Das Phantom im Netz
Telefonnummer für die Einwahl und die Zugangsdaten zum Konto des Systemadministrators praktisch aufzudrängen. Wenn ich jedoch auf Widerstand stieß, sagte ich einfach: »Okay, wir schicken Ihnen die Informationen per Post zu«, und versuchte es woanders.
Der Systemadministrator bei US Leasing gab mir sein Passwort sofort. Ich ging rein, erstellte ein neues Konto und baute mir eine »Hintertür« ins System. Ich ergänzte einfach ein bisschen Code, der es mir ermöglichte, zu jeder Zeit unentdeckt Zugang zum System zu bekommen.
Als wir das nächste Mal miteinander sprachen, erzählte ich Lewis von der Hintertür und wie man sie benutzte. Er ging damals mit einer Möchtegern-Hackerin, die sich manchmal Susan Thunder nannte. Sie behauptete später in einem Interview, sie habe als Prostituierte gearbeitet, nur um an Geld für ihre Computer-Ausrüstung zu kommen. Den Spruch finde ich heute noch doof. Jedenfalls erzählte Lewis Susan, dass ich bei US Leasing eingebrochen war, und gab ihr die Zugangsdaten. Später behauptete er, er habe ihr die Daten nicht gegeben, sondern sie habe sie wohl auf einem Notizblock gesehen, der neben seinem Computer lag.
Kurz danach trennten sich die beiden im Streit. Sie rächte sich dafür an mir. Ich habe bis heute keine Ahnung, warum sie mich als Zielscheibe ausgesucht hatte. Vielleicht glaubte sie, Lewis habe sich von ihr getrennt, um mehr Zeit mit mir beim Hacken verbringen zu können, und daher sei ich schuld an der Trennung.
Jedenfalls hat sie sich angeblich mit den gestohlenen Daten Zugang zum Computersystem von US Leasing verschafft. Später erzählte man sich, sie habe zahlreiche Firmendateien zerstört und danach alle Drucker der Firma dazu gebracht, die folgende Nachricht auszudrucken, bis ihnen das Papier ausging:
MITNICK WAR HIER
MITNICK WAR HIER
FICKT EUCH
FICKT EUCH
Richtig stinksauer wurde ich aber erst, als die Regierung bei einem späteren außergerichtlichen Vergleich darauf bestand, dass diese Tat, die ich nicht begangen hatte, Teil eines Deals wurde. Ich wurde vor die Wahl gestellt: Entweder gestand ich diese miese, lächerliche Aktion ein, oder ich ging ins Jugendgefängnis.
Susan setzte diesen persönlichen Rachefeldzug gegen mich eine ganze Zeit lang fort. Sie störte meinen Telefonanschluss und wies die Telefongesellschaft an, meinen Anschluss komplett abzuschalten. Durch Zufall konnte ich mich zumindest ein kleines bisschen an ihr rächen.
Ich brauchte damals für einen Hack bei einer Telefongesellschaft eine Leitung, bei der man nur den Klingelton hörte, ohne dass jemand ranging. Ich wählte die Nummer einer Telefonzelle, deren Nummer ich kannte. Durch einen dieser berühmten glücklichen Zufälle wohnte Susan Thunder in der Nähe dieser Telefonzelle und ging genau in dem Moment daran vorbei, als es klingelte. Sie nahm den Hörer ab und sagte: »Hallo?« Ich erkannte sie an der Stimme.
Ich sagte: »Susan, hier ist Kevin. Ich will nur, dass du weißt, dass ich jeden deiner Schritte genau beobachte. Leg dich nicht mit mir an!«
Hoffentlich hat sie sich danach vor Angst in die Hosen gemacht.
Ich hatte meinen Spaß, aber schließlich ging ich den Gesetzeshütern doch noch ins Netz.
Im Mai 1981, immer noch minderjährig, hatte ich meine außerschulischen Studien auf den Campus der Universität in Los Angeles (UCLA) verlegt. Die anderen Studenten schrieben im Computerpool ihre Hausarbeiten oder lernten zu programmieren und mit dem Computer zu arbeiten. Ich hackte mich von dort in weit entfernte Computer ein. Wir konnten uns zu Hause keinen Computer leisten, und auf dem Uni-Campus kam ich an einen ran.
Natürlich konnte man von den Computern der Studenten keine externen Verbindungen herstellen. Es gab zwar jeweils ein Modem, über das man rauswählen konnte, aber nur zu anderen Anschlüssen auf dem Campus, nicht nach außerhalb. Das war für meine Zwecke eigentlich wertlos.
Eigentlich. Im Computerraum an der Wand hing ein einziges Telefon ohne Wählscheibe. Es war nur für eingehende Anrufe gedacht. Wie ich es damals im Computerkurs von Mr. Christ getan hatte, nahm ich den Hörer ab und tippte den Gabelumschalter ein paar Mal schnell an, was denselben Effekt hatte, als hätte ich eine Nummer gewählt. Neun Mal antippen wählte die »9« und verband mich mit einer externen Leitung. Danach tippte ich den Umschalter zehn Mal an, was einer gewählten »0« entsprach, und schon hatte ich die Vermittlung am anderen Ende.
Ich bat die Mitarbeiterin in der
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