Das Phantom im Netz
Telefonvermittlung, mich auf der Nummer zurückzurufen, die sie per Modem mit dem Computer verband, den ich gerade benutzte. Damals hatten die Computer im Pool noch keine integrierten Modems. Um eine Verbindung per Modem herzustellen, musste man stattdessen den Hörer des Telefons in einen angeschlossenen Akustikkoppler stecken, der akustische Signale über den Telefonhörer in die Telefonleitung übertrug. Die Dame von der Vermittlung rief mich auf dem Modemanschluss zurück, und ich bat sie, für mich eine Nummer zu wählen.
Auf diese Weise wählte ich mich bei Firmen ein, die einen PDP-11 von DEC hatten, auf dem RSTS/E lief. Ich benutzte den Trick mit dem DEC-Kundenservice, um an Einwahlnummern und Zugangsdaten zu kommen. Da ich keinen eigenen Computer besaß, wanderte ich auf der Suche nach der täglichen Dosis Computerzugang, die ich zum Leben brauchte, von Uni-Campus zu Uni-Campus. Zu einem Campus zu fahren und online zu gehen, löste bei mir einen Adrenalinschub aus. Ich übertrat 45 Minuten lang die Geschwindigkeitsbegrenzung, nur um 15 Minuten Zeit an einem Computer verbringen zu können.
Ich kam nie auf die Idee, dass einer der Studenten im Computerpool mitkriegen könnte, was ich da trieb, und mich verpfeifen würde.
Zumindest nicht bis zu dem Abend, an dem ich an einem Terminal des LA Campus saß. Ich hörte Geschrei und sah beim Aufschauen eine Schar Campuspolizisten auf mich zulaufen. Ich gab mir alle Mühe, um beunruhigt, aber selbstsicher zu wirken, so als hätte ich keine Ahnung, worum es ging.
Sie zogen mich von meinem Stuhl und legten mir viel zu enge Handschellen an.
Hacken war in Kalifornien jetzt zwar gesetzlich verboten. Aber ich war immer noch minderjährig und würde daher nicht im Gefängnis landen.
Trotzdem bekam ich Panik und hatte furchtbare Angst. Der Seesack in meinem Auto war vollgestopft mit Ausdrucken, die bewiesen, in welche Firmensysteme ich schon eingebrochen war. Wenn sie mein Auto durchsuchen, den Haufen Ausdrucke finden und verstehen würden, was sie bedeuteten, erwartete mich weit Schlimmeres als die Strafen, die für das unerlaubte Benutzen der Uni-Computer verhängt wurden.
Einer der Campuspolizisten lokalisierte mein Auto, nahm mir die Schlüssel ab und fand die Tasche mit heißer Hackerware.
Dann schleppten sie mich zu einer Polizeistation auf dem Campus, was einer Verhaftung gleichkam, und sagten, ich werde wegen »widerrechtlichen Betretens des Universitätsgeländes« in Gewahrsam genommen. Sie riefen meine Mutter an, damit sie mich abholte.
Letztendlich gab es an der UCLA aber niemanden, der aus den Ausdrucken schlau wurde. Die Universität erstattete nie Anzeige. Das Ganze hatte überhaupt keine Folgen, außer dass mein Fall an das lokale Department of Probation weitergeleitet wurde. Die hätten beim Jugendgericht die Anhörung meines Falles beantragen können, taten es aber nicht.
Vielleicht war ich einfach unantastbar und könnte ewig so weitermachen wie bisher. Vielleicht würde ich ab und zu ein paar Schwierigkeiten bekommen, müsste mir aber nie ernsthafte Sorgen machen. Die Sache hatte mir einen Riesenschrecken eingejagt. Aber ich war einmal mehr mit einem blauen Auge davongekommen.
Vier
Entfesslungskünstler
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A m letzten Wochenende im Mai 1981 trafen wir uns mit einigen Phone Phreakers zu einer »Party«. Es war keine richtige Party. Denn sich in einem Fastfood-Laden zum Feiern zu treffen, finden wohl nur Sechsjährige und Geeks toll.
Es kamen etwa zwei Dutzend Leute, und jeder Einzelne sah aus wie das Klischee eines Nerds. Aber ein paar von ihnen hatten richtig viel Ahnung von Technik, also war das Ganze keine komplette Zeitverschwendung.
So kamen wir zwangsläufig auch auf mein Lieblingsthema zu sprechen: COSMOS, das Computer System for Mainframe Operations, das unternehmenskritische System von Pacific Telephone. Es verlieh jedem Phreaker, der es knackte, unglaubliche Macht.
Lewis und ich hatten COSMOS bereits geknackt, es war einer der ersten Computer von Pacific Telephone, in die ich mich eingehackt hatte. Aber außer uns hatten es damals nur wenige geschafft, und von mir würde keiner erfahren, wie es ging. Als wir über COSMOS sprachen, fiel mir auf, dass das Gebäude mit den Computern ganz in der Nähe lag, nur einen Katzensprung entfernt. Bei ein bisschen Dumpster diving könnten wir dort vielleicht etwas Nützliches finden.
Lewis war sofort dabei, wie immer.
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