Das Pete Buch 36 - Wo gibts denn sowas
sollte — begann wieder auf und ab zu hüpfen wie ein Stehaufmännchen. „Mensch, Mann! Mensch, Mann!" Er stotterte immer dasselbe.
Nun hatte Pete seinen Gaul erreicht. Zwiesel und Zwasel verdoppelten ihr Geschrei. Pete jedoch kümmerte sich nicht darum. In der nächsten Sekunde saß er im Sattel. Ein spöttisches „Yip-e-e-e!" schallte zu den Verfolgern hinüber, dann preschte er vergnügt davon.
Und in genau dem Augenblick kamen die fremden Boys aus ihrer Pferdehöhle; aufgeregt zerrten sie ihre Gäule hinter sich her. Sie hatten sich nicht einmal Zeit genommen, sie zu satteln; es machte ihnen nichts aus, auf blankem Fell zu reiten; durch das Satteln hätten sie kostbare Minuten verloren.
Der Weg, den Pete nehmen mußte, war nur schmal. Der Junge lag tief über den Hals seines Gaules gebeugt; er flüsterte ihm aufmunternde Worte ins Ohr. Einige fünfzig oder sechzig Meter hinter ihm lag der erste der Verfolger; die fremden Jungen ritten in weit auseinander gezogener Linie hintereinanderher.
Regenwurm biß die Zähne zusammen; er durfte vorläufig die Anwesenheit seines Trupps auf keinen Fall verraten, wenigstens vorläufig noch nicht; am liebsten hätte er natürlich losgeschrien; es fiel ihm wirklich schwer, sich zu beherrschen. Dann war es endlich so weit. „In die Sättel!" brüllte er los. „Drauf und dran! Los, meine Herren, keine Müdigkeit vorschützen!"
Natürlich saß er als erster im Sattel; ebenso selbstverständlich setzte er sich an die Spitze der Kavalkade, die nun seinerseits hinter Petes Verfolger hertobte. Die fremden Jungen waren von der Jagd so besessen, daß sie gar nicht merkten, daß sie nun ihrerseits gejagt wurden. „Der Weg schlängelte sich in vielen Windungen bergab; die Somerseter wußten, daß sie nach kurzer Zeit auf eine große, ebene Wiese mußten, die zur Osborne-Ranch gehörte. Dieser Wiese strebte Pete zu; warum, das war Regenwurm nicht ganz klar. Hier hatten die Gegner nämlich ausgezeichnet Gelegenheit, den Flüchtenden einzukreisen.
Jimmy aber lag immer noch auf dem Bauch; das Hölzchen in seinem Nacken flößte ihm Angst und Schrecken ein. Mit lauter, weithin schallender Stimme zählte er weiter: „Zweihundertdreiundneunzig — zweihundert-vierundneunzig — zweilumdertfünfundneunzig —" Der Wind trug den Schall seiner Worte durch die Gegend und scheuchte alles fliegende und kriechende Getier in der näheren und weiteren Umgebung auf. —
Mr. John Watson reckte sich. Er hatte vom Hocken in der unbequemen Stellung einen steifen Nacken bekommen; aber ein Hilfssheriff muß nun einmal um der Gerechtigkeit willen viel leiden. Er steckte noch immer in der Regentonne, die neben dem Bahnhofsgebäude von Somerset stand, und wartete hier die Ankunft des Mittagszuges ab; er war der Überzeugung, daß mit diesem Zug neue Komplicen ankommen würden.
Er sah sich nicht enttäuscht; die Komplicen kamen? Woran er sie erkannte? Nun, erstens waren es Fremde, und zweitens strebten sie sofort dem „Silberdollar" zu, wo sich ja bereits die andern Komplicen eingefunden hatten. Als die Leute weit genug waren, kroch Watson aus der Regentonne und schlich hinter ihnen her. Seine Hosenbeine waren zwar naß geworden, denn der Boden der Tonne war mit Wasser gefüllt gewesen. Aber das machte ihm nichts aus; sein Herz schlug trotzdem siegessicher.
In der Gaststube im „Silberdollar" gab es eine fröhliche Begrüßung. Dann setzten sich alle zusammen und bestellten Kaffee; auch Mrs. Singlestone, dieses furchtbare Weib, wie Watson sie zu nennen beliebte, und Hugh, der Stripper, waren anwesend. Nun legten sie die Maske ab — triumphierte Watson! Jetzt war es so weit, nun konnte er bald einschreiten! Während sie ihren Kaffee schlürften, würden sie sich natürlich miteinander unterhalten, und wenn sie sich unterhielten, verrieten sie ihre Geheimnisse — hahaha!
Watson stupste dem Barkeeper, der in dem schmalen Flur stand, der zu den Hinterräumen des Hauses führte, mit dem Zeigefinger in die Rippen. „Nun ist's gleich so weit! Wissen Sie einen Platz, von dem aus ich die Gesellschaft unauffällig beobachten und belauschen kann? Freuen Sie sich, mein Lieber — so viele Verbrecher auf einem Haufen haben Sie noch nie in Ihren Haus beherbergt!"
Der Keeper bekam es nun doch mit der Angst zu tun. „Mir wäre ein Haus ohne Verbrecher lieber, glauben Sie mir!"
„Wie komme ich ungesehen in die Gaststube?" drängte Watson. „Die Kerle dürfen natürlich nicht ahnen, daß ich sie belausche,
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