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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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nicht illegal war. Ich ließ mir von meinem Anwalt bestätigen, dass es sich nicht um Betrug handelte, solange wir uns nicht illegal Zugang zu Telekommunikationseinrichtungen verschafften oder die Identität eines Freundes ohne seine Erlaubnis benutzten. Selbst als ich mir die POTS-Nummer besorgte, hatte ich mich ja nicht als Mitarbeiter der Telefongesellschaft ausgegeben. Ich hatte einfach nur danach gefragt, und die Dame am anderen Ende hatte sie mir gegeben.
    Wir befolgten also die Spielregeln. Der Radiosender verlangte, dass eine Person nur einmal im Jahr gewinnen durfte. Auch danach richteten wir uns. Wir nutzten nur ein Schlupfloch. Wir brachen keine Vorschriften.
    Einmal überraschte ich mich selbst mit einem unverhofften Gewinn. Der Radiosender gab eine Nummer aus, unter der man sich die Sendungen übers Telefon anhören konnte. Ich wählte mich über den Apparat im Wohnzimmer meiner Mutter in Las Vegas ein, und als das Gewinnspiel angekündigt wurde, rief ich an und rechnete eigentlich überhaupt nicht damit, dass ich den Sender rechtzeitig erreichen würde, um der siebte Anrufer zu sein. Dann aber hörte ich die magischen Worte, die Gratulationen, gefolgt von der Frage des Moderators: »Wie ist Ihr Name?« Ich druckste herum, bis mir der Name eines Freundes einfiel, den wir bisher nicht benutzt hatten. Die peinliche Pause überspielte ich, indem ich rausplatzte: »Ach, ich bin ja so aufgeregt, dass mir glatt mein Name nicht über die Lippen gekommen ist!«
    Wir vier nahmen durch die ganze Sache jeweils knapp 7000 Dollar ein. Als ich Lewis einmal im Restaurant seinen Anteil überreichte, war es so ein großes Bündel, dass ich mir vorkam wie bei einem Drogendeal.
    Ich verwendete einen Großteil meines Gewinns für meinen ersten topaktuellen Laptop, einen Toshiba T4400SX mit einem 486-Prozessor, der eine damals beeindruckende Geschwindigkeit von flotten 25 Megahertz hatte. Ich bezahlte 6000 Dollar für das Gerät. Und das war ein Großhandelspreis!
    Es war wirklich ein trauriger Tag, an dem wir feststellten, dass wir keine Leute mehr kannten, mit denen wir zusammenarbeiten konnten.
    Eines Abends – nicht lange nachdem wir ins Gewinnspiel-Business eingestiegen waren – fuhr ich zurück zur Wohnung meines Vaters, als mir plötzlich eine Idee kam, wie ich mir etwas Raum zum Atmen verschaffen könnte, während ich das Rätsel um Eric Heinz/Mike Martinez/Joseph Wernle/Joseph Ways zu ergründen versuchte.
    Ich überlegte mir, Lewis könnte gegenüber Eric bei passender Gelegenheit wie zufällig eine Bemerkung über mich fallen lassen und etwa andeuten: »Kevin überlegt, ob er mit Hackern in Europa zusammenarbeitet. Auf jeden Fall würde da ein Vermögen für ihn rausspringen.«
    Meine Idee war folgende: Was auch immer Eric bisher über mich herausgefunden hätte, wäre nichts gegen die Aussicht, mich quasi in flagranti bei einem großen Coup zu erwischen, bei dem ich einen Haufen Dollars, Schweizer Franken oder Deutsche Mark von einer Bank oder einem Unternehmen stehlen würde. Sie würden mich sorgfältig beschatten, aber geduldig warten, bis ich die Nummer gedreht hätte – in Vorfreude darauf, einzugreifen, das Geld zu sichern und mich in Handschellen der hungrigen Medienmeute und skandalsüchtigen Öffentlichkeit vorführen zu können: Das FBI hätte Amerika dann wieder einmal vor einem Schurken bewahrt.
    Während sie darauf lauerten, dass ich den Hack durchzöge, so hoffte ich, würden meine Bewährungsauflagen auslaufen. Das Ganze war eine Art Verzögerungstaktik, mit der ich mir Zeit verschaffen wollte.
    Lewis‘ Anwalt David Roberts hatte an dem Plan nichts auszusetzen. Lewis und ich trafen uns mehrmals mit ihm und besprachen die Einzelheiten. Lewis würde kein Gesetz brechen, wenn er diese Lüge erzählte, denn es wäre ja keine direkte Aussage gegenüber einem FBI-Agenten.
    Meine Bewährungsfrist würde in einigen Monaten enden. Wenn das FBI dann irgendwann keine Geduld mehr hätte, auf meinen Hackerangriff in Europa zu warten, wären diese Monate ohne Zwischenfälle vergangen, und es wäre zu spät, mich wegen irgendeiner Verletzung der Bewährungsauflagen erneut ins Gefängnis zu stecken.
    Würden sie wirklich so lange warten? Ich konnte es nur hoffen. Lewis berichtete ein paar Tage später, er habe meine großartige Hacking-Aktion in Europa gegenüber Eric erwähnt, der ihn prompt nach Einzelheiten ausgefragt habe. Lewis hatte daraufhin behauptet, ich hätte gesagt, es wäre eine so große

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