Das Phantom der Freiheit
legte ihn skeptisch auf die Glasplatte. Er regte sich unbehaglich unter den Blicken der beiden anderen und schaute düster zu mir auf, bevor er sich auf das Geld konzentrierte. Nichts geschah.
Er blickte zu mir auf und öffnete seinen Mund. Ich schüttelte meinen Kopf.
»Dies ist kein Scherz«, sagte ich leise. »Sie sind der erste, der es weiß – nicht mal meine Frau weiß es.« Was völlig richtig war.
Er war entschlossen und versuchte sich zu konzentrieren. Ich bedeutete FBI und Steuerfahndung, mit mir beiseite zu treten, weil es dem Chef die Konzentration erleichtern würde, wenn nicht drei andere über seine Schultern starrten. Wir entfernten uns ein paar Schritte, und ich nahm einen Schluck aus meiner Bierdose.
Ich verschluckte mich beinahe, als ich ein lautes Keuchen des Chefs hörte. Eifrig beugte ich mich wieder über den Tisch. Das Wunder geschah; die Eintrübung, die grüne Farbe, das allmähliche Hervortreten der Einzelheiten, das vollständige Duplikat. Der Chef setzte sich aufrecht und wischte seine Stirn.
»Uff«, sagte er, wie nach einer harten Anstrengung.
»Lassen Sie mich das versuchen«, sagten FBI und Steuerfahndung fast gleichzeitig. Sie kramten jeder einen Schein heraus und beugten sich über den Tisch. Wieder passierte das gleiche.
Sie sanken alle in ihre Sessel zurück und warteten, daß ich was sagte. Ich saß und wartete, daß sie Fragen stellten. Der Chef ermannte sich zuerst.
»Wie machen Sie es?«
Ich sagte ihm die absolute Wahrheit. »Ich weiß es nicht. Eines Abends saß ich mit meiner Frau an diesem Tisch, und wir grübelten trübe über unsere Schulden. Es waren noch drei Tage bis zum nächsten Zahltag, und um mir zu zeigen, wie knapp es zugehen würde, nahm sie die letzten zehn Dollar aus ihrer Geldbörse und legte sie auf den Tisch. Ich saß einfach so da und ließ den Kopf hängen und starrte auf diese zehn Dollar und dachte an unser hartes Leben und dergleichen, und auf einmal hatten wir zwei Zehndollarnoten. Und das war es.«
Sie starrten den Kaffeetisch an, ehrfürchtig und mißtrauisch zugleich.
Der Chef sagte: »Wo haben Sie diesen – diese tragbare Notenpresse her?«
»Von meinen Verwandten«, sagte ich. Ich erzählte ihm von den irischen Banshees und Leprechauns, all diesen Geistern und Zwergen und Alraunen, an deren Existenz kein echter Ire zweifelt, und er glaubte kein Wort davon. Aber FBI dachte anders darüber und war nahe daran, sich zu bekreuzigen. Später erfuhr ich, daß er Kelly hieß.
»Was tun wir also jetzt?« sagte der Chef irritiert.
»Ich sagte Ihnen, daß Sie das Gerät haben können«, antwortete ich, und es war mein Ernst. »Ich habe ein Haus, einen Wagen und genug Geld bei der Bank. Ich dachte immer, daß ich Geschichten schreiben könnte, wenn ich die Zeit und die Gelegenheit hätte. Jetzt habe ich beides. Nehmen Sie den Tisch, und viel Glück damit.«
Er blickte wieder auf den Kaffeetisch. »Und jeder kann damit Geld machen – jeder, der es versucht?«
»Ich nehme es an. Sie haben es eben selbst getan.«
Ohne einen Augenblick zu zögern, zog er seine Dienstpistole aus dem Achselhalfter und schlug mit dem Kolben wie mit einem Hammer auf den Kaffeetisch. Es gab ein schreckliches, klirrendes Krachen und Bersten, und dann waren nur noch spröde Scherben auf dem Teppich.
»Tragen Sie dieses – Ding hinaus!« befahl er, und FBI trug den hölzernen Rahmen des Tisches zur Tür und vor das Haus. Der Chef, Steuerfahndung und ich folgten ihm, nachdem ich auf Geheiß des Chefs die Scherben auf dem Teppich zusammengefegt und in eine Plastiktüte geschüttet hatte. Draußen sprang der Chef auf dem armen Skelett des Kaffeetisches herum, bis es in Stücke zerbrochen war, und FBI mußte einen Kanister Benzin aus dem falschen Telefon-Reparaturwagen holen, und die Holztrümmer reichlich begießen, während der Chef Zündhölzer aus der Hosentasche zog.
Wir alle sahen den kleinen Scheiterhaufen brennen, bis das Holz weiß und verglüht war und der Wind die Aschenteilchen davontrug, als ich sie sanft mit meiner Schuhspitze zusammenschob. Dann nahm der Chef die Plastiktüte mit den Scherben auf, nickte den beiden anderen zu, und sie gingen gemeinsam, ohne ein weiteres Wort. Ich sah keinen von ihnen wieder; Kelly erkannte ich auf einem Foto in der Zeitung, das ich zufällig entdeckte, als er ungefähr ein Jahr später befördert und von Rochester nach Buffalo versetzt wurde.
Das also ist die Geschichte. Ich machte nie wieder irgendwelche Duplikate
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