Das Pete Buch 15 - Hals und Beinbruch Boys
in einer eigenen Kutsche!"
Es war ein sehr gebrechliches Gefährt, wie die Jungen bei der Besichtigung feststellten. Es sah noch gebrechlicher aus als das Pferd. Mr. Shortys Bauchrednerei und die „Zwergenhochzeit der Liliputaner" schienen nicht viel einzubringen. Sam wollte eben etwas dazu sagen, als draußen auf der Straße, dicht vor dem Ranchtor, ein entsetzliches Gebrüll losging. Es hörte sich an, als feiere eine Horde junger Teufel Geburtstag. „Yip-e-e-e!" Immer wieder ertönte dieses „Yip-e-e-e!"
Die Jungen vergaßen Mr. Shortys Wäglein und liefen ans Tor, um zu sehen, was los war. Beinahe hätte es ein Unglück gegeben. Sie vermochten sich gerade noch im letzten Augenblick zur Seite zu werfen. Zwei Reiter
sprengten herein. Es waren ganz verrückte Kerle; sie saßen keineswegs in den Sätteln, wie sich das gehörte. Sie standen darauf, als seien sie Zirkuskünstler, und vollführten bei ihrem tollen Ritt die verdrehtesten Verrenkungen. Pete und Sam starrten sich verdutzt an. „Hol' mich dieser und jener!" stammelte die Sommersprosse endlich. „So was tu ich nur im Notfall — wenn es gar nicht anders geht! Aber bloß so zum Vergnügen — no, mein Lieber!"
Dann kam es, wie es kommen mußte. Der erste der beiden Reiter wollte den Effekt seines Auftritts noch um einiges erhöhen und zog den Colt aus dem Holfter. Gleich darauf knallte es ein paarmal in die blaue Nachmittagsluft hinein. Das erschreckte Mammy Linda, die gerade in diesem Augenblick in frischen Kleidern wieder aus dem Haus trat. Sie warf, als sie sah, was los war, die Arme in die Luft und schrie los. Das wiederum machte das Pferd des verrückten Reiters scheu. Eine so wilde, urgewaltige Stimme wie Mammys Organ hatte es wohl noch nie gehört. Es brach seitwärts aus und raste auf die Stallgasse zu.
„Das geht daneben!" murmelte Pete und setzte in langen Sprüngen hinter dem wild gewordenen Gaul her. Was er tun sollte, wußte er zwar nicht, aber er wollte wenigstens an Ort und Stelle sein, wenn die Katastrophe da war. Dort, wo die Stallgasse begann, zog sich in Höhe des Dacheinstiegs ein Querbalken über sie hinweg. Der Reiter sah diesen erst im allerletzten Augenblick. Pete schrie, um ihn zu warnen. Wenn der Kerl mit dem Kopf
dagegen knallte, gab es nicht nur Funken und Sterne, sondern wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung mit Knochenbruch.
Der tolle Reiter jedoch erwies sich als äußerst geistesgegenwärtig. Er wartete nicht ab, bis er mit dem Kopf gegen den Balken knallte, sondern tat das einzig Mögliche, er sprang aus dem Sattel! Ohne Anlauf sprang er dann den Balken an, knallte mit dem Bauch dagegen und packte in der gleichen Sekunde mit beiden Händen zu. Das Pferd setzte im Karacho unter ihm hinweg. Die Wucht seines Aufpralles setzte sich in einer Art von Bauchwelle fort, die er den erstaunten Zuschauern darbot. Als die Gewalt des Schwunges abklang, schien er sich nicht mehr halten zu können und ließ los.
Er kam aber nicht mit der harten Erde in Berührung. Er landete auf Pete, der inzwischen den Platz unter dem Querbalken erreicht hatte und dem Fremden etwas zurufen wollte. Im gleichen Augenblick lagen beide im Sand. „Wollen Sie mich denn mit aller Gewalt zum Pfannkuchen machen?" schimpfte Pete erbost.
„Er sagt ,Sie' zu mir!" schrie der andere vergnügt. „Er sagt wirklich ,Sie' zu mir!"
Pete sprang auf die Beine. Es tat ihm zwar Verschiedenes weh, aber es war gerade noch ohne Verletzungen abgegangen. Er starrte den Reiter an, der sich auf so sonderbare Weise bei ihnen einführte. „Mensch, Mann!" schrie er dann verblüfft. „Ich hab' wohl Scheuklappen an den Augen! Chris, der göttliche Chris! Wo kommt denn der her?"
Chris de la Fontanelle war ein sehr berühmter Mensch. Keineswegs ein Mann, nein, noch ein Junge, nicht älter als Sommersprosse, aber schon so bekannt, daß die ganze Welt von ihm sprach. Er war nämlich Filmschauspieler, jugendlicher Held. „Der göttliche Chris" stand auf den Plakaten, wenn ein Film gegeben wurde, in dem er mitspielte. Er hatte auch einmal in Somerset gefilmt und war dabei entführt worden. Von seinem eigenen Vater, der nicht wollte, daß die Mutter einen Wunderknaben aus ihm machte. Nun aber hatten sich die Eltern geeinigt, und alles war in Butter.
Inzwischen hatte sich der andere der beiden wilden Reiter mit einem gellenden Jauchzer vom Pferd und der schwarzen Mammy an die Brust geworfen. „Gute Mammy!" schrie er begeistert, „wir sind wieder da! Brat uns gleich mal
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