte er.
    Susanna konnte nur nicken.
    »Dreh dich um«, nuschelte er mit der Pfeife im Mund. Als er ihren entsetzten Blick sah, ließ ein Grinsen seine blauen Augen aufleuchten. »Keine Angst, Mädchen. Ich will dir helfen.«
    Zweifelnd drehte Susanna ihm den Rücken zu. Sie spürte, wie er mit den Fingern ihr Kreuz abtastete. »Aha!«, murmelte er und fasste ihr unter die Schultern. Mit einem heftigen Ruck zog er sie zu sich, sodass es laut krachte und sie gequält aufschrie. Als er sie losließ, spürte Susanna sofort Linderung.
    »Was hast du gemacht?«, fragte sie und drehte ungläubig ihren Oberkörper nach rechts und links.
    »Mehrere Wirbel waren aus dem Kreuz verrutscht. Ich habe sie wieder in die gerade Reihe gerückt.«
    »Bist du ein Heiler?«
    »Haha«, lachte der Alte. »Nein, ich bin Bauer. Doch meine Frau, die Berta, hat das gleiche Leiden. Alle paar Wochen wieder, wenn sie die Kuh melkt, kommt sie nicht mehr vom Schemel hoch. Dann rucke ich sie, und schon geht sie wieder gerade.«
    »Ich danke dir von Herzen. Leider kann ich dich nicht bezahlen.«
    »Du willst mich wohl beleidigen, Mädchen«, sagte er zwar entrüstet, doch seine Augen lachten. »Ich muss weiter!«, erklärte er schließlich und hob seinen schmutzigen Filzhut, um sich über die stoppelkurzen grauen Haare zu kratzen. Dann setzte er den Hut wieder auf, nahm die Pfeife aus dem Mund und sagte: »Wenn du den Ziegler Hermann sehen solltest, bestelle ihm einen schönen Gruß vom Erwin aus Dillingen.«
    Susanna nickte.
    Der Mann gab dem Ochsen mit der flachen Hand einen Schlag auf das Hinterteil, und das Tier setzte sich in Bewegung.
    Da Susanna nicht wusste, wohin sie sonst gehen sollte, folgte sie der Richtung, die ihr der Mann gewiesen hatte. »Ich werde

Weitere Kostenlose Bücher