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Das Phantom im Netz

Titel: Das Phantom im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Mitnick , William L. Simon
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gerade Gestalt an, als ich Stimmen in meinem Empfänger hörte. Ich öffnete die Rauschsperre etwas und wartete. Kurz darauf begann Funkverkehr auf einer Frequenz des Geheimdienstes.
    »Ist bei euch Aktivität zu sehen?«
    »Nichts.«
    Interessant. Ein paar Bundespolizisten führten offenbar eine Observierung durch. Ich regulierte die Lautstärke hoch und stellte den Scanner auf den Computer, um besseren Empfang zu haben.
    Bald brummten lauter Stimmen in dem Gerät. Es hörte sich an wie das Vorspiel zum Höhepunkt einer Polizeiserie. Offenbar wurde da eine Razzia vorbereitet.
    »Hier keine Aktivität«, sagte eine Stimme.
    »Wir bewachen den Hinterausgang«, antwortete eine andere.
    Eine junge Frau, die am Computer neben mit arbeitete, fragte mich, was ich denn da höre. Ich antwortete: »Geheimdienstfunk«, und fügte lachend hinzu: »Klingt, als ob da jemand Probleme kriegt.« Sie lachte auch. Zusammen horchten wir, was wohl als Nächstes passieren würde.
    »Könnte er in dem Computerladen sein?«, drang es aus dem Empfänger.
    Seltsam. Computerladen? Arbeitete die Person dort, oder war sie womöglich Kunde?
    Keine Antwort.
    Dann aber hörte ich: »Welches Auto fährt der Typ?«
    Sie konnten also nicht hinter mir her sein. Ich nutzte schließlich öffentliche Verkehrsmittel. Aber die Sache mit dem Computerladen ließ mich nicht los.
    Zwanzig Minuten später hieß es: »Wir gehen jetzt rein.«
    Dann Stille.
    Ich arbeitete konzentriert weiter und entwarf etwa fünfzehn Lebensläufe für ebenso viele Unternehmen in und um Seattle, wobei ich wie immer 90 Prozent der in der Anzeige geforderten Fähigkeiten erfüllte. Mit dieser Masche war ich bisher am häufigsten zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen worden.
    Der Empfänger zeigte noch immer keine Reaktion. Die Frau neben mir stand auf, lächelte und wünschte mir einen schönen Abend. Wir schauten beide auf den Scanner und lachten, während wir überlegten, was wohl mit dem Typen geschehen war, dem sie aufgelauert hatten.
    Kurz nach Mitternacht hatte ich die Bewerbungsunterlagen plus Anschreiben fertig. Ich wartete in einer langen Schlange, die hauptsächlich aus Studenten bestand, um meine Lebensläufe auf elfenbeinfarbenem Strukturpapier ausdrucken zu lassen. Als ich endlich dran war, sagte man mir, die Seiten würden nicht vor dem nächsten Morgen fertig. Mist! Ich wollte sie eigentlich sofort in die Post geben. Der Angestellte meinte, ich solle es in einem anderen Kinko‘s Copyshop probieren, ein paar Straßen weiter. Ich lief also dorthin, bekam dort aber dieselbe Auskunft: »Ihren Druckauftrag haben wir erst morgen früh fertig.« Na schön. Ich sagte, ich würde die Sachen am Morgen abholen, obwohl ich wusste, dass ich wahrscheinlich die ganze Nacht online sein, bis mittags schlafen und es erst irgendwann am Nachmittag zum Copyshop schaffen würde.
    Aber so sollte es nicht kommen.
    Auf dem Weg nach Hause ging ich noch bei einem durchgehend geöffneten Safeway in der Nähe meiner Wohnung vorbei und kaufte ein paar Lebensmittel, außerdem ein Sandwich und eine Tüte Chips als spätes Abendessen.
    Es war kurz nach eins, als ich mein Wohnhaus erreichte. Die Geheimdienstoperation, die ich über meinen Scanner mitgehört hatte, machte mich etwas nervös. Wie eine Figur in einem Spionagethriller lief ich sicherheitshalber auf der anderen Straßenseite, um nach verdächtigen Autos Ausschau zu halten und sicherzugehen, dass die Lichter in meiner Wohnung noch brannten.
    Das taten sie nicht. Die Wohnung lag dunkel da. Das verhieß nichts Gutes. Ich ließ immer ein paar Lampen an. Hatte ich es dieses Mal vergessen, oder war da etwas anderes im Gange? Am Straßenrand parkte ein roter Transporter, und ich erkannte zwei Personen auf den Vordersitzen: einen Mann und eine Frau, die sich küssten. Das ließ mich auf einen seltsamen Gedanken kommen: Könnten die beiden FBI-Agenten sein, die zur Tarnung miteinander rummachten? Wahrscheinlich nicht, aber die Vorstellung lockerte meine Anspannung ein wenig.
    Ich lief auf den Transporter zu und fragte die Frau auf dem Beifahrersitz: »Entschuldigen Sie, ich möchte wirklich nicht stören, aber ich war hier mit meinem Kumpel verabredet. Haben Sie vielleicht jemanden rumstehen und warten sehen?«
    »Nein. Aber da waren Leute, die Kisten aus der Wohnung da geholt haben« – sie deutete auf die Fenster meiner Wohnung. Wie? Ich bedankte mich und sagte, das sei nicht die Wohnung meines Freundes.
    Ich hastete die Stufen zur Wohnung

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