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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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dass das funktionieren würde. Dieser Mitnick ist einfach zu schlau. Wer weiß, vielleicht hört er uns gerade in diesem Augenblick ab!«
    Ja, ich hatte mich schon anderes getraut, aber dieses Mal gelang es mir, der Versuchung zu widerstehen.
    Wenn es aber darum ging, jemandem zu helfen, traute ich mich allerhand. An einem Donnerstag Anfang Juni – ich hatte mir einen Tag freigenommen, weil ich dringende Besorgungen zu erledigen hatte – bekam ich einen aufgeregten Anruf von Mark Kasden: Armand Grant, der Chef von Teltec, war soeben verhaftet worden. Sein Sohn Michael und Kasden versuchten, eine Kaution aufzubringen, aber es wurde ihnen gesagt, nachdem sie die Kaution hinterlegt hätten, würde es trotzdem eineinhalb Tage dauern, bis Grant freikäme.
    Ich sagte: »Kein Problem. Gib mir Bescheid, sobald die Kaution hinterlegt ist, dann hol ich ihn innerhalb von fünfzehn Minuten da raus.«
    Kasden erwiderte: »Das schaffst du nie.«
    Da ich wusste, welch große Rolle der Rang bei der Polizei spielt, rief ich einfach im Wayside-Gefängnis im Norden von Los Angeles an und fragte: »Wer ist heute Nachmittag diensthabender Lieutenant?« Man gab mir den Namen. Dann rief ich im Men‘s Central Jail an – dem Gefängnis, in dem Grant festgehalten wurde. Die Direktwahlnummer zu der Abteilung, in der Haftbefehle bearbeitet wurden, kannte ich schon. Als die entsprechende Dame abnahm, ließ ich mich zur Kautionsstelle weiterleiten. In einer Situation wie dieser kam es mir nun zupass, das Gefängnissystem kennengelernt zu haben. Ich sagte, ich sei Lieutenant XY (ich benutzte den Namen, den ich eben erfragt hatte) aus dem Wayside-Gefängnis. »Sie haben einen Insassen, für den eben eine Kaution hinterlegt wurde. Er arbeitet als Informant für uns und ist an einem Fall dran. Ich möchte, dass er sofort freigelassen wird.« Ich nannte der Dame Grants Namen.
    Über das Telefon hörte ich ihre Computertastatur klappern. »Wir haben die Anweisung gerade bekommen, aber noch nicht durchgeführt.«
    Ich verlangte den Sergeant zu sprechen. Als der sich meldete, tischte ich ihm die gleiche Geschichte auf und fragte: »Sergeant, würden Sie mir einen Gefallen tun?«
    »Aber sicher, Sir«, sagte er. »Was kann ich tun?«
    »Sobald die Kaution da ist, gehen Sie persönlich mit ihm den Ablauf durch und bringen ihn schnellstmöglich raus.«
    Er antwortete: »Natürlich, Sir.«
    Zwanzig Minuten später bekam ich einen Anruf von Michael Grant: Sein Vater war frei.
Zweiundzwanzig
Detektivarbeit
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    E s war mir ein Leichtes gewesen, Grant zu helfen. Aber ich hatte es bisher nicht geschafft, herauszufinden, was es mit Wernle auf sich hatte. Glücklicherweise stand ich kurz davor, das Geheimnis zu lüften.
    Eric sprach immer wieder davon, dass er zur Arbeit ging. Aber sobald ich fragte, was er arbeitete, wechselte er schnell das Thema.
    Wer also bezahlte sein Gehalt? Vielleicht bekäme ich die Antwort, wenn ich mich in sein Bankkonto hackte. Erics Name stand weder auf dem Mietvertrag noch auf den Rechnungen der Versorgungsunternehmen. Daher suchte ich nach einem Konto unter dem Namen Wernle.
    Bei welcher Bank er war? Banken ist die Sicherheit ihrer Kundendaten sehr wichtig. Aber sie müssen auch dafür sorgen, dass autorisierte Angestellte die Möglichkeit haben, Informationen von anderen Filialen zu erhalten.
    Damals nutzten die meisten Banken ein System, das es einem Angestellten erlaubte, sich über einen täglich wechselnden Code gegenüber einem Kollegen aus anderen Filialen zu identifizieren. Die Bank of America hatte zum Beispiel fünf Tagescodes mit den Bezeichnungen »A«, »B«,»C«,»D« und »E«, die jeweils für eine vierstellige Zahl standen. Wenn ein Angestellter wegen einer Information in einer anderen Filiale anrief, wurde er aufgefordert, die korrekte Nummer für einen der Codes anzugeben. Das galt bei Banken damals als unüberwindbares Sicherheitssystem.
    Durch Reverse Social Engineering konnte ich es leicht umgehen.
    Mein Plan hatte mehrere Stufen. Frühmorgens rief ich in der Filiale an, die ich unterwandern wollte. Ich gab vor, ein potenzieller Neukunde mit einem ansehnlichen Vermögen zu sein, der wissen wollte, wie er möglichst hohe Zinsen für sein Geld bekam, und ich bat darum, mit jemandem von der Abteilung für Neukunden verbunden zu werden. Nachdem wir eine gute Gesprächsbeziehung aufgebaut hatten, sagte ich zu der Kundenberaterin, ich müsse zu

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