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Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zin meister Deana
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dachte: Solch ein schneidiger Bursche, doch leider hat er einen Sprachfehler.«
    Urs zwinkerte ihr zu und fragte: »Kannst du mir sagen, warum alle Häuser hier dieses rote Zeichen an der Tür haben?«
    Nun setzte sich die Magd zu ihnen an den Tisch und erklärte: »Nicht alle Häuser haben die spiegelverkehrte Vier auf der Tür. Nur die, in denen noch Menschen wohnen. Die der Toten waren mit einem schwarzen Kreuz gekennzeichnet.«
    »Warum?«, fragte Susanna sogleich, da sie ins Gespräch einbezogen werden wollte. Dabei musterte sie das Mädchen, das nicht älter als sie selbst sein konnte. Es war von üppiger Gestalt mit dunkelblonden Zöpfen, die ihr bis zu den Hüften reichten. Mit ihren braunen Augen schaute sie Urs aufreizend an. Ihm schien das zu gefallen, denn er erwiderte ihr Lächeln. Susanna sah, dass seine Blicke wiederholt über die üppige Oberweite der Magd glitten, die ihre Reize offenherzig zur Schau stellte.
    Ärger stieg in Susanna hoch. Doch sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen.
    Die Magd schien Susannas Abneigung zu spüren und wandte sich ihr mit hochnäsigem Blick zu. »Warum fragst du?«, antwortete sie schnippisch und musterte Susanna geringschätzig.
    »Ich will wissen, warum nur die Türen der Häuser dieses Zeichen haben, die bewohnt sind«, wiederholte Susanna ihre Frage.
    »Wie dumm bist du denn?«, fragte die Magd zurück.
    Susanna holte tief Luft, um aufzubegehren, doch Urs legte ihr unter dem Tisch die Hand auf das Bein, sodass sie erschrocken den Atem wieder ausstieß.
    Das Mädchen schüttelte ungläubig den Kopf. »Was nützt toten Menschen die spiegelverkehrte Vier? Sie soll die Lebenden vor der Pest schützen.«
    Susanna blickte zuerst die Magd und dann Urs entsetzt an. »Die Pest ist im Ort?«, flüsterte sie.
    Das Mädchen verneinte. »Es ist schon länger her, seit die Seuche hier im Ort und in der Umgebung gewütet hat. Alle Häuser, in denen Pesttote zu beklagen waren, wurden abgebrannt.«
    »Sind das die Ruinen, die wir auf dem Weg hierher gesehen haben?«
    Die Magd nickte. »Ein Wanderprediger hat uns erzählt, dass das blutrote Zeichen die Pest fernhalten würde. Wir haben Geld zusammengelegt, damit er unsere Häuser mit Weihrauch ausräucherte. Anschließend hat er auf jede Haustür mit Schweineblut das Zeichen gemalt.«
    »Hat es genützt?«, wollte Urs wissen.
    »Seitdem kam die Pest jedenfalls nicht mehr zurück. Allerdings weiß niemand, warum es ausgerechnet eine spiegelverkehrte Vier sein muss.«
    »Hier in der Nähe soll es ein Pestlazarett geben, wohin man die erkrankten Menschen bringt«, sagte Susanna.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte die Magd misstrauisch. »Du bist nicht von hier.«
    »Ein Bauer, den wir unterwegs getroffen haben, hat es uns erzählt«, log Urs.
    Sogleich schenkte die Magd ihm ihr schönstes Lächeln und antwortete: »Das ist die Kirche von Aschbach, die man jetzt als Pestlazarett nutzt. Sie steht weit abseits des Weges in einem Waldstück außerhalb von Gersweiler.« Sie zeigte durch das geschlossene Fenster in eine Richtung. »Früher sind die Menschen aus Gersweiler und aus dem Nachbarort Ottenhausen in die Aschbacher Kirche zur Messe gegangen. Doch da der Weg dorthin meist bergauf geht und zudem sehr weit ist, haben sich besonders die Alten über den anstrengenden Weg beschwert. Deshalb wurde der Gottesdienst nach Malstatt verlegt. Die Kirche stand etliche Jahre leer, bevor beschlossen wurde, sie als Lazarett für diejenigen zu nutzen, die von der Pestilenz befallen sind. Aus Saarbrücken und Umgebung werden die Kranken dorthin gebracht, wo sie sich bis zu ihrem Tod selbst versorgen müssen. Ich bin einmal dort gewesen und sage euch, nie wieder gehe ich dorthin. Der Ort ist unheimlich. Nicht nur, weil die Toten dort beerdigt werden, sondern auch, weil es ein Ort der Schreie und des Jammerns ist.« Die Stimme der Magd war nur noch ein Hauchen.
    »Was wolltest du dort? Hattest du keine Angst, verseucht zu werden?«, fragte Urs und blickte sie besorgt an.
    »Es war eine Wette«, gestand sie.
    »Eine Wette?«, fragte er ungläubig.
    Die Miene der Magd verdunkelte sich. Man konnte sehen, wie eine Gänsehaut ihre Arme überzog. Als die Tür der Gaststube aufgestoßen wurde, sprang sie auf.
    »Ich muss arbeiten«, sagte sie und wollte zu den neuen Gästen gehen, doch Urs umfasste ihren Unterarm und zwang sie, stehen zu bleiben.
    »Welche Wette?«, fragte er eindringlich.
    Die Magd stützte ihre Hände vor ihm auf die

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