Das Phantom auf dem Feuerstuhl
gibt’s gar nicht.“
„Warte mal ab, bis die Woche zu Ende
ist“, maulte Klößchen. „Dann bin ich ein Strich in der Landschaft.“
3. Zerstörungswut
In der ersten Pause am Montagmorgen
erfuhren Gaby und Karl von Tarzan, was er erlebt hatte. Die beiden waren platt.
Gaby, das einzige Mädchen im Bunde der
vier Freunde, hieß mit Nachnamen Glockner. Wie Karl kam sie jeden Morgen aus
der Stadt in die Schule.
Gaby hatte tiefblaue Augen, dunkle
Wimpern und lange, blonde Haare, die wie Seide knisterten. Sie war ebenfalls
13, aber einige Monate jünger als Tarzan. Ihr ging der Ruf voran, als
Rückenschwimmerin unschlagbar zu sein. Außerdem war sie in Französisch und
Englisch die beste. Tarzan mochte Gaby sehr. Zugegeben hätte er das nie. Aber
im Geheimen wäre er bereit gewesen, sich für sie zerreißen zu lassen.
Uneingeschränkt teilte er die Meinung der meisten Jungs, Gaby sei das
hübscheste Mädchen der Schule. Ihren Spitznamen Pfote verdankte sie ihrer
Tierliebe. Besonders mochte sie Hunde. Sie konnte an keinem Vorbeigehen, ohne
ihn aufzufordern, ihr die Pfote zu geben. Seltsamerweise gehorchten ihr alle—
auch die bissigsten Hunde. Daß sie einen vierbeinigen Freund hatte, war klar.
Er hieß Oskar und war ein netter, aber sehr verfressener Cocker-Spaniel.
Gabys Mutter besaß ein kleines
Lebensmittelgeschäft. Der Vater war Kriminalkommissar, ehrenamtlicher
Schwimmtrainer und außerdem bester Freund der vier. Und so einen Freund
brauchten sie auch, denn dank Tarzans Wagemut verstrickten sie sich nur
allzuoft in gefährliche Abenteuer.
„Gut“, sagte Gaby, als die vier Freunde
jetzt auf dem Schulhof standen, „gleich nach dem Mittagessen fahren wir los.
Aber vorher brauche ich noch deinen Bericht, Tarzan, über das schmählich
verlorene Volleyball-Spiel.“
„Den schreibe ich in der Freistunde“,
brummte Tarzan. „Außerdem waren wir nicht schlechter als die andern. Im Gegenteil!
Dr. Bienert meinte, beide Mannschaften wären gleich stark. Wir haben ja auch
nur ganz knapp verloren. Bei so einem Spiel entscheidet das kleine Quentchen
Glück. Eingesetzt haben wir uns.“
Gaby sah ihn durch ihre dunklen Wimpern
an. „Aber nicht genug. Sonst hättet ihr gewonnen.“
„Man muß auch verlieren können.“
„Klar! Ich bin ja auch nur
Vize-Landesmeisterin im 200-Meter-Rückenkraul“, sagte Gaby bescheiden.
Klößchen grinste breit wie ein
Scheunentor. „Wie gut, daß mir Sport nicht liegt. Ich habe keine Probleme.“
„Du bist ein einziges Problem“, sagte
Gaby ungnädig. „Von Kopf bis Fuß. Brauchst gar nicht zu grinsen.“
„Er grinst nicht“, sagte Tarzan. „Neuerdings
sieht er immer so aus. Seine Haut wird zu eng. Deshalb fletscht er die Zähne.“
„Ihr könnt mich nicht beleidigen“,
sagte Klößchen. „Ihr nicht. Lernt erstmal, Landesmeister im Rückenschwimmen zu
werden und Volleyball-Spiele zu gewinnen.“
„Peng!“ sagte Gaby und lachte. „Aber
mach’ den Bericht nicht zu lang, Tarzan.“
Seit Ostern gehörten Gaby und Karl zu
den Redakteuren der Schülerzeitung. Gaby nahm die Aufgabe ernst und lag ihren
Mitarbeitern, zu denen Tarzan als eine Art Sportreporter gehörte, dauernd in
den Ohren.
Karl Vierstein, genannt Computer, war
für wissenschaftliche Beiträge verantwortlich.
Karl war äußerlich das Gegenteil von
Klößchen: Lang, schlacksig, mit spitzem Windhundgesicht und dickglasiger
Nickelbrille. Sein Vater war Mathematik-Professor an der hiesigen Universität.
Den Spitznamen Computer hatte Karl, weil er über ein phänomenales Gedächtnis
verfügte. Er vergaß einfach nichts, was er mal gehört oder gelesen hatte. Wie
aus einem Computer konnte er sein Wissen jederzeit abrufen. Dann hielt er
Stegreif-Vorträge und fiel damit seinen Freunden auf die Nerven.
In der Freistunde verfaßte Tarzan den
Bericht. Daß er für seine Mannschaft die meisten Punkte erzielt hatte,
verschwieg er. Aber Gaby wußte es inzwischen. Sie fügte es nachträglich ein.
Tarzan fand dann noch Zeit, ihr die Mathe-Hausaufgaben zu machen, denn in Mathe
war Gaby keine Leuchte, Tarzan hingegen der Klassenbeste. Anschließend
quetschten sich alle vier in die Telefonzelle beim Schwarzen Brett, riefen das
Städtische Krankenhaus an und ließen sich mit Dr. Bienert verbinden.
Daß es ihm schon viel besser ging,
wußten sie bereits von den Lehrern.
Dr. Bienert war natürlich riesig
erfreut. Seine Stimme klang wie immer. Um seinen Zustand machte er sich keine
Sorgen. Aber das Rückspiel
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