Das Phantom im Netz
berraschenderweise war Eric sofort bereit, uns zum Abendessen zu treffen. Wir verabredeten uns für ein paar Tage drauf in einer Hamburger-Hamlet-Filiale nahe West Los Angeles. Lewis und ich waren ganz schön nervös, und deshalb verkündete Lewis, er würde eine Spezialausrüstung mitnehmen, um unsere Panik zu lindern.
Wir trafen uns eine halbe Stunde vorher auf dem Parkplatz. Als ich zu ihm ins Auto stieg, lauschte Lewis gerade aufmerksam einem Funkscanner. Ich musste nicht fragen, wonach er suchte: Der Scanner war auf die Frequenzen von FBI, Secret Service und den U.S. Marshals eingestellt. Er suchte auch andere ab, denn wenn das FBI mit Leuten zu tun hatte, die sich mit Technik auskannten, entschied es sich oft, die Frequenz einer anderen Behörde zu verwenden, beispielsweise von der Gefängnisverwaltung, der Drogenbekämpfung oder gar dem Postal Inspection Service. Lewis hatte also auch diese Frequenzen einprogrammiert.
Der Scanner fing keine weit entfernten Signale auf, sondern nur solche, die stark genug waren, um aus der näheren Umgebung zu kommen. Schon damals waren beinahe alle Strafverfolgungsbehörden so klug, ihre Kommunikation zu verschlüsseln. Wir mussten aber auch gar nicht wissen, was sie redeten, sondern nur, ob sie es in der Nähe taten. Falls sich auf irgendeiner Frequenz etwas regen sollte, würden wir schnellstens verschwinden.
Bis dahin war alles ruhig geblieben, aber Lewis ließ sicherheitshalber ein paar interessante elektronische Geräte in seine Taschen gleiten, bevor wir aus dem Auto stiegen.
Wir hatten uns auf dieses Restaurant wegen seiner günstigen Lage geeinigt. Das Hamburger Hamlet hatte aber außerdem eine veraltete Inneneinrichtung aus Spiegeln, Messing und Fliesen, wodurch die Unterhaltungen in dem überfüllten Restaurant zu einem lauten Dröhnen anschwollen. Das kam uns gerade recht. Schließlich wollten wir sichergehen, dass man uns am Nebentisch nicht hören könnte.
Eric hatte uns gesagt, wir sollten nach einem Kerl mit schulterlangem blondem Haar und einem Laptop Ausschau halten. Wir hatten keine Schwierigkeiten, ihn zwischen den Burger mampfenden Hollywood-Typen auszumachen. Die dünne Gestalt im halb offenen Seidenhemd sah aus wie ein Rockstar – oder vielmehr wie jemand, bei dessen Anblick alle sagen: »Ach, das Gesicht kenn ich doch, mir fällt nur die Band nicht mehr ein.«
Wir begrüßten uns, stellten einander vor, setzten uns und ließen ihn gleich zu Anfang und sehr deutlich wissen, dass wir keinerlei Grund sahen, ihm zu trauen. Lewis und ich hatten beide einen RadioShack Pro-43 tragbaren Scanner dabei und legten die Geräte sichtbar auf den Tisch. Lewis hatte außerdem einen Optoelectronics FR Detector mitgebracht, mit dem man Signale eines Abhörmikros empfangen konnte. Er wedelte damit unverhohlen Erics Körper entlang, aber der Detektor entdeckte nichts.
Die ganze Zeit über schien Eric intensiv damit beschäftigt, den Horizont nach weiblicher Begleitung abzusuchen, wobei er pausenlos von seinen zahllosen Dates erzählte und Details seiner sexuellen Eskapaden ausbreitete. Lewis schien das nichts auszumachen, und er ermunterte Eric sogar noch, die Angebernummer auszubauen, doch ich habe noch nie was von Typen gehalten, die anderen Männern gegenüber den ultimativen Romeo rauskehren müssen. Schon deshalb fragte ich mich, ob die Informationen, die Eric uns zu Telefonfirmen geben könnte – das war schließlich einziges Ziel dieser Mission –, überhaupt glaubwürdig sein würden, selbst wenn wir es schafften, sie ihm zu entlocken.
Irgendwann aber ließ er doch noch eine Bemerkung fallen, die meine Aufmerksamkeit weckte. Er behauptete, er habe einen Generalschlüssel, der ihm Zugang zur Hauptverteilerstation jeder Telefongesellschaft verschaffe und noch aus der Zeit stamme, in der er und Kevin Poulsen Vermittlungsstellen überall in Los Angeles nächtliche Besuche abgestattet hatten.
Ich hörte die meiste Zeit nur zu. Da ich ja eigentlich keinen Kontakt zu anderen Hackern aufnehmen durfte, hatte ich Lewis gebeten, das Reden zu übernehmen. Eric protzte, er sei als Toningenieur auf Tour gewesen, aber er nannte keine der Bands, für die er gearbeitet hatte. Das hieß wohl, dass sie vollkommen unbekannt waren. Dann versuchte er uns mit Dingen zu beeindrucken, die er besaß und von denen er wusste, dass wir sie garantiert nicht hatten. Neben den Generalschlüsseln oder Türcodes zu allen Vermittlungsstellen hatte er angeblich auch einen
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