Das Phantom im Netz
unserem Gemeindezentrum. Eines Abends verlasse ich den Parkplatz auf dem Weg nach Hause. Ich fahre an einem Ford Crown Victoria, in dem drei Männer sitzen, vorbei. Ich überlege mir, dass Polizisten immer diesen Typ Auto fahren, und frage mich, warum sie nicht gleich »Zivilstreife« draufschreiben.
Ich gebe Gas, weil ich sehen will, ob sie wenden und mir folgen.
Sie tun es. Scheiße. Aber vielleicht ist es ja auch nur Zufall.
Ich beschleunige weiter und fahre die Auffahrt zur Interstate 405 Richtung San Fernando Valley hoch. Der Ford holt auf.
Ich beobachte den Wagen im Rückspiegel. Jemand greift aus dem Wagenfenster und setzt ein blinkendes Blaulicht aufs Autodach. Oh Scheiße! Warum ziehen die mich jetzt raus? Ich spiele kurz mit dem Gedanken, einfach Stoff zu geben. Aber um sich auf eine Verfolgungsjagd mit der Polizei einzulassen, muss man echt den Verstand verloren haben.
Ich haue also nicht ab und fahre stattdessen rechts ran.
Der Ford hält direkt hinter mir. Die drei Typen springen raus und rennen auf mein Auto zu.
Sie ziehen ihre Waffen!! »Raus aus dem Auto!«
Einen Augenblick später trage ich wieder einmal viel zu enge Handschellen.
Einer der Typen schreit mir ins Ohr: »Wir werden dir zeigen, was es heißt, sich mit der Telefongesellschaft anzulegen!« Mir kommen vor Angst die Tränen.
Ein weiteres Auto hält hinter uns. Der Fahrer springt raus und rennt auf uns zu. »Durchsucht sein Auto! Er hat eine Logikbombe im Auto!«, ruft er den Polizisten zu.
Jetzt muss ich doch lachen, auch wenn mir eigentlich zum Weinen ist. Eine Logikbombe ist die Bezeichnung für eine bestimmte Art von Programmcode, aber das wissen diese Typen offensichtlich nicht. Sie glauben allen Ernstes, dass ich alle in die Luft jagen will!
Dann nehmen sie mich in die Mangel. »Wo sind die Handbücher?«
Ich antworte nur: »Ich bin minderjährig. Und ich will sofort mit meinem Anwalt sprechen!«
Sie behandeln mich wie einen Terroristen, fahren mich zur Polizeistation im fünfundvierzig Minuten entfernten Pasadena und führen mich dort in eine Arrestzelle. Die Zelle sieht aus wie ein Betonsarg, ohne Gitter, mit einer riesigen schalldichten Stahltür. Ich verlange den Telefonanruf, der mir zusteht. Aber für diese Polizisten haben Minderjährige anscheinend keine Grundrechte.
Endlich taucht ein Bewährungshelfer auf, um mit mir zu reden. Er hätte veranlassen können, dass ich meinen Eltern übergeben werde, aber die Polizisten überzeugen ihn, dass ich so etwas wie der Hannibal Lecter unter den Hackern sei. Ich wurde noch in der Nacht in Handschellen in die Jugendhaftanstalt im Osten von Los Angeles überstellt und am nächsten Morgen dem Haftrichter vorgeführt. Meine Eltern waren da und versuchten, meine Freilassung zu erreichen.
Die Pasadena Star-News druckte einen langen Artikel über mich ab, der von einem noch größeren Artikel in der Sonntagsausgabe der Los Angeles Times übertroffen wurde. Sie hätten meinen vollen Namen natürlich nicht nennen dürfen, schließlich war ich noch minderjährig.
Sie taten es aber trotzdem, und das sollte später noch Folgen für mich haben.
Zu der Geschichte gibt es eine nette Anekdote: Der Typ, der schrie, ich habe eine Logikbombe, heißt Steve Cooley und war damals der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt, der auf meinen Fall angesetzt war. Heute ist er der Bezirksstaatsanwalt von Los Angeles, ein richtig hohes Tier also. Meine Tante, Chickie Leventhal, die seit vielen Jahren ein Kautionsbüro leitet und Angeklagten gegen eine Gebühr Geld für eine Kaution leiht, kennt Cooley. Vor ein paar Jahren stiftete sie mein Buch Die Kunst der Täuschung, das gerade erschienen war, als Preis bei einer Benefizveranstaltung zugunsten einer Kinderhilfsorganisation. Cooley nahm an dieser Veranstaltung teil. Sie erzählte ihm, dass ich ihr Neffe sei, worauf er sie nach einem Exemplar fragte. Außerdem bat er darum, dass ich es für ihn signierte und reinschrieb: »Wir haben es beide weit gebracht.« Das haben wir tatsächlich. Und ich habe ihm diesen Wunsch gerne erfüllt.
Der Jugendrichter wirkte bei meiner Anhörung verwirrt: Ich war als Hacker angeklagt, hatte aber nie fremde Kreditkartennummern benutzt oder proprietäre Software bzw. geheime Informationen verkauft. Ich hatte mich nur aus Spaß in Computer und Telekommunikationssysteme eingehackt. Der Richter verstand offensichtlich nicht, warum ich so etwas tat, aber keinen Profit damit machen wollte. Dass ich das wirklich nur zum
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