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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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einer Besprechung, könne sie aber später zurückrufen. Ich fragte sie nach ihrem Namen und wann sie Mittagspause hätte.
    »Ich bin Ginette«, sagte sie dann zum Beispiel. »Ich bin bis halb eins an meinem Platz.«
    Ich wartete mit meinem Rückruf bis 12.30 Uhr und fragte nach Ginette. Mir wurde gesagt, sie sei gerade nicht da, und ich stellte mich als Mitarbeiter einer anderen Filiale der Bank vor. »Ginette hat mich vorhin angerufen«, erklärte ich, »und sie bat mich, ihr eine Kundeninformation zu faxen. Ich habe aber gleich einen Arzttermin. Kann ich die Seiten stattdessen an Sie faxen?«
    Der Kollege meinte, das sei kein Problem, und gab mir die Faxnummer.
    »Super«, sagte ich. »Ich schicke das Fax gleich rüber. Oh, aber zuerst … sagen Sie mir bitte den Tagescode?«
    »Aber Sie haben mich angerufen!«, rief der Banker.
    »Ja, ich weiß. Aber zuerst hat Ginette mich angerufen. Und sie kennen doch die Vorschriften, nach denen wir den Tagescode abfragen müssen, bevor wir Kundeninformationen herausgeben …«, bluffte ich. Wenn mein Gesprächspartner sich weigerte, bedauerte ich, die Informationen nicht schicken zu können, und fügte hinzu: »Bitte richten Sie Ginette aus, dass ich ihr die Informationen, die sie braucht, nicht schicken konnte, weil Sie mir den Code nicht bestätigen wollten. Sagen Sie ihr außerdem, dass ich bis nächste Woche nicht mehr im Büro bin und wir darüber reden können, wenn ich wieder da bin.« Das reichte in der Regel, um auch den Zögerlichsten breitzuschlagen, denn niemand wollte die Anfrage eines Kollegen blockieren.
    Daraufhin fragte ich: »Okay, wie lautet Code E?«
    Er sagte mir Code E, den ich mir merkte.
    »Nein, das ist er nicht!«, widersprach ich.
    »Was?«
    »Sie sagten ›6214‹? Das ist nicht richtig«, insistierte ich.
    »Doch, das ist Code E!« sagte der Banker.
    »Ich habe aber nicht ›E‹ gesagt, sondern ›B‹!«
    Und dann gab er mir Code B.
    Ich hatte jetzt zwei von fünf Codes und damit für den Rest des Tages eine vierzigprozentige Chance, durch einen Anruf bei irgendeiner Filiale der Bank die Informationen, die ich wollte, zu bekommen. Wenn es mir jemand besonders leicht machte, versuchte ich, noch einen weiteren Code zu bekommen. Ein paar Mal bekam ich sogar bei einem Anruf drei Codes. (Es half natürlich, dass die Buchstaben B, D und E ziemlich ähnlich klingen.)
    Wenn ich bei einer Bank anrief und nach Code A gefragt wurde, aber nur B und E hatte, sagte ich einfach: »Oh, hören Sie, ich bin gerade nicht an meinem Schreibtisch. Könnten Sie mich nach B oder E fragen?«
    Die Gespräche verliefen immer so angenehm, dass die Bankangestellten keinen Grund für Zweifel hatten, und weil sie nicht unverschämt wirken wollten, gingen sie normalerweise darauf ein. Wenn nicht, sagte ich einfach, ich ginge zu meinem Schreibtisch, um Code A zu holen. Ich rief dann später am Tag wieder an und sprach mit einem anderen Angestellten.
    Im Fall Wernle versuchte ich es zunächst bei der Bank of America. Der Trick funktionierte, aber es gab dort keinen Kunden mit der Sozialversicherungsnummer von Joseph Wernle. Und wie war es bei Wells Fargo? Etwas einfacher: Ich brauchte keinen Code, denn Danny Yelin, einer der Ermittler bei Teltec, hatte einen Freund namens Greg, der dort arbeitete. Weil die Telefonleitungen überwacht wurden, hatten Danny und Greg einen Geheimcode vereinbart, in den sie mich nun einweihten.
    Ich rief Greg an und unterhielt mich mit ihm darüber, dass ich am Wochenende ins Stadion wollte oder irgendwas in der Art. Dann sagte ich: »Wenn du mitgehen willst, ruf einfach Kat an, und sie besorgt dir eine Karte.«
    »Kat« war das Stichwort. Es bedeutete, dass ich den Tagescode brauchte. Er antwortete: »Toll. Ist ihre Nummer immer noch die 310 725-1866?«
    »Nein«, sagte ich dann und gab ihm eine andere Nummer. Reine Verschleierungstaktik.
    Die letzten vier Ziffern von »Kats falscher Telefonnummer« waren der Tagescode.
    Mit dem Code gewappnet, rief ich in einer Filiale an und gab vor, ich riefe von Filiale Nummer XY an: »Wir haben gerade ein paar Probleme mit unseren Computern. Sie sind so langsam, dass ich nicht vorwärtskomme. Können Sie etwas für mich nachsehen?«
    »Den Tagescode bitte«, entgegnete die Mitarbeiterin.
    Für meine Wernle-Ermittlungen sagte ich den Code und dann etwa: »Bitte rufen Sie ein Kundenkonto für mich auf.«
    »Welche Kundennummer?«
    »Suchen Sie über die Sozialversicherungsnummer des Kunden.« Ich gab Wernles

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